Ein israelischer Soldat im Gazastreifen
Reuters/Israel Defense Forces
Kämpfe intensiviert

Israel stößt im Süden von Gaza weiter vor

Israels Armee stößt im Süden des Gazastreifens weiter vor und hat Ziele im Raum Chan Junis unter Beschuss genommen. Angeblich ist auch die Flutung des Tunnelsystems der Hamas eine Option, bisher scheute Israel aber davor zurück. Einem Armeesprecher zufolge soll es außerdem Geheimdienstinformationen zum Verbleib der Geiseln geben, die sich noch in der Gewalt der Terrororganisation Hamas befinden. Auf israelischer Seite gab es Dienstagfrüh erneut Raketenalarm.

Wie die israelische Armee meldete, heulten an der Grenze zum Gazastreifen erneut die Sirenen. Die Times of Israel zitierte palästinensische Berichte, wonach es intensive Angriffe im Raum Chan Junis gebe. Zuvor seien israelischer Panzer im Süden gesichtet worden.

Hilfsorganisationen sprechen von „Horror“ und „unerträglichem Leid der Zivilbevölkerung“. Zwei Krankenhäuser im Süden können nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen den Zustrom von Patienten kaum noch bewältigen. Israel wirft der Hamas vor, Angriffe aus Wohngebieten und Krankenhäusern heraus zu verüben und Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Gazastreifen: Kämpfe im Süden

Israel hat seine Angriffe auf den Süden des Gazastreifens ausgeweitet. Außerdem sollen weitere Details zum Verbleib der Geiseln bekanntgeworden sein. Über eine Freilassung will die Hamas aber erst nach einem Ende der Kämpfe verhandeln.

Evakuierungskarte aktiviert

Die israelische Armee aktivierte unterdessen eine Evakuierungskarte, die den Gazastreifen in Hunderte kleiner Zonen unterteilt, um Zivilistinnen und Zivilisten über Kampfzonen zu informieren. Kritiker beklagten jedoch, dass die Menschen vielfach weder Strom noch Internet hätten, um sich die Karte anzusehen. Viele wüssten auch nicht, wie sie mit ihr umgehen sollten.

Israelische Panzer auf dem Weg nach Süd-Gaza
Reuters/Amir Cohen
Israelische Panzer auf dem Weg nach Südgaza

UNO: Zahl getöteter Zivilisten „nimmt rapide zu“

„Die Zahl der getöteten Zivilisten nimmt rapide zu“, schrieb der Generalkommissar des UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA), Philippe Lazzarini, in einer Mitteilung. Mit der Ausweitung der Militäroperation im Süden „wiederholen sich die Schrecken der vergangenen Wochen“. Ein weiterer Evakuierungsbefehl von Chan Junis dränge die Menschen auf weniger als ein Drittel des Gazastreifens zusammen.

Bei Israels Angriffen sind im gesamten Küstengebiet laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde inzwischen fast 15.900 Menschen getötet worden. Die Opferzahl lässt sich nicht unabhängig überprüfen, die UNO und andere Beobachter halten sie aber für glaubwürdig. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres pochte einmal mehr auf „einen dauerhaften humanitären Waffenstillstand“.

Sprecher: Hinweise auf Verbleib übriger Geiseln

Ein israelischer Armeesprecher sagte unterdessen, man habe nachrichtendienstliche Hinweise zum Verbleib der noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Nähere Angaben könne er nicht machen, sagte der Sprecher Jonathan Conricus. Israel geht davon aus, dass noch 137 Geiseln festgehalten werden. Unter ihnen sind laut Verteidigungsminister Joav Galant 15 Frauen und zwei Kinder. Man wolle alle Geiseln zurückholen, sagte Conricus. Falls das nicht durch Verhandlungen möglich sei, werde man andere Mittel anwenden.

Palestinenser auf der Flucht nach Rafah
APA/AFP/Mahmud Hams
Hunderttausende flohen aus dem Norden Gazas in den Süden

Hamas-Tunnel könnten geflutet werden

Die größte Herausforderung für Israels Armee im Kampf gegen die Hamas ist deren weitverzweigtes Tunnelnetz unter dem Gazastreifen. Einem Medienbericht zufolge wurde ein System aus großen Pumpen zusammengebaut, mit denen die Tunnel mit Meerwasser geflutet werden könnten. Wie das „Wall Street Journal“ am Montag (Ortszeit) unter Berufung auf US-Beamte berichtete, sei nicht bekannt, ob Israels Regierung diese Taktik anwenden will.

Israelische Soldaten in Gaza
Reuters/Israel Defense Forces
Israels Armee dringt im Gazastreifen weiter vor

Damit wäre Israel in der Lage, die Tunnel zu zerstören und die Terroristen aus ihrem unterirdischen Versteck zu vertreiben. Andererseits würde das die Wasserversorgung des Gazastreifens bedrohen, hieß es. Außerdem sollen sich nach Angaben der Hamas in den Tunneln noch entführte Geiseln befinden. Israels Armee hat bisher nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges mehr als 800 Tunnelschächte gefunden. Rund 500 davon seien bereits zerstört worden, hieß es. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Hisbollah-Stellungen im Libanon angegriffen

Israels Militär griff in Reaktion auf Beschuss aus dem Libanon in der Nacht auf Dienstag Stellungen der dortigen Hisbollah-Miliz an. Wie die israelische Armee mitteilte, hätten Kampfflugzeuge Raketenstellungen der vom Iran unterstützten Schiitenmiliz getroffen. Auch „Terrorinfrastruktur und ein Militärgelände“ seien unter Feuer genommen worden. Man habe auf Beschüsse aus dem Libanon auf Ziele in Israel vom Vortag reagiert.