30. Oktober 1918: Österreich fast Republik

Gestern vor hundert Jahren nahm Österreich den entscheidenden Schritt Richtung Republik. Am 30. Oktober 1918 traf sich die provisorische österreichische Nationalversammlung zum zweiten Mal in diesem Herbst im niederösterreichischen Landhaus. Es sollte ein Tag weitreichender Beschlüsse sein, ja eigentlich einer, bei dem die Republik in provisorischem Rahmen beinahe das Licht der Welt erblicken hätte können.

Gewählt wurde der 20-köpfige Staatsrat als Vollzugsorgan der Provisorischen Nationalversammlung, und mit dem Kabinett Karl Renner I wurde erstmals eine Regierung ohne Einbindung des Kaisers ernannt.

Zeitzeugenstimmen vom 31. Oktober 1918

„Das Land steht vor schwerster Gefahr. Nach mehr als vier Jahren härtester Entbehrungen droht uns das Schlimmste, die Hungersnot.“ („Grazer Mittagszeitung“, 31.10.1918)

Zwei Kabinette parallel

Oberste Gewalt im neuen Staat war nun die Nationalversammlung, Deutschösterreich eigentlich ein originärer Staat. Allein, das Kabinett des Kaisers arbeitete immer noch – und auf den Straßen Wiens sorgten rückkehrende Soldaten für weite Verunsicherung.

„Die zurückströmenden Truppen überschwemmen ein Land, das selbst nichts hat“, notierte der Staatssekretär für Ernährungsfragen, Johann Loewenfeld-Russ, einigermaßen verzagt. In knapp zwei Wochen würde sich aber das Schicksal des neuen Staates entschieden haben.

Eine Chronologie des Herbstes 1918

Die Tage im Oktober und November 1918 besiegelten auf beschleunigte Weise das Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie, das sich freilich seit den Unruhen im Jänner 1918 abzeichnete. Die Nationalitäten des Vielvölkerstaates strebten, gerade auch auf der Grundlage des von US-Präsident Woodrow Wilson im Jänner 1918 proklamierten Selbstbestimmungsrechts der Völker, auseinander.

ORF.at berichtet in diesen Wochen mit einem historischen Kalendarium über die wichtigsten Etappen der Auflösung der Monarchie bis zur Ausrufung der Republik am 12. November 1918: