Roboterhund mit Flammenwerfer, vermarktet als „Thermonator“
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Wien

Konferenz will Regeln für „Killerroboter“

Die Bemühungen um einen internationalen Dialog zur Beschränkung von autonomen Waffensystemen (AWS), auch „Killerroboter“ genannt, nehmen in Wien einen neuen Anlauf. Eine Konferenz in der Wiener Hofburgsoll nun Bewegung in die Thematik bringen. ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg eröffnete die Konferenz am Montag mit mahnenden Worten.

„Die Technologie entwickelt sich mit rasender Geschwindigkeit, die Politik ist hintennach“, sagte er zu Beginn der Veranstaltung in der Hofburg. Es gebe ein „kleines Fenster“ zum Handeln, sagte Schallenberg weiter. „Wir dürfen den Moment nicht verstreichen lassen“, so Schallenberg. Autonome Waffensysteme würden bald auf den Schlachtfeldern eingesetzt werden. Daraus entstünden zahlreiche ethische und rechtliche Fragestellungen.

Am wichtigsten sei, dass die Entscheidung über Leben und Tod bei Menschen und nicht bei Maschinen liege. „Jetzt ist die Zeit, um mit internationalen Regeln menschliche Kontrolle sicherzustellen“, sagte Schallenberg weiter. Bei den aktuellen militärischen Konflikten sei es schwierig, einen Schritt zurückzutreten. Genau dafür, für einen „strategischen Blick“, sei aber die Wiener Konferenz da.

MQ-9 Reaper
Reuters/U.S. Air Force/Senior Airman Cory D. Payne
Eine ferngesteuerte Drohne der Bauart MQ-9 Reaper – Drohnen könnten bald auch von KIs gesteuert werden, so die Befürchtung

Was die Konferenz erreichen will

Zu der Konferenz wurden Vertreterinnen und Vertreter von rund 130 Staaten erwartet, um die unterschiedlichen Positionen zu diskutieren und über eine Regulierung nachzudenken. Die Anmeldungen zu der Konferenz mit dem Titel „Humanity at the Crossroads: Autonomous Weapons Systems and the Challenge of Regulation“ kämen auch aus Zivilgesellschaft, Industrie und Wissenschaft. Man wolle bei der Konferenz zentrale Punkte für ein mögliches Regelwerk ansprechen, Input sammeln und Dynamik erzeugen, hieß es Mitte April im Vorfeld des hochrangigen Treffens aus Diplomatenkreisen.

Seit zehn Jahren werde zu diesem Thema diskutiert. Letztlich sei man aber wegen der Geopolitik nicht weitergekommen. Der Schritt von Diskussionen zu konkreten Verhandlungen sei bisher nicht gelungen.Im Idealfall gelänge nun in Wien der Übergang hin zu Verhandlungen, hieß es weiter.

Waffensystem entscheidet selbstständig

Autonome Waffensysteme sind in der Lage, durch künstliche Intelligenz (KI) selbstständig, also ohne menschliches Zutun, zu operieren. Sie entscheiden auf Grundlage von Daten bzw. ihrer Programmierung über Leben und Tod. Es handelt sich dabei nicht um eine eigene Waffengattung, AWS könnten vielfältig eingesetzt werden.

Manche Länder unterscheiden zwischen teil- und vollautonomen Waffen. Bei teilautonomen Waffen geben Menschen noch den Handlungsrahmen vor. Solche sind bereits im Einsatz, etwa Drohnen, die Ziele automatisch identifizieren.

Zahlreiche ethische Probleme

Laut Diplomatenkreisen ist die Entwicklung schon weit fortgeschritten, autonome Waffensysteme würden sicherlich kommen. Daher sei es wichtig, Richtlinien zu entwickeln, die Letztentscheidung müsse immer beim Mensch liegen, hieß es weiter.

Switchblade 600 auf einer Waffenausstellung in Villepinte
AP/Michel Euler
Eine Switchblade 600 auf einer Waffenausstellung im französischen Villepinte 2022 – auch sie wird noch von einem Menschen gesteuert

Viele Auswirkungen des Einsatzes solcher Waffen könne man nicht vorhersagen, manche wohl auch nicht kontrollieren bzw. stoppen. Dadurch entstünden rechtliche wie ethische Fragen, so Insider. Aktuell sei ein Wettrennen zu befürchten, wer AWS zuerst einsetzen könne.

