Zwei Arbeiter und eine Arbeiterin auf einer Baustelle
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„Kein Grund zu Alarmismus“

Österreich rutscht in Rezession

Die österreichische Wirtschaftsleistung ist im dritten Quartal zum zweiten Mal in Folge gesunken – per Definition befindet sich Österreich damit in einer Rezession. Die Wirtschaftsleistung verringerte sich im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorquartal sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) saison- und kalenderbereinigt um 0,5 Prozent, sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Freitag. Allerdings seien die aktuellen Zahlen kein Grund zu Alarmismus, wie Thomas anmerkte.

Die Prognosen gingen von einem leichten Aufschwung in den kommenden Monaten aus. Zwar seien die Industrieumsätze im Oktober bereits seit acht Monaten rückläufig, allerdings fiel das Minus zuletzt geringer aus als zuvor. Für die schwächere Wirtschaftsleistung sorgten vor allem die Industrie mit einem Minus von 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum und der Verkehr mit minus neun Prozent.

Der Handel schwächelte mit minus 7,6 Prozent, wobei das Minus hier vor allem mit dem schwächeren Großhandel zu begründen sei, wie Thomas erklärte. Denn der Einzelhandel sei bedacht, die Lager zu räumen – für den Großhandel ein Nachteil. Mit einem Plus von 5,6 Prozent trug der Bereich öffentliche Verwaltung, Bildung und Gesundheit zur Wirtschaftslage bei.

Zuwachs im Tourismus

Ebenfalls positiv entwickelte sich der Tourismus, der in der Sommersaison ein Rekordniveau erreichte: „Mit mehr als 80 Millionen Übernachtungen zwischen Mai und Oktober waren österreichische Beherbergungsbetriebe heuer so gut gebucht wie in keinem anderen Sommer“, sagte Thomas.

Die Zahl der Nächtigungen stieg gegenüber der Sommersaison 2019 sowohl bei den Gästen aus dem Inland als auch aus dem Ausland um 2,4 Prozent. Während arabische Gäste Österreich als Urlaubsland entdeckten, brachen die Touristen aus Russland weg. Regional verzeichneten vor allem Vorarlberg und die Steiermark Zuwächse. Der Städtetourismus in den Landeshauptstädten und in Wien erholte sich ebenfalls von der CoV-bedingten Krise, wie Peter Laimer, stellvertretender Direktor der Direktion Raumwirtschaft/Tourismus der Statistik Austria, ausführte.

Vorkrisenniveau teils noch nicht erreicht

Allerdings verhinderten auch die positiven Effekte nicht, dass mehr und mehr Branchen unter dem Vorkrisenniveau – also unter dem Niveau des dritten Quartals 2019 – liegen. Gastronomie und Beherbergung kamen im dritten Quartal 2023 auf lediglich 86,4 Prozent, der Handel auf 90,4 Prozent und der Bereich Verkehr auf 91,6 Prozent. Auch Bauwirtschaft, sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen sowie Land- und Forstwirtschaft lagen in den Monaten Juli bis September unter den Vergleichswerten von 2019.

Trotz des jüngsten Rückganges schnitt der Bereich „Herstellung von Waren, Bergbau und Energiewesen“ leicht besser ab. Grundstücks- und Wohnungswesen sowie die öffentliche Verwaltung, Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen konnten ebenfalls gegenüber dem Vor-CoV-Niveau zulegen.

Ein Plus von 5,5 bis knapp neun Prozent erzielten die Bereiche sonstige Dienstleistungen (etwa Friseure, Kultur, Glücksspiel), Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sowie Information und Kommunikation. Die aktuelle Wirtschaftslage spiegelt sich auch in den Insolvenzen und Neugründungen im dritten Quartal wider: Die Insolvenzen lagen leicht über dem CoV-Vorkrisenniveau, während die Unternehmensgründungen rückläufig waren.

OECD-Ausblick rechnet mit geringem Wachstum

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet im kommenden Jahr mit einem etwas schwächeren Wachstum der Weltwirtschaft. Nach einem Plus von 2,9 Prozent heuer sei 2024 ein Zuwachs von 2,7 Prozent zu erwarten, teilte die OECD am Mittwoch in Paris mit. Für Österreich rechnet sie heuer mit einem Schrumpfen der Wirtschaft um 0,4 Prozent.

In den beiden Jahren darauf dürfte es nur langsam bergauf gehen. Für 2024 sieht die OECD für Österreich ein Wachstum von 0,6 Prozent, für 2025 eines von 1,5 Prozent. In der Interpretation der Wirtschaftskammer (WKO) zeigt die Prognose für Österreich „deutlich auf, dass die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs auf dem Prüfstand steht“, so Claudia Huber, Leiterin der WKO-Abteilung Wirtschaftspolitik. „Daher gilt es jetzt, sowohl die konjunkturelle Schwäche abzufedern als auch strukturelle Herausforderungen anzugehen.“

Auch Deutschland betroffen

Mit dem erwarteten Miniwachstum im kommenden Jahr werde Österreich im OECD-Vergleich recht weit hinten liegen. „Deswegen brauchen wir eine kluge Kombination von wachstums- und investitionsfördernden Maßnahmen mit strukturellen Reformen, die den Standort zukunftsfähig aufstellen“, forderte Huber. Beim wichtigsten österreichischen Handelspartner Deutschland wird die Wirtschaft nach einem leichten Minus heuer laut der OECD-Prognose 2024 auch nur um 0,6 Prozent und 2025 um 1,2 Prozent wachsen.