Signa Logo an Gebäude
APA/Helmut Fohringer
Auch Kernteile insolvent

Signa wird zur Zehnmilliardenpleite

Bei dem vom Tiroler Immobilieninvestor Rene Benko aufgebauten Signa-Konzern geht es mit der Insolvenz der beiden Vorzeigetöchter Signa Prime Selection AG und Signa Development Selection AG weiter Schlag auf Schlag. Benkos nun wohl vor einem großangelegten Abverkauf stehendes Immobilienimperium führt bereits seit der Insolvenz der Signa Holding die Liste der größten Insolvenzverfahren Österreichs an: Vier Wochen später erscheinen die in Summe nun mit über zehn Milliarden Euro bezifferten Signa-Verbindlichkeiten mehr als verdoppelt.

Nachdem die 2013 in die Pleite gerutschte Alpine Bau für rund zehn Jahre die Liste von Österreichs größten Insolvenzen angeführt hat, stehen nun die Signa Holding mit Passiva von rund fünf Milliarden Euro und die Signa Prime (4,5 Mrd.) auf den Plätzen eins und zwei. Auf Platz fünf folgte am Freitag nun Signa Development, mit deren auf rund 1,2 Mrd. Euro geschätzten Verbindlichkeiten die Signa-Passiva in den zweistelligen Bereich steigen.

Die Signa Development bündelt etliche Entwicklungsprojekte der verschachtelten Unternehmensgruppe von Benko. Sie ist auf die Entwicklung von städtebaulichen Projekten im Wohn- und Gewerbesegment im deutschsprachigen Raum und in Norditalien spezialisiert. Die Insolvenz hatte sich zuletzt bereits abgezeichnet – nur kurz nach der Einreichung des entsprechenden Antrags beim Handelsgericht wurde am Freitag ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eröffnet.

Am 8. Dezember hatte die luxemburgische Tochtergesellschaft Signa Development Finance erklärt, dass sie selbst, die Signa Development und weitere Gesellschaften der Gruppe wohl „in sehr naher Zukunft“ Insolvenzanträge stellen würden. Als Erklärung verwies man auf die Liquiditätssituation der Signa Development. Ende November hatte die Ratingagentur Fitch die Signa Development in ihrer Kreditwürdigkeit bereits auf „Ramsch-Niveau“ herabgestuft.

Sanierer Grosnigg an Bord geholt

Die Eigentümerstruktur ist sehr verschachtelt. 19 Aktionäre, darunter 14 Gesellschaften mit weiteren unterschiedlichen Besitzern, Stiftungen – wobei die Familie Benko Privatstiftung eine wichtige Rolle spielt – und Investoren halten Anteile an der Signa Development. Die Mitaktionärin Signa Holding hält über acht Prozent und soll im Rahmen ihres bereits eröffneten Insolvenzverfahrens saniert werden.

Vorstandssprecher wurde schon zuletzt der Sanierer Erhard Grossnigg. Sein Vorgänger Timo Herzberg war wegen fragwürdiger Geschäfte mit sofortiger Wirkung als CEO enthoben worden, was dieser auch bei der seit Donnerstag ebenfalls insolventen Signa-Immobiliengesellschaft Signa Prime Selection AG gewesen war. Aufsichtsratsvorsitzender ist laut Wirtschafts-Compass Ex-Bundeskanzler und Ex-SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer.

Zentrale Frage der nun laufenden Insolvenzverfahren ist unter anderem, wie es mit dem umfangreichen Immobilienportfolio und den laufenden Signa-Projekten weitergeht. Allein bei der Signa Prime wird der Wert der dort gebündelten „Immobilienleuchttürme“ (Zitat Kreditschutzverband KSV1870, Anm.) auf rund 20 Milliarden Euro geschätzt.

Weitere Insolvenz von Signa-Gesellschaft

Das Siena-Imperium bröckelt weiter. Am Donnerstag wurde die Insolvenz der Signa Prime Selection bekannt, einen Tag später wurde der Insolvenzantrag der Signa Development Selection gestellt.

