Wolfgang Peschorn im COFAG Untersuchungsausschuss
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COFAG-U-Ausschuss

Aufklärung bei Signa „wichtig“ für Republik

Zum Auftakt der Befragungen ist am Mittwoch der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, als erste Auskunftsperson in den COFAG-U-Ausschuss geladen gewesen. Peschorn verwies auf geltende Gesetze, denen die Verwaltung unterliege, aber auch darauf, dass sie nicht immer alle nötigen Informationen zur Verfügung habe. Es brauche auch bei „Konglomeraten“ wie der Signa mehr Transparenz, die Aufklärung der Causa sei jedenfalls wichtig.

Signa sei ein Beispiel von „gelebter Intransparenz“, so Peschorn auf Fragen von ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger, der die Befragung eröffnete. Acht von den mehreren hundert Gesellschaften der Signa seien derzeit insolvent, bei dreien sei die Republik Teil des jeweiligen Gläubigerausschusses. Die Signa sei so komplex aufgebaut, dass man nicht an einen Plan dahinter glauben könne, sondern mehr, dass die Struktur bei der Umsetzung von Finanzierungsmaßnahmen „passiert“ sei.

Es sei „unlauter“, wenn die Verwaltung auf Transparenz setze und dann mit solch intransparenten Unternehmen Geschäfte mache. Man müsse sich fragen, ob man nicht von solchen Konstrukten auch Transparenz fordern sollte. Hätte es eine Bilanz des gesamten Konzerns gegeben, wären die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse eher zutage gekommen, zeigte sich Peschorn sicher.

Wolfgang Peschorn im COFAG Untersuchungsausschuss
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Peschorn war als erste Auskunftsperson geladen

Zentral dreht sich bei dem U-Ausschuss alles um die Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) und deren Fördervergaben. Geklärt werden soll zudem die Frage, ob es eine „Zweiklassenverwaltung“ im Zuge der „Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder“ gab, wie es offiziell von SPÖ und FPÖ heißt, und ob bei der Vergabe von CoV-Hilfen reiche Unternehmer mit politischen Kontakten bevorzugt behandelt wurden. Im Fokus sollen auch Unternehmer stehen, denen ein Vermögen von zumindest einer Milliarde Euro zugerechnet wird.

Peschorn: Geht um Glaubhaftigkeit

Er sei in Sachen Signa-Involvenz mit dem Finanzminister voll abgestimmt, so Peschorn auf Fragen von Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli. Man wolle wissen, was bei Signa passiert ist und „dass auch bei uns nichts passiert ist“, also in der Finanzverwaltung. Mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) habe er über kika/Leiner, vor allem die Konsequenzen daraus, geredet.

Nina Tomaselli, Fraktionsvorsitzende der Grünen
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Tomaselli fragt wieder für die Grünen

„Wir wollen aufklären“ und wissen, was rund um und mit der Signa passiert ist, das sei „ganz wichtig“ für den Standort Österreich, so Peschorn auf die Frage, wie wichtig die Klärung sei, ob Rene Benko faktischer Geschäftsführer der Signa war. Es gehe auch um Glaubhaftigkeit.

26 Mio. Euro „Gehalt“ für Benko

Tomaselli fragte auch zu einem Einkommenssteuerbescheid von Benko aus dem Jahr 2019, wonach Benko fast 26 Mio. Euro von der Signa offenbar als Gehalt erhielt. Sie hinterfragte, wie ein solcher Betrag möglich sei, wenn doch Benko argumentiere, dass er kein Geschäftsführer sei.

Sie verwies auch darauf, dass Benko für einen Privatjet fast sieben Mio. Euro Verlust geltend machte und jetzt dafür vier Mio. Steuer nachzahlen muss – sein Steuerfall wurde von einer der nächsten Auskunftspersonen wieder aufgerollt. Peschorn sagte dazu, dass er mit solchen Causen nicht befasst sei.

Fraktionsvorsitzender der ÖVP, Andreas Hanger
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Andreas Hanger fragte bei diesem Ausschuss weniger – er bereite sich bereits auf kommende Woche vor, sagte er

Insolvenzen mit Wartezeit möglich

Es gebe durchaus die Möglichkeit, dass bei Insolvenzen gewartet werde, sagte Peschorn dann auf Fragen von NEOS-Fraktionsführer Yannick Shetty. Hintergrund ist eine Nachricht des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium Thomas Schmid, dass ein Insolvenzantrag von kika/Leiner gebremst werden soll bzw. das Insolvenzgericht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt wartet – zum speziellen Fall hatte Peschorn allerdings keine Wahrnehmung.

Kai Jan Krainer , Fraktionsvorsitzender der SPÖ
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Für die SPÖ fragt Kai Jan Krainer

Shetty legte dann eine Nachricht aus der Finanzverwaltung vor, wonach es Benko im Fall kika/Leiner „nur um die Immobilien“ gehe. Peschorn meinte, es sei wohl noch grundsätzlich nicht ganz klar, was das Geschäftsmodell der Signa war. Die Finanzprokuratur habe sich dazu jedenfalls keine Gedanken gemacht. Über Jahrzehnte habe er, Peschorn, gelernt, dass eher versucht wird, Verluste dem Staat umzuhängen, sagte die Auskunftsperson sinngemäß.

