Israelische Soldaten in Stellung
APA/AFP/Menahem Kahana
Israel

Hamas-Hochburgen in Nordgaza „umzingelt“

Die letzten beiden Hochburgen der islamistischen Hamas im nördlichen Teil des Gazastreifens sind nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant von israelischen Einheiten umzingelt. Die Hamas-Kommandozentralen in der Stadt Dschabalja und in Schudschaija in Gaza-Stadt seien eingekreist und stünden kurz vor dem Zusammenbruch, sagte Galant am Montagabend. Die UNO berichtete weiter von Kämpfen bei Spitälern.

„Die Bataillone, die als unbesiegbar galten und sich jahrelang auf den Kampf gegen uns vorbereitet haben, stehen kurz vor der Zerschlagung“, fügte er hinzu. Hunderte von Hamas-Kämpfern hätten sich in den vergangenen Tagen den israelischen Truppen ergeben, was „zeigt, was mit der Terrorgruppe geschieht“, sagte Galant. Augenzeugen berichteten Medienberichten zufolge von schweren Kämpfen und Dutzenden Opfern in der Umgebung des Flüchtlingslagers Dschabalja.

Das israelische Militär und der Inlandsgeheimdienst Schin Bet sagten, dass der Kampfgeist der islamistischen Organisation breche. „Ich glaube, dass sie sich ergeben und mit erhobenen Händen herauskommen, zeigt, dass ihr Kampfgeist gebrochen ist. Das beschleunigt unsere Erfolge, schließlich wollen wir schnell vorankommen“, sagte Generalstabschef Herzi Halevi am Montag. Die Angaben lassen sich von unabhängiger Seite nicht prüfen.

Halevi traf den Leiter von Schin Bet, Ronen Bar, in der südlichen Stadt Chan Junis. Die israelischen Streitkräfte liefern der Hamas in der zweitgrößten Stadt des Gazastreifens einen erbitterten Häuserkampf. Sie vermuten in Chan Junis die Führungsriege der islamistischen Organisation und die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln.

Israel: 500 islamistische Kämpfer festgenommen

Das israelische Militär nahm nach eigenen Angaben im Gazastreifen im vergangenen Monat über 500 Mitglieder islamistischer Terrororganisationen gefangen. 350 von ihnen gehörten der vor dem Krieg im Gazastreifen herrschenden Hamas an, 120 dem mit der Hamas verbündeten Islamischen Dschihad, teilte die Armeeführung Montagabend mit.

Militärgeheimdienst und Schin Bet würden die Gefangenen weiteren Verhören unterziehen. 140 Hamas- und Islamischer-Dschihad-Terrroristen sollen nach dem Ende der Feuerpause Anfang des Monats gefangen genommen worden sein. Einige von ihnen stellten sich von selbst den israelischen Streitkräften. Zudem wurden bisher laut dem Nationalen Sicherheitsberater Zachi Hanegbi etwa 7.000 Hamas-Terroristen getötet.

Biden sagt Israel weitere Unterstützung zu

Israelische Bodentruppen liefern der Hamas immer noch erbitterte Kämpfe im Süden des Gazastreifens. US-Präsident Joe Biden sicherte Israel weitere Unterstützung zu.

WHO: Al-Ahli-Krankenhaus humanitäre Katastrophenzone

Die Vereinten Nationen ließen erneut mit Kritik aufhorchen: Es habe Todesopfer gegeben, als Gesundheitseinrichtungen getroffen worden seien. Im Norden seien das Al-Awda-Krankenhaus und das Kamal-Adwan-Krankenhaus seit Tagen von israelischen Truppen umgeben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisierte am Dienstag israelische Kontrollen medizinischer Konvois im Gazastreifen und die Inhaftierung von medizinischem Personal als Gefahr für die Versorgung von Patienten. Bei einem solchen Vorfall am Samstag sei ein schwer verletzter Patient gestorben, weil sich seine Behandlung verzögert habe, teilte die WHO mit.

