Al-Schifa-Spital in Gaza-Stadt
Reuters
Gaza-Stadt

WHO meldet Explosion bei Al-Schifa-Spital

Auf dem Gelände des größten Krankenhauses in Gaza-Stadt, dem Al-Schifa-Spital, hat es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Freitag eine Explosion gegeben. Die Hintergründe sind noch unklar, unbestätigten Berichten zufolge seien auch israelische Panzer in der Nähe von Spitälern geortet worden. Israel wirft der radikalislamischen Hamas seit Beginn der Offensive im Gaza-Streifen vor, sich unter anderem in Spitälern zu verstecken und den Al-Schifa-Krankenhauskomplex als ihre Kommandozentrale zu nutzen.

Zuletzt mehrten sich Berichte über Kampfhandlungen in der Nähe mehrerer Spitäler. Israelische Bodentruppen drangen zuletzt weiter in dicht besiedelte Stadtviertel von Gaza-Stadt vor. Auch palästinensische Medien und die Terrororganisation Hamas berichteten am Freitag von Kämpfen in der Nähe mehrerer Krankenhäuser.

Auf dem Al-Schifa-Gelände gab es Hamas-Angaben zufolge 13 Tote und etliche Verletzte. Ein Sprecher der WHO sagte am Freitag, das Spital sei „unter Beschuss geraten“, und fügte hinzu, dass bereits 20 Krankenhäuser im Gazastreifen völlig außer Betrieb seien.

Auf den Hamas-Vorwurf, der Innenhof des Krankenhauses sei von Israel angegriffen worden, angesprochen, sagte WHO-Sprecherin Margaret Harris: „Ich kenne keine Einzelheiten über das al-Schifa, aber wir wissen, dass es bombardiert wird.“ Auf Nachfrage sagte sie, dass es dort „intensive Gewalt“ gebe, und zitierte Kollegen in dem Spital. Die Berichte ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Israels Armee sagte, sie prüfe die Berichte.

Explosion bei größtem Spital in Gaza gemeldet

Auf dem Gelände des Al-Schifa-Spitals in Gaza-Stadt hat sich laut Angaben der WHO eine Explosion ereignet. (Hinweis: In dem Video sind explizite Bilder von Verletzten zu sehen)

Bericht: Tausende geflohen

Ein ranghoher israelischer Sicherheitsbeamter sagte laut AP, dass eine Überprüfung stattfinde und dass erste Ergebnisse darauf hindeuteten, dass ein Angriff auf das Al-Schifa-Spital das Ergebnis eines Fehlschusses von Militanten gewesen sei.

Tausende Menschen, die zuvor im und um das Krankenhaus Zuflucht gesucht hatten, hätten das Gelände angesichts der Explosionen verlassen, berichtete AP mit Verweis auf Augenzeugen. Nur einige hundert, darunter schwer verletzte Patientinnen und Patienten, seien zurückgeblieben. Ärzte des Al-Schifa-Krankenhauses waren aufgrund von Störungen der Telefon- und Internetverbindungen nicht für eine Stellungnahme zu erreichen, so die BBC.

„Herzstück“ von Hamas-Aktivitäten

Das israelische Militär hatte am Donnerstag Angriffe in einem als „Militärviertel“ der Hamas bezeichneten Stadtteil in der Nähe der Al-Schifa-Klinik mitgeteilt. Soldaten lieferten in dem Gebiet Dutzenden Terroristen Kämpfe, hieß es weiter. Tunnelschächte und Fabriken zur Raketenherstellung seien dort zerstört worden.

