Der Ben Gurion International Airport in Tel Aviv
IMAGO/NurPhoto/Jakub Porzycki
Geiseldeal

„Einsatzteam“ aus Katar in Israel

Im Rahmen der viertägigen Feuerpause im Gaza-Krieg sollen am Samstag weitere von der islamistischen Terrororganisation Hamas festgehaltene Geiseln freikommen. Israelischen Angaben zufolge sollen im Gegenzug zu 39 palästinensischen Gefangenen am Samstag 13 israelische Geiseln freigelassen werden. Israelischen Medienberichten zufolge werde noch darüber verhandelt, ob 13 oder 14 Israelis freigelassen werden – an den Verhandlungen beteiligt ist offenbar auch eine am Samstag in Israel eingetroffene Delegation aus Katar.

Die am Samstag im Flughafen von Tel Aviv eingetroffene Delegation sei Teil des katarischen „Einsatzteams“ zum laufenden Krieg in Gaza, wie ein mit der Sache vertrauter Diplomat laut Agenturberichten bestätigte. Ihre Aufgabe sei es, weitere Schritte bei der Umsetzung des Abkommens mit den Konfliktparteien abzusprechen – wie auch mit Vermittlern in Doha. Das Team solle sicherstellen, dass „der Deal weiterhin reibungslos verläuft, und weitere Details des laufenden Abkommens besprechen“.

Katar ist zusammen mit Ägypten ein zentraler Vermittler zwischen Israel und der Hamas. Katar hat sehr gute Kontakte zu der islamistischen Terrororganisation und unterhält selbst keine diplomatischen Beziehungen zu Israel. Die beiden Länder hatten Ende der 1990er Jahre wohl Handelsbeziehungen aufgenommen. Im Zuge des Gaza-Krieges 2008/09 brach das Golf-Emirat jedoch alle Beziehungen zu Israel ab, schloss das israelische Handelsbüro in Katar und wies alle israelischen Vertreter aus.

Katar hat eine Normalisierung seiner Beziehungen mit Israel unter anderem an die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates geknüpft. „Jegliche Normalisierung muss Teil davon sein, eine Lösung für die Palästinenserfrage zu finden“, sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari, am Freitag der dpa. „Davon sind wir jetzt weit entfernt.“ Wohl allein aus diesem Grund war in israelischen Medien von einem äußerst seltenen Besuch die Rede.

Weitere Geiseln sollen freikommen

Die Feuerpause zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas wird fortgesetzt. Israel hat eine neue Liste mit Namen der Geiseln erhalten, die freigelassen werden sollen.

Freilassung von zweiter Gruppe verzögert sich

Im Rahmen der vereinbarten und seit Freitag angelaufenen viertägigen Feuerpause sollen am Samstag weitere von der Hamas festgehaltene Geiseln freikommen. Doch ihre Freilassung, die gegen 15.00 Uhr MEZ erwartet worden war, verzögerte sich. Israelische Medien berichteten von einer „technischen“ Verzögerung. Auch soll es in letzter Minute Verhandlungen darüber gegeben haben, ob 13 oder 14 Geiseln freigelassen werden sollen.

Die Hamas begründete das damit, dass Israel gegen einen Teil des Abkommens verstoßen habe. Sie warf Israel vor, nicht wie vereinbart Hilfslieferungen auch in den nördlichen Teil des Gazastreifen ermöglicht zu haben. Ob das tatsächlich Teil des von Katar vermittelten Abkommens war, blieb unklar. In Israel war zunächst immer die Rede davon, Hilfslieferungen im Süden zu ermöglichen.

Zudem gab der bewaffnete Arm der Hamas, die Essedin-al-Kassam-Brigaden an, Israel solle sich bei der Freilassung von palästinensischen Häftlingen nicht „an die vereinbarten Standards“ halten. Israel hatte die Übergabe von 39 Gefangenen fixiert – auch von 42 war zuvor die Rede. Es blieb unklar, wann der geplante Übergabeprozess starten soll.

Dutzende Hilfslieferungen erreichen Gaza

Unterdessen wurden immer mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen gebracht. Samstagfrüh passierten vier Lkws mit Treibstoff von Ägypten aus den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen. Auf weiteren vier Lkws waren Gasflaschen, die zum Kochen benötigt werden, geladen. Laut dem israelischen Verteidigungsministerium wurden 50 Lkws mit Nahrungsmitteln, Wasser und Medizinbedarf sowie Ausrüstung für Unterkünfte in den Norden des Gazastreifens geschickt.

Bereits am Freitag waren nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmondes 196 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gefahren. Hilfsorganisationen nutzten die Feuerpause auch, um Verletzte und medizinisches Personal in Sicherheit zu bringen.

24 Geiseln am Freitag nach Israel gebracht

Mit der Feuerpause zwischen Israel und der Hamas war am Freitag auch eine erste Gruppe von Geiseln freigekommen. Insgesamt 24 Menschen wurden nach Israel gebracht. Im Gegenzug wurden 39 palästinensische Häftlinge freigelassen. In der am Freitag angelaufenen zunächst für vier Tage vereinbarten Feuerpause sollen insgesamt 50 Geiseln aus der Gewalt der Hamas freikommen. Zunächst sollten Mütter, Kinder und Jugendliche sowie ältere Frauen freigelassen werden, hieß es.

Eine Verlängerung der Feuerpause auf bis zu zehn Tage sei möglich, wie das in dem Konflikt vermittelnde Golf-Emirat Katar mitteilte. Vonseiten der ägyptischen Unterhändler sei zudem von „positiven Signalen“ die Rede, wonach die Feuerpause zumindest um zwei Tage verlängert werden könnte, wie Reuters am Samstagnachmittag berichtete.

