Wolfgang Peschorn
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„Rot-Blau“-U-Ausschuss

Debatte über Marsalek bei Peschorn-Befragung

Der U-Ausschuss über „roten-blauen Machtmissbrauch“ hat am Mittwoch mit der Befragung des Ex-Innenministers Wolfgang Peschorn begonnen und war inhaltlich dabei vorerst nicht allzu ergiebig. Als größter Streitpunkt kristallisierte sich die Frage heraus, ob die Beziehungen der FPÖ zu Russland und zu dem unter Spionageverdacht stehenden Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek Gegenstand der Befragung sein dürfen.

Nach einer Stehung, also einer Unterbrechung der Sitzung zwecks Geschäftsordnungsdebatte, einigte man sich, dass das von Fall zu Fall zu entscheiden sei. Zentral, so Verfahrensrichterin Christa Edwards, sei, dass ein Konnex zu den Themen Auftragsvergabe, Postenbesetzungen bzw. Medienkooperationen in FPÖ- bzw. SPÖ-geführten Ministerien im Zeitraum 2007–2020 hergestellt werde.

Mit der Befragung des Leiters der Finanzprokuratur, Peschorn, – er war von Juni 2019 bis Anfang Jänner 2020 Innenminister im Kabinett der Übergangsregierung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein – begann der zweite U-Ausschuss. Neben einem übergroßen Kabinett und einem großen Budget für Inserate ging es unter anderem um die von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorangetriebene berittene Polizei und „Pferdeausscheidungen“.

Klaus Fürlinger (ÖVP) und Andreas Hanger (ÖVP)
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ÖVP-Abgeordnete vermuten Verschwendung von Steuermitteln in Kickls Kabinett

Grundlage für die Befragung war ein von Peschorn beauftragter Revisionsbericht, der die Ausgaben und Gehälter in den verschiedenen Kabinetten im Innenministerium unter Kickl und seinen Amtsvorgängern, Wolfgang Sobotka und Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP), verglich. Ein eigener Bericht beschäftigte sich mit Medienkooperationen (Inseratenausgaben, Anm.).

Peschorn: „Öffnungsbilanz“ bei Amtsantritt

Peschorn holte nach eigenen Angaben den Leiter der Innenrevision und beauftragte ihn damit, die Ausgaben der Kabinette im Innenministerium über die letzten fünf Jahre zu untersuchen. Er habe eine „Öffnungsbilanz“ gelegt und sich gleich einen Überblick über die größten Probleme im Ressort verschafft. Bereits kurz nach Amtsantritt im Sommer 2019 als Innenminister stoppte er die Werbeschaltungen des Ministeriums. Dadurch habe sich für die Republik nichts negativ verändert, und man habe Steuergeld eingespart. Zudem habe er bewusst viel per Mail kommuniziert, um transparent zu bleiben.

Wolfgang Peschorn
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Peschorn hob wiederholt die Grundsätze seiner eigenen Amtsführung, darunter Sparsamkeit und Transparenz, hervor

Berittene Polizei und „Pferdeausscheidungen“

Zu den Werbeausgaben, betonte Peschorn auf Nachfrage von Klaus Fürlinger (ÖVP), brauche es ein „Vorhaben“. Es brauche also eine nachvollziehbare Idee, warum und wie viel informiert werden müsse. Katharina Kucharovits (SPÖ) befragte ihn zu einem Prestigeprojekt von Ex-Innenminister Kickl, der berittenen Polizei, einem Projekt, das Peschorn später einstellte.

Die Entscheidung habe er auf Grundlage einer von ihm einberufenen Kommission getroffen. Das habe er auch, aber nicht nur wegen deutlich höherer Kosten (2,3 Mio. statt 600.000 Euro) gemacht, es sei auch um andere Argumente gegangen – und er nannte etwa „Pferdeausscheidungen“, also Fäkalien, auf der Straße. Und schilderte mit erkennbarer Ironie weitere Einwände, etwa das relativ hohe „Stockmaß“ der Pferde im Vergleich zur Größe der Reiter und die relativ weit entfernte Unterbringung derselben in Wr. Neustadt. Wie viel das Projekt nach Verkauf der Pferde unter Strich kostete, konnte Peschorn nicht beantworten.

