Polizisten kontrollieren ein Fahrzeug vor dem pakistanischen Außenministerium in Islamabad
APA/AFP/Aamir Qureshi
Mehrere Tote

Wechselseitige Angriffe Iran – Pakistan

Pakistan hat nach einem iranischen Luftangriff auf sein Territorium nach eigenen Angaben Extremisten im Iran angegriffen. Das pakistanische Außenministerium sprach am Donnerstag von „gezielten militärischen Präzisionsangriffen gegen Terroristenverstecke in der iranischen Provinz Sistan-Balutschistan“ im Südosten des Nachbarlandes. Dabei seien mehrere „Terroristen“ getötet worden. Pakistan kündigte weitere Vergeltungsmaßnahmen an.

Die iranische Nachrichtenagentur Mehr sprach von einem „Drohnen- und Raketenangriff“ auf die Stadt Sarawan, die in der an Pakistan angrenzenden Provinz Sistan-Balutschistan liegt. Die Nachrichtenagentur IRNA hatte zuvor von Explosionen um die Stadt berichtet. Dabei seien insgesamt neun Menschen, darunter vier Kinder, ums Leben gekommen.

Das pakistanische Außenministerium sagte, die Angriffe seien angesichts „glaubwürdiger Geheimdienstinformationen“ über bevorstehende „terroristische Aktivitäten von großem Ausmaß“ beschlossen worden. „Pakistan respektiert die Souveränität und territoriale Integrität der Islamischen Republik Iran vollkommen“, fügte das Ministerium hinzu.

Pakistan kündigt weitere Vergeltung an

Die Angriffe hätten lediglich Pakistans Sicherheit gedient. Ein pakistanischer Geheimdienstvertreter hatte zuvor der Nachrichtenagentur AFP gesagt, die Angriffe hätten „antipakistanischen militanten Gruppen“ im Iran gegolten. Pakistan hatte dem Iran am Mittwoch vorgeworfen, bei einem Luftangriff auf sein Territorium zwei Kinder getötet zu haben.

Pakistan drohte dem Iran mit weiterer Vergeltung, sollte das Nachbarland erneut Ziele auf seinem Territorium angreifen. Die pakistanischen Streitkräfte seien „in extrem hoher Alarmbereitschaft“, verlautete am Donnerstag aus ranghohen Sicherheitskreisen. Auf jedes „Missgeschick“ der iranischen Seite werde Pakistan energisch reagieren.

Iranischer Außenminister um Beruhigung bemüht

Der Iran sprach von einem Angriff gegen die sunnitische Dschihadistengruppe Dschaisch al-Adl auf pakistanischem Territorium. Der Angriff habe sich nicht gegen Pakistaner und Pakistanerinnen gerichtet, beteuerte der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos: Es seien „keine Staatsangehörigen des befreundeten (…) Landes Pakistan von iranischen Raketen und Drohnen angegriffen“ worden.

Die Atommacht Pakistan hatte die iranischen Angriffe auf ihr Staatsgebiet scharf kritisiert und deswegen am Mittwoch den Botschafter aus Teheran abgezogen. Wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, wurde der Geschäftsträger der pakistanischen Botschaft am Donnerstag ins Außenministerium einbestellt, um den Vorfall zu erklären.

China bietet sich als Vermittler an

Die aktuellen Angriffe folgten allerdings auf jüngste positive Entwicklungen in den Beziehungen beider Länder. Erst am Dienstag hatten einander Amir-Abdollahian und Pakistans geschäftsführender Premierminister Anwaarul Haq Kakar in Davos getroffen. Die Nachbarländer hielten auch eine gemeinsame Marineübung ab.

Am Donnerstag bot sich China als Vermittler zwischen den beiden Konfliktparteien an. „Der Iran und Pakistan sind Chinas enge Nachbarn, befreundete Länder und Länder mit großem Einfluss, und China hofft aufrichtig, dass beide Seiten Ruhe bewahren und Zurückhaltung üben können“, sagte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums. „Wenn es auf beiden Seiten einen Bedarf gibt, sind wir auch bereit, eine konstruktive Rolle bei der Entspannung der Situation zu spielen.“

Inmitten von Spannungen im Nahen Osten

Dschaisch al-Adl wurde 2012 von ehemaligen Mitgliedern einer radikalen sunnitischen Bewegung gegründet. In den vergangenen Jahren verübte die Gruppe mehrere Anschläge im Iran, wo sie als Terrororganisation eingestuft ist. Im Dezember bekannte sich die Gruppe zu einem Anschlag mit elf Toten auf das Polizeipräsidium in der Stadt Rask im Südosten des Iran.

Pakistan und der Iran werfen einander immer wieder vor, Extremisten von ihrem Territorium aus Angriffe auf das andere Land verüben zu lassen. Die jetzigen Luftangriffe beider Länder verschärfen die Spannungen in der Region inmitten des Gazakrieges zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und der Angriffe der Huthi-Rebellen im Jemen auf Schiffe im Roten Meer, auf die die USA mit Angriffen auf Stellungen der vom Iran unterstützten Miliz reagiert haben.