Eindrücke vom BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
BVT-Ausschuss

Eine Frage der Sensibilität

Am Mittwoch ist der BVT-Untersuchungsausschuss ganz im Zeichen von Akteuren der Justiz gestanden. Der oberste Justizbeamte Christian Pilnacek und die Leiterin der Ermittlungsbehörde in der Causa BVT, Ilse Vrabl-Sanda, waren sich in einem Punkt einig: „An diesem Fall ist wenig üblich.“ Beide Zeugen aus dem Justizressort äußerten auch Kritik an den Ermittlern.

Während aber die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Vrabl-Sanda, die Arbeit ihrer Behörde erwartbar entschieden verteidigte, bewertete Pilnacek die Vorgangsweise zwar als insgesamt „vertretbar“, äußerte aber doch auch Unmut über die Staatsanwälte. „Ich hätte es für angemessen empfunden, dass die Kontaktaufnahme auf der gleichen Hierarchieebene stattfindet.“

Pilnacek betonte, sich eine Einhaltung des Dienstwegs erwartet zu haben. Der oberste Justizbeamte beschrieb damit einen Umstand, der ihn schon einmal zu einer weit schärferen Wortwahl veranlasst hatte. So bezeichnete es Pilnacek bei einer Dienstbesprechung im Justizministerium im März als „Skandal“, dass sein Pendant im Innenministerium, Peter Goldgruber, im Jänner direkt mit der Staatsanwältin Kontakt aufgenommen hatte, mit ihm aber nicht.

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Staatsanwalt Jirovsky prüfte die Vorgangsweise der WKStA und wünschte sich von ebendieser ein „sensibleres Vorgehen“

„Etwas absolut Unübliches“

Auch der dritte Zeuge des Tages stieß ins selbe Horn: Als Leiter der zuständigen Abteilung im Justizministerium nahm Staatsanwalt Robert Jirovsky eine Prüfung der Vorgangsweise der WKStA vor. Dass der ranghöchste Beamte des Innenministeriums persönlich in der WKStA erscheine, sei ihm auffällig erschienen. „Wenn der ranghöchste Beamte persönlich kommt, ist das etwas für mich absolut Unübliches.“ Er sei selbst Staatsanwalt gewesen und kenne solche Vorgänge. Er hätte sich gewünscht, die WKStA wäre „ein bisschen sensibler“ damit umgegangen.

Auch die umstrittene Razzia war vielfach Thema: Erneut äußerte Pilnacek Kritik am mangelnden Informationsfluss. So konnte er auch vor dem Ausschuss nicht verstehen, dass es die Staatsanwaltschaft nicht für wert befunden hatte, ihn im Vorhinein über die umstrittene Razzia beim BVT zu informieren. Er habe davon erst mit dem Bericht der WKStA am Tag danach erfahren.

„Einholung von Rat kann nicht schaden“

Zwar räumte er ein, dass die Staatsanwaltschaft nicht zur Berichterstattung vor einzelnen Ermittlungsschritten verpflichtet sei. Doch: „Einholung von Rat kann nicht schaden“, bemerkte Pilnacek. Es zähle „zur Philosophie dieser Staatsanwaltschaft, das Ministerium nicht zu informieren“, so Pilnacek. Mittlerweile gebe es eine Weisung an die WKStA, bei Zwangsmaßnahmen künftig Bericht zu erstatten.

BVT-Ausschuss: Fragen an die Justiz

Wer hat die Razzia im BVT geplant – war es die Staatsanwaltschaft oder das Innenministerium in Person von Generalsekretär Peter Goldgruber? Auf diese Frage mussten drei Vertreter der Justiz antworten.

Die Frage, ob er statt der Hausdurchsuchung den Weg der Amtshilfe empfohlen hätte, um an die gewünschten Unterlagen zu kommen, wollte Pilnacek zwar nicht direkt beantworten, weil es sich um eine „Was-wäre-wenn-Frage“ handle. Mehrmals, auch in der Frage nach etwaigen Ermittlungsfehlern, verwies er aber auf das Oberlandesgericht Wien, das die Razzia inzwischen größtenteils für unzulässig erklärt hat.

Pilnacek: „Wurde nicht informiert“

Pilnacek kritisiert in der ZIB2 die Kommunikation mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Jirovsky verfasste im März eine Bewertung der umstrittenen Vorgänge. In Bezug auf den Vorwurf der Weitergabe nordkoreanischer Passrohlinge an Südkorea hätte man ihm zufolge auf Amtshilfe setzen sollen, im Zusammenhang mit dem Verdacht des Datenmissbrauchs im BVT sei es aber „zumindest vertretbar“ gewesen, zum Mittel der Hausdurchsuchung zu greifen.

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„Ermittlungsdruck“ als „Unwort des Jahres“

Ganz anders die Sicht der WKStA: Behördenleiterin Vrabl-Sanda konnte gegenüber den Abgeordneten im Ausschuss eine Instrumentalisierung durch das Innenministerium, wie sie die Opposition vermutet, nicht erkennen. Das Wort „Ermittlungsdruck“ sei in ihrer Behörde mittlerweile das Unwort des Jahres. Am Tatverdacht habe zu keiner Zeit Zweifel bestanden, auch das Oberlandesgericht Wien habe diesen bestätigt, führte Vrabl-Sanda an.

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Die WKStA-Leiterin warb im Ausschuss für ihre Behörde

Für die Razzia habe man sich entschieden, weil die Gefahr der Selbstbelastung des beschuldigten BVT-Chefs Peter Gridling bestanden habe. Auch verwies sie auf die Notwendigkeit, private Dokumente sicherzustellen, was im Rahmen der Amtshilfe schwierig gewesen wäre. Generell stellte sie sich hinter die leitende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer. Doch gestand sie ein, vieles für ungewöhnlich zu halten – etwa dass Kabinette Zeugen zur Verfügung stellen.

Schilderungen des Zeugen glaubhaft

Auch der Verdacht auf „Fernlöschung“ von Daten, Grund für die Dringlichkeit der Hausdurchsuchung, war im Zuge der Befragungen mehrfach Thema: „Diese Fernlöschung muss man auch entmystifizieren“, sagte Vrabl-Sanda – sie müsse sich auf die „IT-Experten in der WKStA verlassen“. Und diese hätten die Schilderungen des Zeugen als glaubhaft bezeichnet.

Zudem rätselhaft bleibt, wieso Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in einer schriftlichen Anfragebeantwortung behauptete, dass die Staatsanwaltschaft vorzeitig darüber informiert war, dass die Zeugen schon vor ihrer Einvernahme vom Ministerkabinett befragt wurden. Vrabl-Sanda bestritt das wie bisher sämtliche Auskunftspersonen aus ihrer Staatsanwaltschaft.