Nach Angaben der Armee handelt es sich bei dem Gebiet um „das Herzstück der geheimdienstlichen und operativen Aktivitäten der Hamas“. Dort sei auch das Massaker vom 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet geplant worden. Erkenntnissen israelischer Geheimdienste zufolge missbraucht die in dem Küstengebiet herrschende Hamas auch die Al-Schifa-Klinik als Kommando- und Kontrollzentrum. Auch diese Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Spitäler in Gaza laut OCHA-Datenbank und OpenStreetMap-Einträgen, zum Zoomen Touchscreen oder blaue Buttons (rechts) verwenden

WHO: Nur noch Notbetrieb möglich

Berichte von sich nähernden Kampfhandlungen gab es am Freitag auch vom Al-Kuds-Spital. Noch seien keine israelischen Bodentruppen auf dem Gelände, „aber das Krankenhaus ist von allen Seiten von Panzern umgeben, und ich höre ständig Zusammenstöße und Explosionen“, zitierte die BBC einen Krankenhausmitarbeiter. Das indonesische Außenministerium berichtete zudem von Explosionen in der Nähe eines ebenfalls in Gaza-Stadt befindlichen, von Indonesien finanzierten Spitals.

Laut WHO sind im Gazastreifen nur noch 16 Krankenhäuser im Betrieb, und auch diese würden nur noch im Notbetrieb laufen. Vielfach fehle es an Desinfektionsmittel, Anästhetika und an Strom, weswegen eine normale Versorgung von Patientinnen und Patienten vielfach nicht mehr möglich sei. Zudem hätten die noch funktionierenden Krankenhäuser teils doppelt so viele Patienten wie Betten.

Israel: Feuerpause nur gegen Geiseln

Die israelische Regierung beharrt auf ihrer Forderung, dass es einen Waffenstillstand mit der Hamas nur gegen die Freilassung der von der Terrorgruppe festgehaltenen Geiseln geben wird. „Die Kämpfe gehen weiter, und es wird keine Feuerpause ohne die Freilassung unserer Geiseln geben“, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Büros des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Zuvor hatte das Weiße Haus verkündet, Israel habe täglichen vierstündigen „humanitären Pausen“ bei den Kämpfen im nördlichen Gazastreifen zugestimmt. Auf die Frage, ob es sich bei der Stellungnahme des Büros des Ministerpräsidenten um ein Dementi der US-Ankündigung handle, ging ein Sprecher Netanjahus nicht ein.

Das israelische Militär hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass es keine Feuerpause gebe, aber „taktische, lokale Pausen für humanitäre Hilfe für Zivilisten in Gaza“. Netanjahus Büro verwies in diesem Zusammenhang auf einen Fluchtkorridor für Zivilisten im Gazastreifen vom Norden in den Süden, auf dem Israel den Menschen zurzeit täglich für einige Stunden eine sichere Passage zusagt.

Israel: Erneut Zehntausende aus Nordgaza geflohen

Auch am Freitag seien israelischen Angaben zufolge erneut Zehntausende Menschen Richtung Süden geflohen. „Die Zeit für eine Evakuierung läuft davon“, warnte ein Armeesprecher auf Twitter (X) in arabischer Sprache.

Auch im Süden des Gazastreifens kam es bereits wiederholt zu israelischen Luftangriffen. Nach Darstellung der Armee gibt es dort in den für die Zivilbevölkerung ausgewiesenen Gebieten ausschließlich gezielte Attacken auf Führer der Hamas. Die Menschen leben dort unter prekären Umständen. Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Katastrophe.

UNO-Flaggen am Montag auf halbmast

Die Hamas gab die Zahl der im Gaza-Krieg getöteten Menschen am Freitag mit über 11.000 an. Es müsse noch „viel mehr getan werden, um die Zivilbevölkerung zu schützen und ihr humanitäre Hilfe zukommen zu lassen“, sagte zuvor US-Außenminister Antony Blinken: „Viel zu viele Palästinenser wurden getötet. Viel zu viele haben in den vergangenen Wochen gelitten.“

Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) bezeichnete den Gaza-Krieg am Freitag auch als den tödlichsten Konflikt in so kurzer Zeit, den die UNO zuletzt erlebt hat.

UNO-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen werden am Montag weltweit eine Schweigeminute einlegen und die Flaggen auf halbmast setzen, um des Todes von mehr als 100 UNO-Mitarbeitern im Gazastreifen seit dem 7. Oktober zu gedenken. „Sie repräsentieren, was mit den Menschen in Gaza geschieht. Sie arbeiten zufällig für die UNO“, sagte UNRWA-Kommunikationsdirektorin Juliette Touma gegenüber Reuters.