Auskunftsperson im COFAG Untersuchungsausschuss
ORF/Lukas Krummholz
Ex-Finanzprüferin

„Bei mir als Plebs wurde nie interveniert“

Nach dem Ex-Sektionschef im Finanzministerium, Eduard Müller, ist am Donnerstag eine frühere hochrangige Finanzprüferin im COFAG-U-Ausschuss zur bevorzugten Behandlung von Reichen durch die Steuerbehörde befragt worden. Sie gab wichtige Einblicke vor allem zur Causa Siegfried Wolf und machte klar: Bei ihr habe es persönlich nie eine Intervention gegeben – Nachsatz: Man habe sie gekannt, so die resolute, mittlerweile pensionierte Finanzbeamtin, die daran erinnerte, dass sie von Ex-Generalsekretär Thomas Schmid in Chats als „Plebs“ und „Bandenmitglied“ bezeichnet worden sei.

Bei ihr habe es nie eine Intervention gegeben, schon gar nicht vom Ex-Generalsekretär Schmid, der enge Verbindungen zur ÖVP und der Führungsriege rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz hatte. Immerhin sei sie für Schmid ein „Bandenmitglied“, das sich gegen den Steuernachlass für den Investor Wolf gestemmt habe, und lediglich „plebs“ – wobei die Befragte ergänzte, für sie sei das ja gar keine Beleidigung, sie sei Volk wie jeder andere auch. Auch Müller habe nicht angerufen bei ihr, er habe sie ja gekannt, so die Befragte verschmitzt nachsetzend.

Wie sie sich interne Interventionen zudem vom Leib hielt, verriet sie auch: Sie habe immer darauf bestanden, dass eine Weisung „schriftlich im Dienstweg“ geschehe – und eine solche habe es dann nicht gegeben. Von Interventionen zeigte sie sich generell unbeeindruckt. Bei Kolleginnen und Kollegen habe es immer wieder die Sorge vor solchen gegeben. Ihnen habe sie stets gesagt: „Sachverhalte sammeln und feststellen, was soll uns dann passieren?“

Nur ein Mail jemals an Minister – in Causa Wolf

Das Hauptthema war ein Steuerrabatt für Wolf. Sie betonte, nur einmal im Leben direkt einen Finanzminister kontaktiert zu haben – das sei in der Causa Wolf gewesen. An den damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling appellierte sie in einem Mail, der Großbetriebsprüfung den „rechtsrichtigen und geordneten Abschluss“ zu ermöglichen.

Es habe immer wieder Versuche vonseiten Wolfs gegeben, die Sache hinauszuzögern. Die Großbetriebsprüfung könne aufgrund des verfassungsgemäßen Legalitätsprinzips gar nichts anderes tun, und alles andere würde zu Amtsmissbrauch führen, warnte sie darin Schelling. Sie beendete das Schreiben mit dem Verweis, Österreich sei „noch“ ein Rechtsstaat, und Betroffene könnten Rechtsmittel ergreifen.

Auskunftsperson im COFAG Untersuchungsausschuss
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Als Vertrauensperson nahm die Ex-Finanzbeamtin einen Verwandten mit

Halbe Stunde später folgte Anruf

Nur eine halbe Stunde später habe ihr Vorstand angerufen und sie gefragt, was sie nun wieder gemacht habe, erinnerte sich die Auskunftsperson. Bei der Schlussbesprechung des Steuerakts Wolf, die mehrfach verschoben wurde, sei sie letztlich nicht dabei gewesen. Zunächst habe es geheißen, sie müsse dabei sein, dann habe ihr Vorgesetzter ihr zwei Tage vorher gesagt, sie solle sich doch einen Gleitzeittag nehmen.

Das habe sie dann auch gemacht, und sie betonte, sie hätte wohl bei der Besprechung nicht den angemessenen Ton getroffen, und außerdem habe sie Wolf nicht persönlich treffen wollen. Die Causa Wolf, das betonte sie bei der Befragung, ärgere sie bis heute.

ÖVP-Fraktionsleiter zur Befragung Eduard Müllers

Durch das Fernbleiben Rene Benkos ist FMA-Chef Eduard Müller am Donnerstag im Zentrum der Aufmerksamkeit im COFAG-U-Ausschuss gestanden. Zu den Entwicklungen nahm der Leiter der ÖVP-Fraktion im Ausschuss, Andreas Hanger, in der ZIB2 Stellung.