Die WHO berichtete überdies von katastrophalen Zuständen im Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza-Stadt. Das Krankenhaus könne nur noch 40 seiner 80 Betten belegen, habe aber mehr als 200 Patienten, berichtete Richard Peeperkorn, der WHO-Vertreter für die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete, am Dienstag nach einem Besuch dort. Es gleiche einer humanitären Katastrophenzone. Peeperkorn sagte, er sei jahrelang in Afghanistan und anderen humanitären Krisensituationen im Einsatz gewesen, „aber so etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen.“

Ärzte täten ihr Bestes, beschrieben die Situation nach Angaben der WHO aber als „außer Kontrolle“. Es fehle an Treibstoff für Generatoren, Sauerstoff, medizinischem Material, ebenso wie an Wasser und Nahrungsmitteln für Patientinnen und Patienten und das Personal. „In nur 66 Tagen gibt es in dem Gesundheitssystem von 36 funktionierenden Krankenhäusern nur noch elf eingeschränkt funktionierende Krankenhäuser, eines im Norden und zehn im Süden“, sagte Peeperkorn.

Die Hamas-Gesundheitsbehörde meldete unterdessen, dass ein Prozent der Verletzten das Küstengebiet bisher zur ärztlichen Behandlung verlassen konnte. Etwas mehr als 400 Verletzte hätten ausreisen können, teilte das Ministerium am Montag mit.

Biden sagt Israel weitere Unterstützung zu

US-Präsident Joe Biden sicherte Israel indes weitere Unterstützung im Kampf gegen die Hamas zu. „Wie ich nach dem Anschlag (am 7. Oktober) sagte, ist mein Engagement für die Sicherheit des jüdischen Volkes (…) unerschütterlich“, sagte Biden am Montagabend bei einem Empfang zum jüdischen Chanukkafest im Weißen Haus in Washington. Die USA würden Israel unterstützen, bis das Land die Hamas losgeworden sei. Er arbeite auch daran, mehr „humanitäre Hilfe für unschuldige palästinensische Zivilisten“ zu bekommen.

In Europa sprachen sich am Montag Italien, Frankreich und Deutschland für Sanktionen der EU gegen die Hamas und deren Unterstützer aus. In einem gemeinsamen Brief an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell schrieben die Außenminister der drei Länder: „Wir unterstützen den Vorschlag, ein System von Ad-hoc-Sanktionen gegen die Hamas und ihre Unterstützer einzuführen, voll und ganz.“

Israel öffnet weiteren Grenzübergang für Hilfstransporte

Israel öffnete zuletzt einen weiteren Grenzübergang für Transporte von Hilfsgütern, die die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen erreichen sollen. Lastwagen mit Waren für Gaza werden künftig auch den Grenzübergang Kerem Schalom nutzen können, teilten die für Kontakte mit den Palästinensern zuständige israelische Behörde COGAT und das Militär am Montagabend mit.

Die Lkws werden allerdings wie schon beim bisher genutzten Übergang Nizana nicht direkt in den Gazastreifen fahren. Stattdessen steuern sie über Ägypten den Übergang Rafah an. Israel inspiziert an seinen Grenzübergängen die Lkws, um zu verhindern, dass Waffen geschmuggelt werden. Nach Gaza können Wasser, Lebensmittel, Zelte und Medizinbedarf gebracht werden.

Gaza-Resolution in UNO-Vollversammlung

Nach dem Scheitern einer Waffenstillstandsresolution im UNO-Sicherheitsrat will sich am Dienstag die UNO-Vollversammlung mit einem ähnlichen Entwurf beschäftigen. Der von Ägypten eingebrachte Resolutionstext fordert unter anderem einen humanitären Waffenstillstand. Eine Verabschiedung gilt als sehr wahrscheinlich. Resolutionen der UNO-Vollversammlung sind allerdings nicht bindend, sondern lediglich symbolisch.

Auslöser des Gaza-Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten. Mehr als 1.200 Menschen wurden bei den beispiellosen Angriffen getötet. Israel begann daraufhin mit Luftangriffen und seit Ende Oktober mit einer Bodenoffensive in dem Gebiet. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde inzwischen rund 18.000 Menschen getötet und mehr als 49.200 verletzt.