Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
APA/Eva Manhart
Nationalrat

Immunität von Sobotka aufgehoben

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist am Freitagabend vom Nationalrat „ausgeliefert“ worden. Die Abgeordneten stimmten dem Ersuchen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung gegen Sobotka zu ermitteln zu können, am Ende der Plenarsitzung des Nationalrats einstimmig zu.

Festgestellt wurde, dass zwischen der vorgeworfenen Handlung und der politischen Tätigkeit kein Zusammenhang bestehe. Damit ist der Weg frei für eine strafrechtliche Verfolgung des Nationalratspräsidenten. Zuvor hatte bereits in der Früh der Immunitätsausschuss einstimmig grünes Licht für die Aufhebung der Immunität Sobotkas gegeben.

Befremdlich fanden es FPÖ und SPÖ in der Debatte vor der Abstimmung, dass Sobotka selbst den Vorsitz der Debatte über die Aufhebung seiner Immunität führte. Auch die mitregierenden Grünen zeigte sich darüber irritiert: „Das Szenario wirkt, als müsste man in dieser Republik tatsächlich etwas zurechtrücken“, sagte die Mandatarin Agnes Sirkka Prammer. Die Geschichte werde über die Amtsführung urteilen.

Sobotka: Präsident führt Vorsitz im Einvernehmen

Die Kritik ließ Sobotka nicht auf sich sitzen. „Der Präsident führt den Vorsitz in Nationalratssitzungen grundsätzlich immer im Einvernehmen mit der Zweiten Präsidentin und dem Dritten Präsidenten“, hieß es in einer Stellungnahme.

Wie in jeder letzten Nationalratssitzung eines Kalenderjahres wechsle er sich in der Vorsitzführung auch dieses Jahr im Einvernehmen mit der Zweiten Präsidentin am Ende der Sitzung ab, um seine Abschluss- und Dankesworte an die Abgeordneten und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu richten, so der Sprecher Sobotkas.

„Endlich die nötigen Konsequenzen ziehen“

NEOS warf Sobotka einmal mehr vor, dem Amt schweren Schaden zuzufügen, und forderte seinen Rücktritt. Die SPÖ appellierte dagegen diesmal an die ÖVP, „endlich die nötigen Konsequenzen“ zu ziehen. Die FPÖ appellierte an den Nationalratspräsidenten, wenigstens seinen Hut zu nehmen, falls Anklage gegen ihn erhoben werde.

Mitglieder des Nationalrats, der Bundesrats und der Landtage genießen grundsätzlich Immunität. Damit bleiben Verfolgungshandlungen gegen diese Mandatsträger unzulässig, solange keine Auslieferung durch das jeweilige Parlament erfolgt ist.

WKStA erhielt neue Hinweise

Untersucht werden soll, ob Sobotka rund um eine Steuerprüfung der Erwin-Pröll-Stiftung bei dem früheren Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid, interveniert hat. Dazu soll Schmid belastenden Schriftverkehr vorgelegt haben. Konkret handle es sich dabei laut „profil“ um eine vorgelegte Nachricht des ehemaligen Sektionschefs Eduard Müller zur Erwin-Pröll-Stiftung.

Sobotka, seit 2017 Nationalratspräsident, bestreitet die Intervention und beteuert seine Unschuld. Er wolle „ausgeliefert“ werden, um alles zu unterstützen, was zu einer raschen Aufklärung führe. Gegenüber „profil“ hatte es aus seinem Büro geheißen, dass die Vorwürfe falsch seien und auf das Schärfste zurückgewiesen werden. Diese Vorwürfe wurden auch bereits im vergangenen Jahr im U-Ausschuss thematisiert. Dem Bericht zufolge gibt es nun aber neue Chats, die die WKStA dazu bewogen haben, doch weitere Schritte zu gehen.

300.000 Euro vom Land Niederösterreich

Die nach dem 60. Geburtstag des damaligen niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP) gegründete Stiftung sorgte bereits Anfang 2017, kurz vor dem Abgang Prölls, für Schlagzeilen. Damals berichtete der „Falter“, dass das Land Niederösterreich der Stiftung 1,35 Mio. Euro an Fördergeldern zugesagt und davon 300.000 Euro bereits überwiesen hatte.

Weiteres Vermögen der Stiftung stammte laut Prölls Sprecher aus 150.000 Euro an Geldgeschenken anlässlich des 60. Geburtstags des Landeshauptmannes im Dezember 2006. Angeblicher Förderzweck war die Einrichtung einer „Akademie der Förderung des ländlichen Raumes“.

Bericht: Kapitalertragssteuer nachgezahlt

Bei einer Prüfung stellte der Landesrechnungshof aber fest, dass der Finanzabteilung des Landes „keine weiteren Unterlagen zu den schriftlichen Ansuchen der Privatstiftung vorlagen, insbesondere nicht für ein bestimmtes Vorhaben“. Die Förderung wurde bereits 2017 zurückgezahlt.

Bei der Steuerprüfung wollte das Finanzamt laut „profil“ klären, ob es sich um Förderungen oder Subventionen gehandelt habe, da das steuerrechtlich anders zu bewerten sei. 2018 wurde demzufolge Kapitalertragssteuer nachgezahlt. Die Stiftung wurde inzwischen liquidiert.