Großer Abverkauf erwartet

Im Fokus der für den Insolvenzverwalter anstehenden „Herkulesaufgabe“ stehe nun „die Prüfung der Werthaltigkeit der Beteiligungen“, wie es in Aussendungen von KSV1870 weiter heißt. Im Zuge des Insolvenzverfahrens stehe dann „eine geordnete Fortsetzung und Verwertung laufender Development-Projekte sowie die strukturierte Verwertung von abgeschlossenen Projekten“ an.

Einem Medienbericht zufolge wolle Vorstandssprecher Grossnigg die Signa Prime im Kern erhalten. Der Immobilienbestand soll im Zuge des Sanierungsverfahrens allerdings weitgehend verkauft werden, so das „Handelsblatt“ mit Verweis auf mit der Sache vertraute Personen. Am Ende soll eine Signa Prime mit einer neuen Eigentümerstruktur stehen, die ein Volumen von ein bis zwei Milliarden Euro habe. Nach dem Vorbild der Prime soll den „Handelsblatt“-Angaben zufolge auch die Signa Development saniert werden.

„Toxischer Mix“

Die komplex verschachtelte Signa-Gruppe hat noch Hunderte kleinere Gesellschaften. „Derzeit erfolgt eine Insolvenzkaskade von oben nach unten. Die Frage ist, ob man die Kaskade stoppen kann, um in Ruhe mit der Verwertung des Vermögens zu beginnen“, so Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer.

Das Imperium von Benko war nach starkem Wachstum in der Niedrigzinsphase durch höhere Zinsen, höhere Baukosten und höhere Energiepreise in extreme Schieflage geraten. Hinter dem Insolvenzantrag stehe ein „toxischer Mix“ aus hohen Zinsen, Inflation, Energiepreisen und Löhnen bei einem gleichzeitigen Nachfrageeinbruch und letztlich der Überprüfung durch die Europäische Zentralbank (EZB), wie es dazu nun unisono etwa von Signa Prime und Signa Development heißt.

Undurchsichtige Struktur

Kritik gab und gibt es allerdings auch an internen Vorgängen bei Signa. Dafür reicht ein Blick auf die undurchsichtige, aus Hunderten Unternehmen bestehende Konzernstruktur. Allein für die Signa Holding umfasse ein vorläufiges Organigramm insgesamt 46 Seiten im A3-Format, wie der für diesen Unternehmensteil zuständige Sanierungsverwalter Christof Stapf Mitte Dezember mitteilte.

Eine erste Überprüfung habe diesen Angaben zufolge zudem ergeben, „dass im Bereich des mittleren Managements der Gruppe ein Mangel an Managementkapazitäten mit übergreifendem Wissen besteht und die Holding ihrer Kontrollfunktion zuletzt nur noch teilweise nachgekommen ist“. Lücken in Sachen Transparenz legten Medienberichten zufolge etwa auch nicht bzw. zu spät eingereichte Jahresabschlüsse nahe.

Scharfe Kritik von Zadic

Deutliche Worte in Sachen Jahresabschlüsse kamen am Freitag schließlich auch von Justizministerin Alma Zadic (Grüne). „Dass die derzeitigen gesetzlichen Regeln für Jahresabschlüsse nicht ausreichen, zeigen auf dramatische Weise die jüngsten Signa-Insolvenzen“, zitierte das Ministerium in einer Aussendung Zadic.

Die Rede ist von „skrupellosen Konzernen“, deren Schaden am Schluss „nicht nur wir alle zahlen – er untergräbt auch das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort und die heimischen Unternehmen“, so Zadic, die hier noch anfügte: „Wir müssen neue Regeln schaffen, um die gezielte und profitgetriebene Manipulation von Bilanzen auf Kosten der Allgemeinheit zu verhindern.“