„Angebot, das ich nicht ablehnen konnte“

Sie sei wegen ihrer Vorgehensweise in der Causa Wolf „nicht sehr beliebt gewesen“, so die Auskunftsperson. Dass sie als Teil einer „Bande“ im Ministerium gesehen worden sei, habe sie erst aus den Medien erfahren. Berichten zufolge hat auch der frühere Generalsekretär Schmid die Auskunftsperson einmal so bezeichnet.

Nur wenige Monate vor ihrer Pensionierung sei sie von der Großsteuerprüfung abgezogen worden. Die Auskunftsperson wurde Fachexpertin mit Spezialgebiet Stiftungen und Umgründungen im Finanzministerium. Die Rede ist von einem Angebot, das man nicht habe ablehnen können. Sie sei außerdem der vielen „internen Streitereien“ in Steuercausen müde gewesen sei. Die Auseinandersetzung mit den Steuerpflichtigen und deren Beratern sah sie dagegen als nicht problematisch.

Michaela Schmidt (SPÖ)
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SPÖ-Abgeordnete Michaela Schmidt wies auf politischen Einfluss bei Nachfolge hin

Nachfolge politische Besetzung

Hinter der Berufung gestanden sei der vor ihr befragte Ex-Sektionchef Eduard Müller. Müller habe den Posten als einen der wichtigsten in Österreich bezeichnet. Wie im Vorfeld des Ausschusstages berichtet, argumentierte Müller die Neubesetzung damit, verhindern zu wollen, dass es nach der Neuwahl zu einer politischen Besetzung komme.

Zu ihrem Nachfolger Roland Macho meinte die Ex-Fachvorständin, sie glaube nicht, dass das eine politische Besetzung gewesen sein. Auf den Hinweis der SPÖ-Abgeordneten Michaela Schmidt, dass dieser noch im November 2017, wenige Monate nach dem Angebot für den Wechsel ins Finanzministerium einen Termin bei Schelling gehabt habe, zeigte sich die Befragte völlig überrascht. Das habe sie nicht gewusst. Schmid schrieb in einem Chat, dieser sei ein „Super-Kandidat“ – und er wurde es schließlich auch.

Signa schon seit 2020 im Visier der Aufsicht

Nach dem Nichterscheinen des Ex-Immobilienmagnaten Rene Benko ist am Donnerstag der ehemalige Sektionschef im Finanzministerium, Eduard Müller, im Zentrum der Befragungen des COFAG-U-Ausschusses gestanden.

Weisung: „Was soll das sonst sein?“

Er entschied dann laut der Grünen-Abgeordneten Nina Tomaselli auch in einer anderen Causa – jener um den Verkauf eines Hauses an den Wiener Tuchlauben und den internen Streit über die Besteuerung des Gewinns. Ein Mail von Macho dazu qualifizierte die Ex-Finanzbeamtin eindeutig als Weisung, auch wenn sie aufgrund mangelnder Informationen zum Inhalt selbst nichts sagen wollte. Die ÖVP bohrte mehrmals nach und stellte in Zweifel, dass es sich formell um eine Weisung handle, woran die Befragte aber klar festhielt. „Was soll das sonst sein?“, so ihre Gegenfrage. Schließlich beschränkte sich ÖVP-Abgeordneter Klaus Fürlinger darauf, festzustellen, die Befragte habe keine Begünstigung festgestellt – eine Darstellung, die prompt bei anderen Fraktionen, die das irreführend fanden, für Widerspruch sorgte.

Generell wies sie auf die knappen Ressourcen hin. Bei der Großprüfung habe es zu ihrer Zeit 450 Prüferinnen und Prüfer gegeben – für 18.000 Fälle. Von einem Bericht zu einem auf Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) initiierten Projekt zur Prüfung Reicher und ihrer Stiftungen, habe sie „dunkel“ gehört, diesen aber nie zu Gesicht bekommen. SPÖ-Abgeordnete Schmidt monierte, den habe offenbar niemand zu lesen bekommen. Darin, so Schmidt, seien konkrete Vorschläge enthalten, wie die Steuerprüfung gerade von Wohlhabenden effizienter und schlagkräftiger gemacht werden könne. Denn die Stichprobe – die 30 reichsten Österreicherinnen und Österreicher – habe ergeben, dass 70 Prozent von deren Stiftungen noch nie geprüft worden seien.

Zum Abschluss gab es Dank und Lob aller Fraktionen für die Auskunftsperson – für ihre Offenheit und ihr trotz Pensionierung weiter ausgeprägtes Berufsethos.