Armee: Freigelassene in „gutem Zustand“

Sollte die Feuerpause verlängert werden – auf maximal zehn Tage –, müsste die Hamas täglich weitere zehn Geiseln freilassen. Pro freigelassener Geisel soll Israel etwa drei palästinensische Häftlinge freilassen. Israel veröffentlichte eine Liste von maximal 300 Personen, die freikommen könnten. Als Teil des Abkommens zur Feuerpause wurde auch eine deutliche Ausweitung der humanitären Hilfe für den Gazastreifen vereinbart. Täglich könnten rund 200 Lkws über Rafah in das Palästinensergebiet gelangen.

Erste Geiseln wieder in Israel

Eine erste Gruppe von 24 Geiseln ist aus der Gewalt der Terrororganisation Hamas freigekommen.

Namen und Bilder der am Freitag freigelassenen 13 israelischen Geiseln wurden am Freitagabend veröffentlicht. Zu ihnen zählten eine 34-jährige Mutter und ihre zwei Töchter im Alter von zwei und vier Jahren, eine 85-Jährige sowie Mitglieder von drei Generationen einer Familie: eine Großmutter sowie deren Tochter und Enkelsohn. Männer waren nicht unter den freigelassenen Geiseln.

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Medizinisches Personal bei einem Checkpoint an dem freigelassene Geiseln ankommen sollen
APA/AFP/Jack Guez
Medizinisches Personal an einem Checkpoint wartet auf die von der Hamas freigelassenen Geiseln
Militärfahrzeige nahe einem Israelischen Gefängnis, aus dem palästinensische Geiseln entlassen werden sollen
Reuters/Ammar Awad
Im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas lässt Israel palästinensische Gefangene frei
Ein Konvoi mit Lkws mit Hilfsgütern
APA/AFP/Mahmud Hams
Als Teil des Abkommens zur Feuerpause ist auch eine deutliche Ausweitung der humanitären Hilfe vereinbart
Die freigelassenen Geiseln werden von medizinischem Personal betreut
Reuters/Reuters Tv
Die Geiseln wurden von Traumaexperten und Medizinern erwartet, außerdem von Soldaten, die für ihre Sicherheit sorgen sollen
Ein Wagen des Roten Kreuz transportiert freigelassene Geiseln
Reuters/Ibraheem Abu Mustafa
Es ist bereits dunkel, als mehrere Geländewagen des Roten Kreuzes mit Freigelassenen den Grenzübergang Rafah passieren
Freigelassene Geiseln in einem Fahrzeug
Reuters/Reuters Tv
Für einige Geiseln in der Gewalt der Terrororganisation Hamas endet die Gefangenschaft nach 49 Tagen
Medienvertreter warten auf das Freilassen der Geiseln
Reuters/Ibraheem Abu Mustafa
Journalistinnen und Journalisten und Schaulustige am Grenzübergang Rafah
Lärmabweisende Kopfhörer in einem Militärhubschrauer für die bevorstehende Geiselübergabe
Reuters/Israel Defense Forces
Die Armee hat alles vorbereitet: Helikopter mit speziellen Lärmschutzkopfhörern für die Geiseln
Stofftiere und bunte Polster für die bevorstehende Geiselübergabe
Reuters/Israel Defense Forces
Teddys und Polster: Turnsaal der Militärbasis Chazerim, in der die Kinder und Frauen erstversorgt werden
Außenansicht des israelischen Militärgefängnisses Ofer bei Ramallah
Reuters/Ammar Awad
Das Gefängnis Ofer, von dem aus die palästinensischen Häftlinge, die wegen Beteiligung an Attentaten verurteilt wurden, entlassen werden
Das israelische Militärgefängnis Ofer nahe Ramallah
APA/AFP/Ahmad Gharabli
Ein Bus des Roten Kreuzes, mit dem die palästinensischen Häftlinge transportiert werden, parkt vor dem israelischen Gefängnis
Israelischer Militärhubschrauber
Reuters/Alexander Ermochenko
Israelischer Helikopter kontrolliert die Grenze zum Gazastreifen
Israelisches Militär vor dem Gefängnis Ofer nahe Ramallah
APA/AFP/Jaafar Ashtiyeh
Israelische Militärfahrzeuge vor dem Gefängnis Ofer
Konvoi von Rettungsfahrzeugen auf dem Weg nach Gaza City
Reuters/Ibraheem Abu Mustafa
Ein Konvoi des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz während der Feuerpause
Zwei israelische Soldaten blicken auf einen Militärkonvoi, der Gaza verlassen hat
Reuters/Amir Cohen
Israelische Soldaten schauen auf einen Militärkonvoi, der Gaza verlassen hat

Unter den Freigekommenen sind laut katarischem Außenministerium auch mehrere Doppelstaatsbürger – darunter vier Deutsche, so die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die sich „erleichtert“ und „dankbar“ zeigte. Außerdem wurden zehn thailändische Geiseln und eine philippinische Geisel von der Hamas entlassen. Ihre Identitäten wurden nicht bekanntgegeben. Sie waren zum Teil als Gastarbeiter tätig.

Biden: „Das ist erst der Anfang“

US-Präsident Joe Biden zeigte sich über die Freilassung der ersten im Rahmen des Geiseldeals freigelassenen Menschen erleichtert und sagte, dass das „erst der Anfang“ sei. „Die heutige Freilassung ist der Beginn eines Prozesses“, so der US-Präsident bei einer Ansprache in Nantucket im US-Bundesstaat Massachusetts.

In seiner Rolle als „neutraler Vermittler“ werde das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) „über mehrere Tage hinweg in Gaza festgehaltene Geiseln an die israelischen Behörden und letztendlich an ihre Familien übergeben und palästinensische Häftlinge an die Behörden im Westjordanland überstellen“, hieß es in einer IKRK-Erklärung.