Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in der ehemaligen Rennwegkaserne auf dem Rennweg in Wien
ORF/Carina Kainz
Spionageaffäre

Zwei Geheimlaptops bei Ott gefunden

Zum Fall des festgenommenen Ex-Verfassungsschützers Egisto Ott kommen täglich neue Details ans Tageslicht. Bei Hausdurchsuchungen an Otts Kärntner und Wiener Adressen wurde brisantes Beweismaterial sichergestellt. Es handelt sich um zwei SINA-Laptops, also um speziell gesicherte, vom Geheimdienst verwendete Geräte, auf denen sich womöglich hochsensible Daten befinden.

Am Hauptwohnsitz des ehemaligen Mitarbeiters des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Kärntner Paternion wurde Ende März ein SINA-Laptop in einem Regal im Arbeitsraum gefunden, in seiner Wohnung in Wien-Leopoldstadt war ein Gerät in einer Küchensockelleiste versteckt. Dieser Laptop war – wie aus einem Anlassbericht der AG Fama hervorgeht, der der APA vorliegt – noch originalverpackt.

Was Ott mit diesen Geräten, die kriminaltechnisch untersucht werden, vorhatte und wie er in ihren Besitz gelangt war, ist unklar. Ott soll mittlerweile gestanden haben, er wisse von insgesamt fünf SINA-Laptops, wobei sich einer „im Ausland, aber nicht in Russland“ befinde. Einen hätte „einer seiner Mitarbeiter“, einen weiteren „ein Journalist in Österreich“.

Hochsicherheitslaptops bei Ott sichergestellt

Bei Hausdurchsuchungen, die Ende März beim Spionageverdächtigen und Ex-BVT-Mitarbeiter Egisto Ott durchgeführt worden sind, ist APA-Angaben zufolge brisantes Beweismaterial sichergestellt worden. Es wurden zwei SINA-Laptops gefunden, auf denen sich womöglich hochsensible Daten befinden. SINA steht für Sichere Inter-Netzwerk Architektur, mit der die Übertragung und Verarbeitung von schützenswerten Informationen in unsicheren Netzen möglich ist.

Laptop an Moskau verkauft

Bisher war bekannt, dass Ott verdächtigt wird, einen SINA-Laptop dem russischen Geheimdienst verkauft zu haben. Das Gerät soll im November 2022 in Wien mit falschen Pässen ausgestatteten Männern übergeben und über Istanbul nach Moskau zum Sitz des FSB gebracht worden sein. Darauf dürften sich der Geheimhaltung unterliegende Daten eines EU-Staates befunden haben.

Den Deal soll Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, der mittlerweile für den FSB tätig sein soll, eingefädelt haben. Für den Laptop sollen 20.000 Euro bezahlt worden sein. Das ergibt sich aus Chats, die Marsalek mit einem inzwischen in London inhaftierten bulgarischen Geschäftsmann führte, der eine mehrköpfige, für Russland operierende Spionagezelle angeführt haben soll.

Im Iran gelandet?

In den Chats ist die Rede davon, dass man „one of the laptops“ in Wien abholen solle, also „einen der Laptops“ – im Plural. Dem „Standard“ und „ORF-Report“ zufolge waren Marsalek und der bulgarische Komplize besorgt, dass besagter Laptop mit einem Tracker ausgestattet sein könnte. „Der Iran wird ein glücklicher Käufer sein“, schrieb Marsalek außerdem in einem Chat laut „Report“.

SINA steht für Sichere Inter-Netzwerk Architektur, mit der die Übertragung und Verarbeitung von schützenswerten Informationen in unsicheren Netzen möglich ist. Die Verschlüsselungstechnologie wird noch von der BVT-Nachfolgebehörde Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) verwendet.

