Hauptquartier der UNRWA in Gaza
APA/AFP/Mohammed Abed
Schwere Vorwürfe

Neues Gremium soll UNRWA untersuchen

Nach den schweren Vorwürfen gegen Mitarbeiter des UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) hat UNO-Generalsekretär Antonio Guterres am Montag die Gründung eines unabhängigen Ausschusses angekündigt, der die Neutralität der Organisation bewerten soll. Mitarbeiter des UNRWA stehen ja im Verdacht, in den Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen zu sein.

Der Ausschuss werde von der ehemaligen französischen Außenministerin Catherine Colonna geleitet und arbeite mit drei Menschenrechts-NGOs aus Schweden, Norwegen und Dänemark zusammen, hieß es. Das Ziel der Evaluierungsgruppe sei es, „festzustellen, ob die Agentur alles in ihrer Macht Stehende tut, um ihre Neutralität zu gewährleisten und auf schwere Missbrauchsfälle zu reagieren, wenn solche vorliegen“, hieß es weiter.

Catherine Colonna
AP/Virginia Mayo
Frankreichs Ex-Außenministerin Catherine Colonna leitet die Untersuchung des UNO-Hilfswerks

Zwischenbericht bis Ende März

Die Kommission soll dem Generalsekretär bis Ende März einen Zwischenbericht und bis Ende April dann einen Abschlussbericht vorlegen, der gegebenenfalls „Empfehlungen zur Verbesserung und Stärkung“ der bestehenden Mechanismen enthalten soll. Staaten wie Österreich, Großbritannien, Japan, Kanada, Neuseeland, Deutschland und die USA hatten nach Bekanntwerden der Vorwürfe angekündigt, ihre Zahlungen an das Hilfswerk vorerst zu stoppen.

Guterres erklärte, die Anschuldigungen erfolgten zu einer Zeit, in der das UNRWA – die größte UNO-Organisation in der Region – unter sehr schwierigen Bedingungen arbeite, „um den zwei Millionen Menschen im Gazastreifen zu helfen, die von ihr abhängig sind, um eine der schlimmsten und komplexesten humanitären Krisen der Welt zu überleben“.

Parallel zu interner UNO-Untersuchung

Die unabhängige Untersuchung finde parallel zu einer internen UNO-Untersuchung statt, die im Jänner nach Bekanntwerden der Anschuldigungen gegen die UNRWA-Mitarbeiter eingeleitet worden war. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte vergangene Woche erklärt, das UNRWA sei komplett von der im Gazastreifen regierenden Hamas „infiltriert“.

Schließung „Ende Februar“ droht

Ein anhaltender Stopp der internationalen Finanzierung der UNRWA würde das Hilfswerk eigenen Angaben zufolge zwingen, seine Aktivitäten „Ende Februar“ einzustellen. Würde die Finanzierung weiterhin ausgesetzt, „werden wir höchstwahrscheinlich gezwungen sein, unsere Arbeit nicht nur im Gazastreifen, sondern in der gesamten Region bis Ende Februar einzustellen“, sagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini zuletzt.

USA: UNRWA-Mittel für andere UNO-Einrichtungen

Die US-Regierung will den Palästinensern die ausgesetzten UNRWA-Mittel nicht vorenthalten. Diese würden anderen UNO-Einrichtungen wie dem Kinderhilfswerk (UNICEF) zugutekommen, die damit Hilfen im Gazastreifen finanzieren könnten, sagte ein Regierungssprecher. Bisher hat die US-Regierung pro Jahr zwischen 300 und 400 Millionen Dollar an das UNRWA gezahlt.

Am 7. Oktober waren Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten und Zivilistinnen verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden dabei etwa 1.160 Menschen getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Umfassender Militäreinsatz

Als Reaktion auf den Angriff startete Israel einen umfassenden Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet. Nach Hamas-Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit dem Beginn der israelischen Offensive mindestens 27.478 Menschen im Gazastreifen getötet. Zahlreiche Bewohner und Bewohnerinnen in dem Palästinensergebiet wurden vertrieben und leben unter katastrophalen humanitären Bedingungen.