Mehrere Personen stehen vor dem Grab des verstorbenen russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny
Reuters
Wegen Todes Nawalnys

Neue EU-Sanktionen gegen Russland

Die EU verhängt als Reaktion auf den Tod des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny in einem russischen Straflager Sanktionen. Die Außenminister der Mitgliedsstaaten verständigten sich am Montag bei einem Treffen in Brüssel auf Strafmaßnahmen gegen 30 Personen und Organisationen, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montagabend mitteilte. Sie sollen Diplomaten zufolge vor allem Vertreter des russischen Justizsystems treffen.

Der zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilte Kreml-Kritiker Nawalny war Mitte Februar in einem Straflager in Sibirien gestorben. Die Umstände seines Todes sind bis heute nicht geklärt. Laut Behörden ist der schärfste Kritiker von Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof im Alter von 47 Jahren zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos geblieben.

Deutschland und die anderen 26 EU-Staaten werfen Putin und den russischen Behörden vor, die Schuld am Tod des Politikers zu tragen. Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja geht sogar davon aus, dass ihr Mann im Lager ermordet wurde. Die neuen EU-Strafmaßnahmen sollen mit Hilfe eines Sanktionsinstruments zur Ahndung von schweren Menschenrechtsverstößen verhängt werden.

Betroffene Personen dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgerinnen und -Bürger machen. Außerdem müssen ihre in der EU vorhandenen Konten und andere Vermögenswerte eingefroren werden. Nach Angaben aus EU-Kreisen soll eine zweistellige Zahl von Vertretern des Justizsystems betroffen sein. Ihre Namen sollen den Plänen zufolge nach einem noch notwendigen formalen Sanktionsbeschluss in den kommenden Tagen im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden.

Sanktionen nach Nawalny benennen

Pläne von Borrell sehen zudem vor, das EU-Sanktionsinstrument zur Bestrafung von schweren Menschenrechtsverstößen künftig nach Nawalny umzubenennen. Dieser Schritt soll ein Weg sein, das Andenken an Nawalny aufrechtzuerhalten. Zuletzt hatten die EU-Staaten zum zweiten Jahrestag des Krieges in der Ukraine neue Sanktionen gegen Russland beschlossen.

Die Maßnahmen richteten sich gegen 106 Personen und 88 Einrichtungen, die für Handlungen verantwortlich sind, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen.

Darunter waren auch Personen, die an Waffenlieferungen von Nordkorea an Russland beteiligt sind. Bereits seit Längerem gibt es weitreichende Wirtschaftssanktionen wie Einfuhrverbote für Rohöl, Kohle, Stahl, Gold und Luxusgüter sowie Strafmaßnahmen gegen Banken und Finanzinstitute.

Fünf Mrd. Euro Militärhilfe für Ukraine

In einem weiteren Schritt einigten sich die EU-Außenminister auch auf weitere Militärhilfen für die Ukraine im Umfang von fünf Milliarden Euro. Damit unterstütze die EU die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung im russischen Angriffskrieg, sagte Borrell. Die Mitgliedsländer einigten sich auf eine Reform der Europäischen Friedensfazilität (European Peace Facility, EPF).

Dabei handelt es sich um einen Topf außerhalb des EU-Haushalts, über den sich Mitgliedsländer Waffenlieferungen an die Ukraine teilweise erstatten lassen können. Die fünf Milliarden Euro gelten für den Zeitraum bis 2027, wie Borrell erläuterte. Das ist lediglich ein Viertel der 20 Milliarden Euro, die der Spanier ursprünglich verlangt hatte. Nach dem europäischen Verteilschlüssel hätte das einen Zusatzbeitrag von fünf Milliarden Euro allein für Deutschland als größte Volkswirtschaft bedeutet.

Die Auszahlung der Militärhilfen gestaltet sich ohnehin schwierig. Ungarn blockiert seit Monaten eine Tranche von 500 Millionen Euro. Die ab Donnerstag tagenden Staats- und Regierungschefs wollen die Einigung dennoch auf ihrem Gipfel begrüßen, wie aus dem Entwurf der Gipfelerklärung, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, hervorgeht.

Putin sprach erstmals Nawalny-Tod an

Unterdessen sprach Putin nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl erstmals den Tod von Nawalny an. „Was Herrn Nawalny betrifft, ist er nicht mehr am Leben“, sagte Putin: „Das ist ein trauriges Ereignis.“ „Leider ist nun einmal passiert, was passiert ist. Aber es passiert, dagegen kann man nichts tun, so ist das Leben“, hieß es nun von Putin lapidar.

Zugleich erklärte der russische Präsident, ihm sei noch wenige Tage vor Nawalnys Tod gesagt worden, dass es die Idee gebe, den Regimekritiker gegen im Westen inhaftierte Personen auszutauschen. Er, Putin, habe einem solchen Austausch zugestimmt. Und er habe gesagt, Nawalny solle niemals mehr nach Russland zurückkehren.

Nawalny war 2021 in Russland zu jahrzehntelanger Haft verurteilt worden. Ende vergangenen Jahres wurde er in ein sibirisches Straflager verlegt. Vertraute des Kreml-Kritikers hatten bereits Ende Februar gesagt, es habe die Idee gegeben, Nawalny gegen den in Deutschland einsitzenden „Tiergartenmörder“ Wadim Krassikow auszutauschen. Auch zwei US-Staatsangehörige hätten Teil des Austauschs sein sollen.