Erfolglose Verhandlungen in Genf

Große Spannungen zwischen militärischen Großmächten behindern die Bemühungen um Regulierung. In Genf laufen bei der Abrüstungskonferenz seit Jahren bisher erfolglose Verhandlungen über einen rechtlichen Rahmen für tödliche autonome Waffen (LAWS – lethal autonomous weapons). Waffenproduzierende Länder verhindern Einschränkungen, hieß es.

Österreich ist schon seit Längerem an der Einschränkung von AWS interessiert. So engagiert man sich in einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen (UNO). 2022 gab es ein öffentliches Statement und 2023 dann einen Beschluss der UNO-Generalversammlung. Darin wurde die Dringlichkeit der Thematik unterstrichen. 164 Staaten unterstützten die Resolution. Passiert ist seither aber wenig, auch weil manche Staaten wenig Interesse an einer Regulierung haben.

Nein-Stimmen seien aus Russland, Indien, Syrien und Belarus gekommen, hieß es aus Diplomatenkreisen. Besonders Russland verlangsame den Prozess, hieß es weiter. Bei der Konferenz will sich Gastgeber Österreich nun um einen Konsens bemühen.

Hofburg
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Der Tagungsort, die Wiener Hofburg

Guterres hofft auf baldige Regulierung

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres wünscht sich eine erste Regelung bis 2026. Dringend nötig sei ein internationaler Vertrag, der klare Schranken setzt, „um die Menschheit zu schützen“, hatten Guterres und die Chefin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, bereits im Herbst in einer gemeinsamen Erklärung gefordert.

Autonome Waffensysteme, deren Funktionsweise nicht vorhersehbar ist, müssten verboten werden, forderten Guterres und Spoljaric weiters. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass autonome Waffen durch Algorithmen des maschinellen Lernens gesteuert werden. Guterres und Spoljaric nannten das „eine unberechenbare Software, die sich selbst schreibt“. Weiters schrieben die beiden, dass Menschen von Maschinen automatisch ins Visier genommen werden, müsse eine moralische Linie bleiben, „die wir nicht überschreiten dürfen“.

Hürden für Konflikte könnten gesenkt werden

Das IKRK definiert autonome Waffensysteme als solche, die ohne menschliches Handeln Ziele auswählen und angreifen können. Solche Waffen würfen „ernste humanitäre, rechtliche, ethische und sicherheitspolitische Fragen auf“, wie Guterres und Spoljaric weiter schrieben.

Sie könnten Instabilität fördern und internationale Spannungen schüren. Weil sie den Eindruck erweckten, sie bedeuteten weniger Risiken für Zivilisten und Militärpersonal, könnten sie Hürden für den Eintritt in Konflikte senken, so die Besorgnis.

Jody Williams
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Die Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams im Sommer 2022 bei einer Veranstaltung in Krakau in Polen

„Stop Killer Robots“ mit Nobelpreisträgerin

Am Sonntag fand im Palais Wertheim in Wien eine Veranstaltung der Kampagne „Stop Killer Robots“ unter dem Titel „Action at the Crossroads“ also „Aktion am Scheideweg“ statt. Die Veranstalter und Veranstalterinnen wollten einen Austausch zwischen Politikern, Politikerinnen und der Zivilgesellschaft zu dem Thema. „Regierungschefs müssen dringend handeln, um eine digitale Entmenschlichung und das Töten durch Autonome Waffensysteme zu verhindern“, so eine Forderung.

Zu den Sprechern und Sprecherinnen zählten neben Vertretern bekannter internationaler Organisationen auch hochrangige Vertreter des Österreichischen Roten Kreuzes sowie Mitglieder des Nationalrates, hieß es in einer Aussendung vom Mittwoch. Prominenteste Teilnehmerin war Menschenrechtsaktivistin Jody Williams. Sie erhielt 1997 den Friedensnobelpreis als Leiterin und Sprecherin gemeinsam mit ihrer Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL).