Thomas Schmid
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Kurz-Prozess

Schmids Befragung wird fortgesetzt

Im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im U-Ausschuss wird am Freitag erneut Thomas Schmid befragt – das Aufeinandertreffen zwischen dem Belastungszeugen und den Angeklagten geht damit in die zweite Runde. Am Montag wurde der frühere ÖBAG-Chef und Generalsekretär im Finanzministerium stundenlang vom Richter und auch der Verteidigung befragt, am Ende war klar: Schmid belastet Kurz weiterhin schwer. Aufgrund der Länge wurde vertagt – mit Spannung wird nun die Fortsetzung erwartet.

Nachdem die Verteidigung am Montag vom Richter überraschend vorgereiht wurde, ist nun die Anklage dran. Den Staatsanwälten wird es wohl darum gehen, Widersprüche zwischen Schmids und Kurz’ Angaben konkreter herauszuarbeiten. Schmid ist Schlüsselfigur in mehreren Causen, in die insbesondere die ÖVP und Kurz involviert sind – in der Causa rund um angeblich manipulierte Umfragen („Inseratenaffäre“) will er Kronzeuge werden.

Das Verfahren gegen Kurz behandelt dessen Aussagen im „Ibiza“-U-Ausschuss. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Kurz vor, er hätte dort als Auskunftsperson insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung und der Personalpolitik der Staatsholding ÖBAG falsch ausgesagt – Kurz sowie dessen Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli hätten deren Rolle bei der Besetzung von Aufsichtsrat und Vorstand heruntergespielt – für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Die Vertreter der WKStA am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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Die WKStA-Oberstaatsanwälte Roland Koch und Gregor Adamovic

„Vetorecht“ von Kurz

Belegt sehen die Ankläger die Vorwürfe durch zahlreiche Chats unter anderen mit Schmid. Und dessen Angaben am Montag stützten die Argumentationslinie der Ankläger weitgehend. So gab Schmid an, dass Kurz ein „Vetorecht“ bei wichtigen Personalentscheidungen gehabt habe. Unter Kurz sei die Personalverwaltung im Kanzleramt „zentralisiert“ gewesen, so Schmid.

So sei es in diesem System etwa „undenkbar“ gewesen, dass Personalia nicht mit Kurz abgestimmt worden wären. Die Bestellung von Helmut Kern zum Vorsitzenden des ÖBAG-Aufsichtsrates etwa sei der Vorschlag aus dem Bundeskanzleramt gewesen. Einiges sei von dort auch „abgeschossen“, also Kandidaten abgelehnt worden. Kurz hatte im U-Ausschuss gesagt, dass er informiert, aber nicht involviert gewesen sei.

„Keine Ahnung“ und „Pallawatsch“

Auch zur Personalie Siegfried Wolf divergierten die Angaben von Kurz und Schmid. Kurz’ hatte argumentiert, dass sein Einfluss gar nicht so groß hätte sein können, weil sein Wunschkandidat – eben Wolf – nicht ÖBAG-Aufsichtsratsvorsitzer wurde. Für den Ex-Kanzler ein Beweis dafür, dass er bei den Besetzungen eben nicht viel mitzureden hatte. Zeuge Schmid stellte die Umstände anders dar: Ohnehin sei geplant gewesen, dass Wolf erst zu einem späteren Zeitpunkt nachrücken sollte. Bis dahin sollte es eine Interimslösung geben.

Auch in Sachen „Sideletter“, in dem ÖVP und FPÖ die Aufteilung bedeutender Posten festlegten, traten Widersprüche zutage. Konkret geht es um ein Personalpaket für die ÖBAG-Besetzung, das zwischen Schmid für die ÖVP und Ex-ÖBB-Vorstand Arnold Schiefer für die FPÖ ausverhandelt wurde. Im U-Ausschuss sagte Kurz aus, er habe „keine Ahnung, was die da vereinbart haben“. Ganz anders Schmid: Der Deal habe für „Pallawatsch“ gesorgt, Kurz habe sich über diese Vereinbarung aufgeregt und sie kippen wollen.

Richter Michael Radasztics
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Zig Seiten, zig Chats und stundenlange Befragungen: Am Ende trifft der Richter die Entscheidung

Und auch wenn er jetzt mit „diesen Leuten nichts mehr zu tun hat“, habe er sich immer von Kurz unterstützt gefühlt, so Schmid. Die Nachricht von Kurz – „kriegst eh alles, was du willst“ – habe er durchaus positiv interpretiert, als Lob. Er habe das „Backing“ vom Kanzler gehabt, der ihn als „engen Vertrauten“ in der ÖBAG haben wollte. Kurz hatte diese „Alles, was du willst“-Nachricht vor Gericht ganz anders erklärt: Er habe Schmid zügeln wollen, weil der den „Hals nicht voll bekommen“ habe.

Verteidigung rüttelt an Schmids Glaubwürdigkeit

Überraschend war am Montag die Entscheidung von Vorsitzendem Michael Radasztic, den Antrag der Verteidigung zur Befragung zu genehmigen, anstelle mit der WKStA fortzusetzen. Die Verteidigung von Kurz wollte an der Glaubwürdigkeit von Schmid rütteln. Anwalt Otto Dietrich konfrontierte Schmid etwa mit dem Befragungsprotokoll und wollte wissen, ob die WKStA Druck ausgeübt habe, was der Zeuge jedoch bestritt.

Außerdem hielt die Verteidigung Schmid eine bisher unbekannte Chatnachricht vor, in der der Zeuge Kurz zu einem ZIB2-Interview anlässlich der Causa Beinschab gratulierte. „Das war ein sehr guter Auftritt mit Darlegung, wie es wirklich war“, habe Schmid in der angeblich selbstlöschenden Nachricht geschrieben. Bereits zuvor wollte der Richter wissen, wie die Fragen mit der gegenständlichen Causa zusammenhängen.

Zielscheibe für die Verteidigung war aber nicht nur Schmid, sondern auch die WKStA und deren Vorgehen. So soll Schmid exakt das ausgesagt haben, was in einer Anordnung der WKStA steht, selbst die Interpunktion sei dieselbe, wurde moniert. Er habe gelegentlich aus Dokumenten oder aus vorbereiteten Unterlagen zitiert, begründete Schmid die Gleichheit. Am Freitag dürften die Scharmützel zwischen Anklage und Verteidigung eine Fortsetzung erleben.