Dass der SINA-Laptop an den Iran gegangen sein könnte, hält der Geheimdienstexperte Thomas Riegler im Ö1-Mittagsjournal für „nicht unrealistisch, denn der Iran beliefert Russland im Ukraine-Krieg mit Drohnen. Und es hat sich so eine Art informelle Allianz zwischen autokratischen Regimen herausgebildet, weil ja der Iran einer der Staaten ist, die Russland offen unterstützen, aber auch Nordkorea zum Beispiel und in weiterer Hinsicht China. Das kontert die westliche Unterstützung für die Ukraine.“

Unterlagen und Datenträger beschlagnahmt

Neben dem SINA-Laptop wurden an Otts Kärntner Adresse auch nachrichtendienstliche Unterlagen und Datenträger dienstlicher Herkunft beschlagnahmt. Ott war nicht bereit, die Zugangsdaten zu sichergestellten elektronischen Geräten bekanntzugeben, er soll sich wiederholt abfällig über die gegen ihn ermittelnden Beamten geäußert haben. Für Ott gilt die Unschuldsvermutung.

Ott steht im Verdacht, gemeinsam mit seinem ehemaligen Vorgesetzten beim BVT, dem einstigen Spionageabwehr-Abteilungsleiter Martin Weiss, für Russland systematisch nach „Zielpersonen“ gefahndet zu haben, über deren Verbleib der russische Geheimdienst gern Bescheid gewusst hätte. Einer von diesen war ein abtrünniger FSB-Agent, dem Ott 2017 nachspitzelte.

Dabei soll er vom FSB ihm übermittelte Fingerabdrücke abgefragt sowie Passagierlisten von Fluglinien und Gästelisten von Hotels durchforstet haben, um dessen Aufenthaltsort herauszubekommen. Gegenüber einem BVT-Chefinspektor soll er in wahrheitswidriger Weise vorgegeben haben, „verdeckte Ermittlungen im Zusammenhang mit geplanten extremistischen/terroristischen Störaktionen zu einer großen internationalen Konferenz“ zu führen.

Peilsender unter Pkw angebracht

Ende Dezember 2023 wurde außerdem am Pkw des Ex-FSB-Agenten ein Peilsender gefunden, als dessen Ehefrau in einer Werkstätte einen Reifen- und Ölwechsel durchführen lassen wollte. Es handelte sich um einen professionellen GPS-Tracker, ein autonomes Satellitengerät zur Onlineüberwachung von Land-, See- und Luftobjekten.

Ähnliches war zuvor bereits einem anderen, in Russland in Ungnade gefallenen Mann widerfahren, den Ott ebenfalls 2017 ausgekundschaftet haben soll. Dessen Fahrer hatte kurze Zeit danach ebenfalls einen an einem Fahrzeug angebrachten Peilsender entdeckt, worauf der offenbar von Russland Gesuchte „um sein Leben und die Sicherheit seiner Familie fürchtete“, wie der Ermittlungsakt festhält.

Neue Details zu Suspendierung Otts 2017

Unterdessen gibt es auch neue Details zur 2017 erfolgten und 2018 wieder aufgehobenen Suspendierung Otts. Diese sei unter anderem ausgesprochen worden, weil er der Geheimhaltung unterliegende E-Mails von seiner dienstlichen auf seine private Mailadresse versendet und damit „auch als nachrichtendienstliche Quelle für Staatsgeheimnisse fungiert“ haben soll. Außerdem habe Ott „offensichtlich dienstliches Schriftmaterial“ in seinem Besitz gehabt, das in keinem Zusammenhang mit seiner damaligen dienstlichen Tätigkeit gestanden sei.

Allerdings begründete die Disziplinarkommission im damals ÖVP-geführten Innenministerium die Suspendierung damals nicht ausreichend, wie das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss kam. So ergebe sich aus dem gesamten Akt nicht, welchen anderen Nachrichtendienst Ott verständigt haben solle. Darüber hinaus seien auch nicht – wie von der Judikatur gefordert – die Zeitpunkte oder Zeiträume der Begehung der Ott angelasteten Dienstpflichtverletzungen angeführt worden.

Im Innenministerium begründete man die mangelnde Konkretisierung der Tatzeiträume damit, dass die Informationen dazu von einem ausländischen Nachrichtendienst stammten und die nötige Zustimmung zu einer weiteren Verwertung nicht vorgelegen wären. Daher habe man für die Suspendierung nur jene Infos heranziehen können, die damals vorlagen. Gleichzeitig sieht man darin einen Beleg dafür, dass den „Behörden zeitgemäße Ermittlungsbefugnisse im Bereich Messengerdienste fehlen“.