Plakat bei Demo mit der Schrift „Es reicht!“
APA/Georg Hochmuth
Frauentag

Politik weist auf zahllose Probleme hin

Anlässlich des Internationalen Frauentages am Freitag hat es bereits am Donnerstag zahlreiche politische und NGO-Stimmen in Österreich dazu gegeben. Die Themenpalette ist breit: Von mehr Maßnahmen gegen Femizide über den Ruf nach mehr Kindergartenplätzen bis zu Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung reichen die Anliegen.

Nach mehreren Frauenmorden innerhalb kurzer Zeit will Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) mit einer Informationsoffensive auf Gewaltschutz setzen. Ziel sei es, dass Frauen beim ersten Anzeichen von Gewalt ein Hilfsangebot aufsuchen, sagte sie im APA-Gespräch vor dem Frauentag. Weiter pochen will sie auf das automatische Pensionssplitting, auf das sich die Koalitionsparteien bisher nicht einigen konnten.

Heuer wurden in Österreich bereits sechs Frauen und ein 13-jähriges Mädchen ermordet. Die Frauenministerin zeigte sich überzeugt, dass die Regierung im Gewaltschutz „sehr viel“ getan habe – „das weiß jeder, der in diesem Feld arbeitet“. Sie betonte unter anderem die Verdreifachung des Frauenbudgets und eine 150-prozentige Aufstockung der Frauen- und Mädchenberatungsstellen sowie die Schaffung von Gewaltambulanzen.

Debatte über Pensionssplitting

Trotz eines engmaschigen Gewaltschutzsystems werde es aber wahrscheinlich nicht möglich sein, jeden Fall zu verhindern. Um Frauen dazu zu ermutigen, bei ersten Anzeichen von Gewalt Hilfseinrichtungen aufzusuchen, will die Ministerin in den kommenden Wochen eine Informationsoffensive starten.

Bundesministerin für Frauen, Susanne Raab (ÖVP)
APA/Eva Manhart
Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) bei einem Interview

An der Spitze von Raabs frauenpolitischer Agenda für die heuer endende Legislaturperiode steht weiterhin das im Regierungsprogramm verankerte automatische Pensionssplitting, mit dem sie gegen Altersarmut von Frauen vorgehen will. Die Maßnahme scheiterte bisher am Widerstand der Grünen, die auf ein größeres Paket zur Bekämpfung der Altersarmut von Frauen drängen.

Grüne zählen Erfolge auf

Die grüne Frauensprecherin Meri Disoski betonte unterdessen, dass grüne Frauenpolitik einen Unterschied im Leben von Mädchen und Frauen mache. Schließlich gebe es mehr Geld für Frauenagenden, und der Gewaltschutz genieße nun „höchste Priorität“. Zudem werden die „Milliardeninvestitionen in den österreichweiten Ausbau von Kinderbetreuung“ die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig verbessern, so Disoski.

Ein weiterer „Meilenstein“ sei mit der kostenlosen HPV-Impfung gelungen. Und auch dass Familien- und Sozialleistungen automatisch erhöht werden, sei für Alleinerziehende, die zum Großteil Frauen sind, besonders wichtig. „Andere haben darüber geredet – wir setzen um“, sagte Disoski zur frauenpolitischen Bilanz der grünen Regierungsbeteiligung.

Van der Bellen: „Frauenmorde sind Männerthema“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen nahm den Frauentag zum Anlass, vor allem die Männer in die Pflicht zu nehmen, insbesondere was Gewaltdelikte betrifft. „Frauenmorde sind ein Männerthema“, sagte er in seiner Rede anlässlich der Veranstaltung „Mut. Macht. Veränderung.“ am Dienstag.

Bundespräsident Alexander van der Bellen
APA/AFP/Joe Klamar
Bundespräsident Alexander van der Bellen

Auch auf die Einkommensschere machte Van der Bellen aufmerksam, immer noch bekämen Frauen weniger bezahlt als Männer. „Die Rechte von Frauen, die Sicherheit von Frauen, das sind keine Frauenthemen“, so Van der Bellen. Jede Frau, jedes Mädchen müsse sicher und frei von Gewalt sowie ohne Angst vor Übergriffen und Mord leben können.

