Kinder mit Fahnen von Israel vor einem Plakat mit Geiseln
AP/Vadim Ghirda
Israel

Hoffnung auf Freilassung weiterer Geiseln

Nach der Verlängerung der Feuerpause im Gaza-Krieg um zwei Tage besteht Hoffnung auf die Freilassung weiterer Geiseln. Am Montagabend einigten sich Israel und die islamistische Hamas auf eine Verlängerung der zunächst auf vier Tage angelegten Feuerpause bis Donnerstagfrüh. Am Montagabend ließ die Hamas weitere elf Geiseln frei, Israel setzte im Gegenzug 33 palästinensische Häftlinge aus verschiedenen Gefängnissen auf freien Fuß.

Seit Freitag kamen damit 69 Geiseln frei. In der Nacht auf Dienstag ging bei der israelischen Regierung eine weitere Liste mit für die Freilassung vorgesehenen Menschen ein. Die in der Liste der Hamas aufgeführten Menschen dürften schon am Dienstag freikommen, berichtete die Times of Israel unter Berufung auf das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu. Es wäre die erste Gruppe, die nach der Verlängerung der Feuerpause aus der Gewalt der Terroristen entlassen wird.

Israelische Medien hatten zuvor unter Berufung auf das Rote Kreuz berichtet, dass elf am Montag freigelassene israelische Geiseln – zwei Mütter und neun Kinder – auf dem Weg nach Israel seien. Die jüngsten Kinder sind dreijährige Zwillinge. Die Entführten würden zunächst medizinisch untersucht, bevor sie zu ihren Familien gebracht werden, teilte die israelische Armee mit.

Laut Katar waren drei französische, zwei deutsche und sechs argentinische Doppelstaatsbürger unter den Freigelassenen. Im Gegenzug wurden 33 weibliche und jugendliche palästinensische Häftlinge – der jüngste 14 Jahre alt – entlassen, wie die israelische Gefängnisbehörde in der Nacht auf Dienstag bestätigte.

Weitere Verlängerung der Feuerpause?

Die Chefs des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad und des US-Pendants CIA beraten mit der Regierung von Katar inzwischen über die Feuerpause zwischen Israel und der Hamas. Das Treffen finde in Doha statt, der Hauptstadt Katars, sagte ein Insider. Ziel sei es, „auf den Fortschritten“ der Verlängerung der Feuerpause um 48 Stunden aufzubauen und die nächste Phase einer möglichen weiteren Vereinbarung zu besprechen. Auch Vertreter Ägyptens, das wie Katar ein wichtiger Vermittler zwischen Israel und der Hamas ist, seien in Doha dabei.

Bereits am Montag hatte Katar eine Verlängerung der seit Freitag geltenden Feuerpause um zwei Tage mitgeteilt. Die Hamas bestätigte Reuters zufolge, sich mit Katar und Ägypten auf eine zweitägige Verlängerung geeinigt zu haben. Eine Bestätigung dazu gab es auch aus den USA.

EU-Kommissar hofft auf längere Feuerpause

Israel gab sich zurückhaltend. Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari sagte laut Times of Israel: „Nichts ist endgültig, bis es tatsächlich passiert.“ Die verlängerte Feuerpause im Gaza-Krieg wird UNO-Generalsekretär Antonio Guterres zufolge nicht ausreichen, um die benötigte Hilfe in den Gazastreifen zu bringen. Es sei „dramatisch“, was die Bevölkerung dort benötige.

Ein Rotes-Kreuz-Auto
APA/AFP/Israel Defense Forces
Am Montag wurden den vierten Tag in Folge Geiseln der Hamas freigelassen

Auch der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic hofft auf eine längere Feuerpause im Gaza-Krieg. Die Treibstoffversorgung in Gaza sei noch immer nicht ausreichend, mindestens die doppelte Menge wäre erforderlich, sagte Lenarcic am Dienstag im Gespräch mit Journalisten in Brüssel. Sollte sich keine unmittelbare Verlängerung der Feuerpause ergeben, müsse es laut UNO-Resolution zu einem späteren Zeitpunkt humanitäre Pausen geben.