Christian Hafenecker (FPÖ) und Susanne Fürst (FPÖ)
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Die FPÖ (Hafenecker und Fürst im Bild) wirft der ÖVP vor, mit dem Ausschuss Wahlkampf zu betreiben

FPÖ stellt keine Fragen

Für die FPÖ verzichtete Susanne Fürst auf eine Befragung. Als Grund nannte sie erneut Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Fragestellung des U-Ausschusses. Auch Peschorn hatte zu Beginn Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Untersuchungsgegenstands geäußert, da es ein Mehrheitsbeschluss sei, könne der U-Ausschuss aber gar nicht aufgehoben werden, hatte Peschorn betont.

Zeitaufzeichnungen als Thema

Auf die Frage der Grünen Meri Disoski zur Größe von Kickls Kabinett betonte Peschorn, das Kabinett Kickl habe auch das Staatssekretariat von Karoline Edtstadler (ÖVP) und jenes des Generalsekretärs Peter Goldgruber umfasst. Er selbst habe natürlich so wie seine Mitarbeiter genaue Aufzeichnungen über seine Arbeitszeiten – sprich Überstunden – geführt. Laut Revisionsbericht war das in Kabinetten seiner Amtsvorgänger nicht immer der Fall. Laut Disoski kam der Revisionsbericht zum Schluss, dass der Personalstand in Kickls Kabinett „außergewöhnlich hoch“ war.

Peschorn sagte, es habe durchaus „Netzwerke“ gegeben, das sei an sich etwas Normales. Das größte Thema sei angesichts des Machtumbruchs nach dem Zerfall der ÖVP-FPÖ-Koalition gewesen, „wie sich gewisse Personen aufstellen“. Wie bei der Plattentektonik, so Peschorn, gehe es darum, wer „nach oben und nach unten schwimmt“.

Fand keine Kickl-Mitarbeiter mehr vor

Peschorn betonte, aus dem Kabinett Kickl seien von seinem unmittelbaren Kurzzeitvorgänger Eckart Ratz keine Mitarbeiter übernommen worden, sehr wohl aber aus dem ÖVP-geführten Staatssekretariat. Aus diesem seien Personen ins Kabinett von Ratz übernommen worden. Er fand somit keine Kickl-Mitarbeiter mehr vor.

Nach Peschorn wird derzeit der Leiter der Innenrevision befragt, anschließend folgt der ehemalige Generalsekretär des Innenministeriums unter Kickl, Goldgruber.

Dannhauser (ORF) vom U-Ausschuss

Was vom ersten Ausschusstag zu erwarten ist, darüber spricht Claudia Dannhauser (ORF).

Donnerstag keine Befragungen

Fix ist mittlerweile, dass wegen „Zeugenschwunds“ der zweite Befragungstag am Donnerstag entfällt, da die fünf geladenen FPÖ-Zeugen abgesagt hatten.

Der Paravent übrigens, der beim COFAG-U-Ausschuss für Diskussionen gesorgt hatte, wurde mittlerweile weggestellt. Er hatte den Blick von Medienvertreterinnen und -vertretern auf die Abgeordneten behindert, was für die Einschätzung des Geschehens relevant sein kann.

Eng gesteckter Zeitrahmen

Neben dem 13. und 14. März sind noch der 10. und 11. April sowie der 7. und 8. Mai als Befragungstage, bei denen jeweils maximal vier Auskunftspersonen geladen werden dürfen, vorgesehen. Dazu kommt der 23. Mai als möglicher Reservetag. Die Vorlage des Endberichts ist dann für 1. Juli geplant. Hinter dem eng gesteckten Zeitrahmen des 29. parlamentarischen U-Ausschusses in der Zweiten Republik liegt wie beim COFAG-Ausschuss die spätestens im Herbst anstehende Nationalratswahl: Per Gesetz müssen parlamentarische U-Ausschüsse drei Monate vorher beendet werden.