SPÖ fordert allgemeine Arbeitszeitverkürzung

Die SPÖ nahm den Frauentag indes zum Anlass, abermals für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung einzutreten. Das würde den Vorteil bringen, dass Vollzeit für alle leichter erreichbar werde, so SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und Parteichef Andreas Babler am Donnerstag in einer Pressekonferenz.

Derzeit arbeiten mehr als die Hälfte der Frauen Teilzeit, da in vielen Regionen Kinderbetreuungsplätze fehlten oder die Öffnungszeiten nicht mit der Kinderbetreuung vereinbar seien. Im ersten Schritt will die SPÖ die 35-Stunden-Woche in Branchen wie der Pflege forcieren, in denen die körperlichen und psychischen Anforderungen enorm seien.
Ein weiterer politischer Hebel in Sachen Gleichstellung wäre für die SPÖ die Anrechnung von Karenzzeiten bei der Pension.

Eva Maria Holzleitner (SPÖ) und SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler
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SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und SPÖ-Chef Andreas Babler bei ihrer Pressekonferenz

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl beklagte indes Rückschritte in der Frauenpolitik. Weder bei der Verteilung der unbezahlten Arbeit noch bei der Kinderbetreuung oder der Einkommensverteilung gebe es Fortschritte. „Wir brauchen dringend eine Frauenpolitik, die diesen Namen verdient“, so Anderl am Montag.

FPÖ will Familie stärken

Die FPÖ verlangte zum Frauentag einen „Asylstopp als Teil einer aktiven Frauenpolitik“. FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker kritisierte allerdings auch die Frauenpolitik der Regierung. Diese habe fast nichts für Frauen getan. Nicht nur vermisste sie Begleitmaßnahmen zur Anhebung des Frauenpensionsalters, die so im Endeffekt niedrigere Pensionen bringen würde.

Sie will auch Maßnahmen, die die Familien stärken. Denn die „Rekordbelastung“ habe zur Folge, dass Frauen ihren Kinderwunsch nicht in die Tat umsetzen könnten. Eine eigene Petition soll hier entsprechenden Druck machen.

NEOS für mehr Frauen in der Politik

NEOS kritisiert die Regierung. „Jedes Jahr hören wir am Weltfrauentag die vollmundigsten Versprechen, doch an deren Umsetzung arbeitet die Bundesregierung an den übrigen 364 Tagen im Jahr nicht“, so NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter. Nach wie vor seien rund 50 Prozent der Frauen in der Teilzeitfalle gefangen, weil etwa flächendeckende Kinderbetreuungsangebote fehlten.

Mit einem Karenz-, Kinderbetreuungs- und Steuersystem, das den Frauen ihre Selbstbestimmung nehme, müsse endlich Schluss sein. Es müssten auch mehr Frauen in die Politik geholt werden. „Frauen gehören an den Verhandlungstisch, nicht an den Küchentisch.“

Frauenring fordert feministische Frauenpolitik

Der Österreichische Frauenring forderte von der nächsten Regierung mehr Initiative in Sachen Gleichstellungspolitik, Einkommensgerechtigkeit, Mitbestimmungsmöglichkeiten für Frauen sowie Rechte für Migrantinnen und Sexarbeiterinnen. Es brauche eine proaktive und feministische Frauenpolitik, „die Frauen stärkt, unterstützt und schützt“, so Vorsitzende Klaudia Frieben bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Warnung vor Frauenarmut

Ähnlich äußerte sich die Bundesjugendvertretung (BJV), die sich erschüttert über das Ausmaß der Gewalt gegen Mädchen und Frauen zeigte. Nötig seien daher Sensibilisierung, Opferschutz und Prävention.

Für die Caritas ist „Gleichstellung nicht nur ein Ziel, sondern der Grundstein für eine gerechte Verteilung von Care-Arbeit, Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt und den Abbau von Frauenarmut sowie Gewalt gegen Frauen“ – mehr dazu in religion.ORF.at. Maßnahmen gegen Altersarmut forderte indes die Volkshilfe, seien doch Frauen über 65 „deutlich stärker“ gefährdet als der Durchschnitt der Bevölkerung bzw. Männer dieses Alters. In dieselbe Kerbe schlugen SPÖ-Pensionistenverband und ÖVP-Seniorenbund.