USA: Feuerpause für Hamas Teil des „Kalküls“

Was sich bisher abzeichnet, ist, dass am Dienstag und Mittwoch insgesamt 20 Geiseln der Hamas freikommen dürften: „Wir haben die Bestätigung, dass 20 Geiseln in Gaza innerhalb von zwei Tagen freigelassen werden können“, sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari, am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Zahlen zu verbliebenen Geiseln im Gazastreifen könne Katar nicht endgültig bestätigen. Es gebe dazu viele Schätzungen.

Die US-Regierung, die ebenfalls von der Freilassung 20 weiterer Geiseln spricht, hofft auf eine Ausweitung der Waffenruhe. „Wir wollen, dass alle Geiseln freigelassen werden, und das ist der beste Weg, sie freizubekommen“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Montag. „Wir sind dankbar, dass wir zwei Tage mehr zur Verfügung haben (…). Wir würden es natürlich gerne sehen, wenn auch diese Pause weiter verlängert wird, bis alle Geiseln freigelassen sind.“

Ägyptische Sicherheitskreise hatten schon zuvor über eine mögliche Verlängerung der Waffenruhe berichtet. Der Leiter von Ägyptens staatlichem Informationsdienst, Diaa Raschwan, erklärte, eine Übereinkunft über die Freilassung von 20 israelischen Geiseln stehe bevor. Im Gegenzug würden 60 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freigelassen. Die Hamas hatte eine Verlängerung um weitere vier Tage angestrebt. Israel hat dagegen erklärt, die Waffenruhe täglich verlängern zu wollen, wenn dafür im Gegenzug zehn Geiseln am Tag freigelassen würden.

Auch männliche Geiseln könnten freigelassen werden

Für eine weitere Verlängerung der Waffenruhe erwägt die Hamas nach eigenen Angaben nun auch die Freilassung männlicher Geiseln. Seine Organisation strebe eine neue Vereinbarung für eine Ausweitung der Feuerpause an, bei der sie nicht nur Frauen und Kinder im Austausch mit palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen freilasse, sagte Hamas-Vertreter Chalil al-Haja am Montagabend dem arabischen TV-Sender al-Jazeera.

Gazastreifen: Waffenruhe wird verlängert

Die Waffenruhe im Gaza-Krieg wird um zwei weitere Tage verlängert. Es besteht große Hoffnung auf die Freilassung weiterer Geiseln.

USA: Nicht alle Geiseln in Händen der Hamas

US-Präsident Joe Biden sagte, die Waffenruhe müsse so lange andauern, bis alle Geiseln freigelassen seien. Auch die Europäische Union äußerte sich entsprechend. Die US-Regierung geht unterdessen davon aus, dass nicht alle der noch rund 180 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln von der islamistischen Hamas festgehalten werden.

„Wir glauben, dass nicht alle Geiseln in den Händen der Hamas sind“, sagte Kirby Montagfrüh (Ortszeit) im US-Fernsehen. Kirby nannte keine Zahl. Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf nicht namentlich genannte diplomatische Quellen von schätzungsweise 40 Geiseln. Diese könnten demnach in den Händen der Terrororganisation Islamischer Dschihad oder von Einzelpersonen sein.

Humanitäre Lage im Gazastreifen verheerend

Eine Verlängerung der Feuerpause bedeutet auch für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen eine Erleichterung. So brachten humanitäre Organisationen bereits tonnenweise Hilfsgüter in den Norden des Gebiets. Darunter waren unter anderem Fertiggerichte, Trinkwasser, Zelte und Decken sowie Medikamente, wie das UNO-Nothilfebüro (OCHA) am Dienstag berichtete.

Wegen der Angriffe Israels und Kämpfen mit terroristischen Palästinenserorganisationen wie der Hamas hatten sie dort seit Wochen keinen Zugang. Trotz der israelischen Aufrufe, den Norden des Gazastreifens zu räumen, halten sich dort nach Schätzungen noch Hunderttausende Menschen auf.

Geliefert worden sei auch Treibstoff zur Stromproduktion und Material für Entsalzungsanlagen, Wasserpumpwerke und eine Kläranlage. Sie waren wegen Strommangels in den vergangenen Wochen abgestellt worden. Das teils schwer beschädigte Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt habe mit neuem Treibstoff seine Dialysestation für nierenkranke Patienten wieder geöffnet. Für die Menschen im Süden werde Trinkwasser unter anderem über zwei Rohre aus Israel geliefert.