Hintergrund ist der Kauf von kika/Leiner durch Signa, bei dem auch 5.000 Arbeitsplätze gerettet werden sollten, wie von der damaligen Regierung von ÖVP und FPÖ erklärt wurde. Am Ende mussten zuerst kika/Leiner nach einem Verkauf durch Signa und dann später auch Signa Insolvenz anmelden, die Möbelkette ist derzeit in einem Sanierungsverfahren. Das Leiner-Haus auf der Wiener Mariahilfer Straße, einst Herzstück der Kette, musste dem Kaufhaus Lamarr, das als unfertige Baustelle mittlerweile zum Verkauf steht, weichen.

Kritische Position zu COFAG

Die Finanzprokuratur dränge ihre Expertise nicht auf, aber liefere, wenn sie gefragt sei, führte Peschorn dann auf Fragen von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zur COFAG aus. Er sei bei der Entstehung der COFAG kurzfristig ins Kabinett gerufen worden, dort sei ihm ein erster Entwurf vorgelegt worden.

Er habe dazu seine Meinung geäußert, „das war’s dann“, so Peschorn, der sich schon früher kritisch zum Konstrukt COFAG geäußert hatte. „Wahrscheinlich proaktiv“ habe er sich auch zu Fragen in Bezug auf die Governance, den Aufsichtsrat und dessen Mitglieder sowie den Beirat geäußert. In weiterer Folge sei die Finanzprokuratur nicht mehr eingebunden gewesen, sagte er zuvor auf Fragen von Verfahrensrichterin Christa Edwards.

Verfahrensrichterin Christa Edwards
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Christa Edwards ist dieses Mal die Verfahrensrichterin

Peschorn erinnert an Pflichten bei öffentlichen Geldern

Vom Kauf der Postsparkasse in Wien durch die Signa von der BAWAG PSK und der anschließenden Vermietung an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) für 99 Jahre habe er aus den Medien erfahren, so Peschorn dann gegenüber FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker. Er erinnerte daran, dass beim Agieren mit staatlichen Geldern auch Rechte und Pflichten gelten, in dem Fall sei das Vorhaben relevant.

Fraktionsvorsitzender der FPÖ, Christian Hafenecker
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Christian Hafenecker fragte unter anderem zur Postsparkasse

Die Finanzprokuratur sei aber nicht damit beauftragt worden, den Vorgang zu prüfen. Den Vertrag habe die BIG abgeschlossen, das Finanzministerium habe dabei ein Weisungsrecht gehabt. Der Deal hatte 2013 für Aufregung gesorgt. Die Signa kaufte das Gebäude von der BAWAG für kolportierte 130 Mio. Euro, nach dem Vertragsabschluss mit der BIG wurde das Gebäude von der Signa auf mehr als 300 Millionen Euro stark aufgewertet.

Peschorn: Spielregeln kennen

In seinem Eingangsstatement zu Beginn der Befragung zitierte Peschorn die Gewaltenteilung, staatliche Verwaltung dürfe nur auf Basis von Gesetzen ausgeübt werden. Schon in früheren Ausschüssen habe sich gezeigt, dass allerdings nicht immer alle notwendigen Infos an die zuständigen Stellen weitergeleitet wurden, so Peschorn.

Er sprach Netzwerke an, die mit Hilfe von Beratern ihre eigenen Interessen durchsetzen wollten und nicht die der Bürger und Bürgerinnen. Namentlich nannte er Thomas Schmid, sprach aber auch die COFAG an. Er selbst habe sich um ein Pandemiegesetz bemüht, so Peschorn, vielmehr hätten Verordnungen das Leben in Österreich geregelt. Man könne nur verwalten, wenn man die Spielregeln kenne.

Fraktionsvorsitzender der NEOS, Yannick Shetty
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Yannick Shetty ist für NEOS neu im U-Ausschuss

„Überbordende politische Kabinette“

Die Mitglieder der Bundesregierung seien die obersten Organe der Verwaltung. Die Verwaltung auf Beamtenebene erodiere aber, es gebe „überbordende politische Kabinette“, zudem würden Posten in der Privatwirtschaft besser entlohnt als Spitzenbeamte. Er wünsche sich mehr Aufmerksamkeit für die Verwaltung.

Der U-Ausschuss leide unter einem unklaren Untersuchungsgegenstand, so Peschorn weiter. Ausschüsse seien zudem nicht als Tribunal ausgelegt, sondern dazu da, die politische Verantwortung zu klären und daraus Lehren zu ziehen. Er plädierte an die Abgeordneten für einen fairen Umgang und meinte: „Wer die richtigen Fragen stellt, ist von der richtigen Antwort nicht weit entfernt.“