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Neue Leaks

Österreich prominent vertreten

Im Mittelpunkt der neuen geleakten Dokumente von zypriotischen Finanzdienstleistern stehen vor allem undurchsichtige Vermögensverschiebungen russischer Oligarchen – und Österreich spielt dabei gleich einige Male eine Rolle. Wie aus den Recherchen zu „Cyprus Confidential“ ersichtlich ist, sind heimische Immobilien bei reichen Russen äußerst begehrt. Auch einige Namen vermögender Österreicher tauchen in den Dokumenten auf.

In den Files fanden sich rund 40 zypriotische Gesellschaften, die in Wien eine oder mehrere Immobilien besitzen – oft Penthouses in teuren Lagen in der Innenstadt, berichtete das Ö1-Morgenjournal. Der Vorteil für die Nutzer solcher Konstruktionen liegt auf der Hand: Zypriotische Firmen bieten – gerade bei teuren Immobiliendeals – Diskretion.

Der Blick von außen wird auch durch viele Beteiligte verschleiert, so die Geldwäsche- und Compliance-Expertin Elena Scherschneva gegenüber Ö1: Makler, Notare und Banken würden jeweils nur ihren „Puzzlestein“ sehen und nicht miteinander reden oder „nicht reden dürfen“.

Palaisverkauf über Zypern

Auch vermögende Österreicher wählten – zumindest in der Vergangenheit – zypriotische Firmenkonstruktionen, um Immobilien in Österreich zu kaufen. So finden sich in den Daten eines zypriotischen Dienstleisters Hunderte Seiten mit Korrespondenz zum etliche Jahre zurückliegenden Kauf eines Wiener Innenstadtpalais durch Ex-Bankchef Julius Meinl über zypriotische Briefkastenfirmen und der spätere Weiterverkauf der Immobilie an die Meinl Bank. Das „profil“ hatte einst über die Transaktion berichtet, die zwar steuerschonend, aber legal gewesen sei. Meinl war nun für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Später wurde das Palais laut Daten ebenfalls über Zypern an Unternehmer Siegfried Wolf weiterverkauft. Ob dabei Steuergründe eine Rolle spielten, wollte ein Sprecher von Wolf gegenüber Ö1 nicht kommentieren. Über weitere Immobiliendeals in Österreich wird der ORF noch berichten.

28.000 Treffer für „Austria“

Insgesamt 28.000 Treffer mit dem Schlagwort „Austria“ ergibt eine Suche in den geleakten Dokumenten. Gleich 5.000-mal kommt die Raiffeisen Bank International (RBI) vor – häufig im Zusammenspiel mit zypriotischen Finanzdienstleistern, die Treuhandkonstruktionen und quasi Briefkastenfirmen anbieten. Die Bank bestreitet, Kunden jemals auch nur die Dienste dieser zypriotischen Finanzdienstleister empfohlen zu haben. Man halte sich an alle Sanktionen und Anti-Geldwäsche-Maßnahmen, heißt es weiter.

Zwei weitere Grasser-Firmen aufgetaucht

Der prominenteste Name ist wohl Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. In dem Leak gibt es laut Morgenjournal Hinweise, dass er fünf Firmen, vermutlich Briefkastenfirmen auf Zypern, hatte. Grassers Einkünfte als Manager der Meinl International Power sollen seinerzeit über drei dieser Firmen gelaufen sein. Grasser betonte, ein Finanzstrafverfahren in dem Zusammenhang sei eingestellt worden.

Zu den zwei bisher unbekannten Firmen erklärte Grasser-Anwalt Norbert Wess gegenüber dem Recherchenetzwerk, eine der Firmen sei „einmal – kurz – ein Thema“ gewesen, aber „nicht verwendet und nie operativ tätig“ geworden. Die andere sei „gänzlich unbekannt“.

Alle anderen Gesellschaften auf Zypern seien Teil einer von Grassers damaligem Steuerberater aufgesetzten „Stiftungskonstruktion“ gewesen und der Finanz gegenüber offengelegt worden. Sie seien auch Teil des Finanzstrafverfahrens gegen Grasser gewesen, das mit einem Freispruch geendet hat.

Großes Recherchenetzwerk

Die Daten aus den Leaks wurden unter Federführung des ICIJ und des Investigativ-Start-up Paper Trail Media von mehr als 270 Journalistinnen und Journalisten aus 55 Ländern ausgewertet. Für Österreich sind der ORF und „Der Standard“ beteiligt.

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Steuerzuckerln für Ausländer

Auch Dmitro Firtasch, der in Wien lebende ukrainische Oligarch, hatte und hat zahlreiche Firmen auf Zypern. Er begründete das gegenüber dem Rechercheteam mit der unsicheren rechtlichen Situation in der postsowjetischen Ukraine. Deshalb hätten viele Firmen ihre Holdingstruktur in den EU-Staat Zypern verlagert, um Rechtssicherheit zu haben.

Ein vielleicht wichtiger Grund ist aber die günstige Steuerpolitik Zyperns: Die Körperschaftssteuer, also die Steuer auf den Gewinn von GmbHs und Aktiengesellschaften, beträgt in Zypern nur 12,5 Prozent, sie ist also halb so hoch wie in Österreich.

Und vor allem: Nicht auf Zypern geborene Unternehmer könnten 17 Jahre lang ihre gesamten Dividenden und Zinsen steuerfrei behalten, so Steuerrechtsexperte Bernhard Vanas gegenüber Ö1. Rechtswidrig oder illegal ist das dann nicht, wenn nicht gegen andere Gesetze, etwa gegen Geldwäsche, verstoßen wird. Doch auch da agierte Zypern, zumindest bisher, eher zurückhaltend bei der Aufklärung und Strafverfolgung.