Aktivist hält in Dubai ein Schild mit der Aufschrift „No more fossils“ in die Höhe
Reuters/Thaier Al-Sudani
COP28 verlängert

Druck zu ambitionierter Einigung wächst

Nach einem Proteststurm gegen einen Entwurf für den Abschlusstext will die Präsidentschaft der COP28 eine nachgebesserte Version vorlegen. Das kündigte der Generaldirektor des UNO-Treffens, Madschid al-Suwaidi, am Dienstag an – kurz nachdem die Verhandlungen in Dubai wegen tiefer Gräben zwischen den knapp 200 Staaten verlängert werden mussten.

Die Kritik habe man erwartet, sagte der Generaldirektor. „Tatsächlich wollten wir, dass der Text Gespräche anregt – und genau das ist passiert.“ Es gebe sehr verschiedene Ansichten, insbesondere in Bezug auf die Sprache über Kohle, Öl und Gas.

Für eine Abschlusserklärung stehen drei mögliche Formulierungen zur Option: „Phase-out“, also ein kompletter Ausstieg aus fossiler Energie, eine abgeschwächte Version, die ein Zurückfahren vorsieht („Phase-down“), sowie „unabated“ – was so viel bedeutet wie die Nutzung von Technologien wie „Carbon Capture and Storage“ (CSS). Aber auch eine Variante, die keine Abkehr von Öl, Kohle und Gas festschreibt, ist möglich.

„Historische Formulierung“ in Aussicht gestellt

Der von mehr als 100 Staaten geforderte Ausstieg aus fossilen Energieträgern wurde in dem Entwurf von Montagabend nicht mehr erwähnt – anders als in vorherigen Versionen. Die Version sieht vielmehr eine „Verringerung sowohl der Nutzung als auch der Förderung von fossilen Energieträgern“ vor. Das solle auf eine „gerechte, geordnete“ Weise geschehen, um „bis, vor oder um 2050“ Treibhausgasneutralität zu erreichen.

Die EU, die USA und Dutzende andere Staaten stuften den Entwurf als enttäuschend und unzureichend ein. Er sei „ein herber Rückschlag“, so Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace Österreich, gegenüber ORF.at. Der WWF Österreich bezeichnete den Entwurf zur "Globalen Bestandsaufnahme“ als enttäuschend. Er sende nicht das „klare politische Signal aus, das von dieser Klimakonferenz ausgehen muss“, so WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner.

Weltklimakonferenz

Bei der Conference of the Parties (COP) kommen die EU und die 197 beteiligten Staaten zusammen, die 1992 in Rio de Janeiro die UNO-Rahmenkonvention zum Klimawandel unterzeichnet haben. Die COP findet jährlich in einer anderen Stadt statt, die zweiwöchigen Verhandlungen dienen der Formulierung eines Beschlusstextes.

„Allerschlechteste Formulierung“

Der am Montag vorgestellte Entwurf enthalte die „allerschlechtesten Formulierungen, die man sich bei einem internationalen Vertragselement vorstellen kann“, sagte die ehemalige Leiterin des Sekretariats des UNO-Weltklimarates (IPCC), Renate Christ, am Dienstag im Rahmen eines vom Wissenschaftsnetz „Diskurs“ organisierten Pressegesprächs.

Der Vorstoß sei „absolut enttäuschend“, und im Moment könne sie nicht sagen, was man in „diesem völlig unzureichenden Dokument" als Verhandler machen solle. Allerdings verweist Christ auch im Falle eines unzufriedenstellenden Abschlusstextes auf die nationalen Handlungsmöglichkeiten der Länder. „Auch wenn hier am Papier etwas anderes steht, hoffe ich, dass die Länder selbst aktiv werden“, so Christ gegenüber ORF.at.

