Péter Magyar hält Rede während Protest
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Ungarn

Tausende bei neuen Protesten gegen Orban

In Ungarn sind Dienstagabend Tausende dem spontanen Aufruf von Peter Magyar zu neuen Protesten gegen die Regierung des rechtspopulistischen Premiers Viktor Orban gefolgt. Der Oppositionelle hatte am Vormittag eine Tonaufnahme mit schweren Vorwürfen gegen die Regierung und die Generalstaatsanwaltschaft veröffentlicht und zu Protesten aufgerufen.

Einige tausend Menschen versammelten sich zunächst vor dem Gebäude der Generalstaatsanwaltschaft in Budapest, später wuchs die Menge deutlich an, als sie in Richtung Parlament zog. Anlass des jüngsten Protests war die Veröffentlichung einer Tonaufnahme durch Magyar Dienstagfrüh, die angeblich eine Verwicklung der Regierung in einen Korruptionsfall beweist.

„Wir werden nicht zulassen, dass der größte politische und juristische Skandal der letzten dreißig Jahre vertuscht wird“, rief Magyar den Demonstrierenden zu und forderte auch den Rücktritt von Generalstaatsanwalt Peter Polt.

Demonstranten in Budapest, im Hintergrund das Parlament
AP/Denes Erdos
Tausende Menschen versammelten sich in Budapest nach Magyars spontanem Demoaufruf

Unterhaltung über Korruptionsfall

Stunden vor dem Protest hatte Magyar via Facebook eine zweiminütige Aufnahme veröffentlicht, in der sich zwei Personen über die Ermittlungen in einem Korruptionsfall unterhalten, in den Vargas ehemaliger Stellvertreter verwickelt sein soll. Magyar zufolge handelt es sich um ein Gespräch vom Jänner 2023 zwischen ihm und seiner Ex-Frau Judit Varga, aus dem hervorgehe, dass die Untersuchung manipuliert worden sei.

Varga war zu dieser Zeit Justizministerin und Politikerin von Orbans Partei FIDESZ. Varga, zu diesem Zeitpunkt FIDESZ-Spitzenkandidatin für die Europawahl, war im Februar im Zusammenhang mit einem Skandal um die Begnadigung eines in Kindesmissbrauch verwickelten Mannes zurückgetreten. Sie zog sich aus der Politik zurück.

Magyar erhebt Vorwürfe gegen Regierung

Der ungarische Oppositionspolitiker Peter Magyar hat am Dienstag auf Facebook eine Tonaufnahme veröffentlicht, die Mitglieder der Regierung von Viktor Orban kompromittieren soll. Auf der vom Jänner 2023 stammenden Aufnahme sind Magyar und die damalige Justizministerin Judit Varga, zu diesem Zeitpunkt seine Ehefrau, zu hören.

Ermittlungsakten manipuliert?

Varga vertraut Magyar in dem von ihm veröffentlichtem Gesprächsmitschnitt an, dass Orbans Kabinettsminister bei der Staatsanwaltschaft Ermittlungsakten eines Korruptionsfalls habe manipulieren lassen. Der Minister und seine Vertrauten hätten ihre Namen aus den Protokollen streichen lassen, so Varga in dem Mitschnitt.

Die Regierung reagierte nicht auf die Veröffentlichung des Gesprächsmitschnitts, dessen Echtheit nicht überprüft werden konnte. Ein „Ehestreit“ habe „nichts mit dem öffentlichen Leben zu tun“, sagte Orbans Stabschef Gergely Gulyas lediglich.

Magyar: „Oligarchie“ in Ungarn

Bei einer Demonstration vergangene Woche hatte sich Magyar bereits deutlich gegen die EU-feindliche Politik Orbans gestellt. In Ungarn herrsche eine „Oligarchie“, die das Land ruiniere, sagte Magyar. Ungarn müsse sich wieder seinen westlichen Verbündeten annähern, im Land müssten Staatsanwaltschaften und Medien wieder unabhängig von der Politik werden. Magyar sprach sich zudem für den Beitritt Ungarns zur Europäischen Staatsanwaltschaft aus – gegen die Orban sich sperrt.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Median zufolge könnte Magyar bei einer Wahl mittlerweile auf neun Prozent der Stimmen hoffen – was eine von ihm angeführte Partei zur stärksten Kraft der zersplitterten ungarischen Opposition machen würde.