Auf letzten Metern „geht Luft aus“

Generaldirektor Suwaidi sagte, vor Montag habe man nicht gewusst, wo genau die roten Linien eines jeden Landes verlaufen. Bis Dienstagfrüh habe man nun Feedback eingesammelt. „Und das versetzt uns in die Lage, einen neuen Textentwurf zu veröffentlichen“, sagte er. „Dazu gehört, nach Möglichkeit auch Formulierungen zu fossilen Brennstoffen in den Text aufzunehmen. Das wäre historisch.“ Doch liege die Verantwortung am Ende bei den Regierungsdelegationen und daran, wie ehrgeizig diese beim Klimaschutz wirklich seien.

Mayr (ORF) zur Klimakonferenz

Günther Mayr analysiert die bisherigen Geschehnisse in Dubai: Der Streit über den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hält die Klimakonferenz weiter auf Trab.

Reinhard Mechler vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg sagte im Pressegespräch, er rechne mit einer Verlängerung der COP von ein, zwei Tagen. In Bezug auf „Loss and Damage“, also finanzielle Entschädigungen für Länder, die vom Klimawandel betroffen sind, ortete Mechler „einen ambitionierten Beginn“ trotz einiger Skandale. Jetzt gehe aber „die Luft aus, und der Wille fehlt“, vor allem bei den Anpassungszielen – mehr dazu in science.ORF.at.

Widerstand der größten Ölproduzenten

Während Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf pochen, dass die Klimaziele ohne gänzlichen Ausstieg aus „Fossilen“ nicht schaffbar seien, und sich auch die USA und die EU dafür aussprechen, formierte sich in den letzten Tagen zunehmend Widerstand unter den Mitgliedern der Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC).

So hieß es am Samstag, dass mehrere OPEC-Mitglieder offenbar ein Veto einlegen wollen, einen solchen Ausstieg in ein neues Klimaabkommen aufzunehmen. Der größte OPEC-Produzent Saudi-Arabien argumentierte etwa zusammen mit Russland und anderen, dass der Schwerpunkt der COP28 auf der Reduzierung der Emissionen liegen sollte und nicht auf der gezielten Bekämpfung der Treibstoffquellen, die sie verursachen.

Protestaktion vor Weltklimakonferenz

Die COP28 in Dubai geht in die Verlängerung. Ein vorgelegter Beschlussentwurf stieß bei vielen Ländern auf Ablehnung, da er kein gemeinsames Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern enthielt. Um ehrgeizigere Beschlüsse einzufordern, organisierten NGOs eine Protestaktion.

UNO-Klimasekretär Simon Stiell hatte die Verhandler der fast 200 Länder einen Tag vor dem geplanten Konferenzende aufgerufen, jede „unnötige taktische Blockade“ zu beenden. Das Taktieren in Dubai müsse ein Ende haben, sagte Stiell. „Jede strategische Landmine, die es für den einen explodieren lässt, lässt es für alle explodieren.“ Die Verhandlerinnen und Verhandler müssten sich auf die ehrgeizigsten Beschlüsse einigen, jeder Schritt zurück werde „zahllose Millionen Leben kosten“.

COP28-Präsident unter Druck

Die Debatte über die Zukunft fossiler Energie hatte die heurige Klimakonferenz dominiert – und ihren Präsidenten in die Bredouille gebracht. Der aktuelle COP-Präsident Ahmed al-Dschaber, der auch den staatlichen Ölkonzern Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) leitet, war wegen einer Recherche des britischen „Guardian“ sowie des Centre for Climate Reporting unter Druck geraten.

Diese berichteten, Dschaber habe im November in einer Videoschaltung unter anderem mit UNO-Vertretern gesagt, es gebe „keine Wissenschaft“, die belege, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig sei, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

Dschaber hatte die Kritik vehement zurückgewiesen und sich missverstanden gesehen. So betonte er stets, dass es notwendig sei, das 1,5-Grad-Ziel „in Reichweite zu halten“. Er wolle mit allen zusammenarbeiten und „einen Plan entwickeln, der erreichbar, umsetzbar, realistisch und pragmatisch ist und der echte Ergebnisse liefert“. Für viele Teilnehmende könne die COP28 aber nur dann als Erfolg gewertet werden, wenn sie auch tatsächlich zu einem Abkommen über den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen führt, schrieb etwa der US-Sender CNBC.