Peter Sidlo
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Abberufung nötig?

Gutachten erhöht Druck in Causa Casinos

Ein Gutachten erhöht den Druck in der Causa Casinos: Der Innsbrucker Experte Thomas Müller kommt zum Schluss, dass der FPÖ-Mann Peter Sidlo aus dem Casinos-Vorstand abberufen werden muss. Sidlo meldete sich am Freitag selbst zu Wort – und der Rechnungshof will nun zumindest eine grundsätzliche Prüfung einleiten.

Im Zentrum der Causa steht der Verdacht, für die Wahl des FPÖ-Mannes Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria habe es politische Zugeständnisse der Regierung an den Miteigentümer Novomatic gegeben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) prüft demnach den Verdacht, ob der Novomatic im Gegenzug für ihre Stimme für Sidlo im Aufsichtsrat eine Glücksspiellizenz in Aussicht gestellt wurde. Auslöser war eine anonyme Anzeige, in der dieser Verdacht sehr detailreich geäußert wurde. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Zuletzt wurde bekannt, dass nach Hausdurchsuchungen bei FPÖ-Vertretern auch prominente ÖVP-Vertreter ins Visier der Ermittler gerieten, unter ihnen Ex-Finanzminister Hartwig Löger sowie Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner und sein Vize, Ex-Finanzminister Josef Pröll. Der umfangreiche Hausdurchsuchungsbefehl mit zahlreichen Details wurde an die Öffentlichkeit gespielt. Löger kündigte am selben Tag an, nicht mehr als Finanzminister zur Verfügung zu stehen, bestritt aber zugleich jeden diesbezüglichen Zusammenhang mit der Causa Casinos.

Experte: Abberufung Sidlos nötig

Unabhängig vom Ausgang der Ermittlungen wächst aber der Druck auf Sidlo. Die rechtliche Expertise, die der größte Aktionär der Casinos Austria, die tschechische Sazka-Gruppe, beim Innsbrucker Professor Thomas Müller in Auftrag gab, kommt zum Ergebnis, dass der Finanzminister als Glücksspielaufsicht entsprechende Schritte setzen müsste. Sazka hatte sich bei der Wahl Sidlos der Stimme enthalten.

„Aus glücksspielrechtlicher Sicht ist festzuhalten, dass die Behörde (der Bundesminister für Finanzen) Aufsichtsmaßnahmen gem § 31b Abs 9 GSpG setzen müsste. Diesbezüglich stehen der Aufsichtsbehörde (Bundesminister für Finanzen) wirksame Instrumente zur Verfügung, die letztlich auf eine (erzwungene) Abbestellung hinauslaufen. Sollte die Aufsichtsbehörde keine Maßnahmen ergreifen, würde sie gegen objektiv-rechtliche Pflichten verstoßen“, heißt es in dem Gutachten, das der APA vorliegt.

Die Umstände, die darauf schließen ließen, „dass die (…) Zuverlässigkeit dieser Person nicht gegeben ist, sind aber derart offensichtlich, dass eine sofortige bescheidmäßige Untersagung der Geschäftsführung durch Mag. Sidlo erfolgen müsste“, so Müller. Und zwar unabhängig von den Ermittlungen der WKStA. Laut Müller erfüllt Sidlo schlicht die vom Gesetz vorgesehenen Mindesterfordernisse nicht. Der tschechische Teilhaber Sazka hatte das Gutachten laut „Presse“ am Mittwoch in der Casinos-Aufsichtsratssitzung vorgelegt.

Sidlo hat andere Erklärung

Sidlo, der derzeit beurlaubt ist, wehrte sich unterdessen am Freitag – und bietet eine andere Erklärung für die Ereignisse. Der im Hausdurchsuchungsbefehl zitierte WhatsApp-Chat mit Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus sei verkürzt dargestellt und von den Ermittlern falsch interpretiert worden. „In Wahrheit ist es um etwas ganz anderes gegangen“, bestritt er den Vorwurf, es gehe dabei um einen „Deal“ zur Postenbesetzung im Unternehmen.

Für Sidlo hat die Passage, welche die Ermittler zum Anlass für die Hausdurchsuchung genommen haben sollen, nichts mit seiner Bestellung zu tun. Vielmehr sei es um einen Investmentdeal gegangen, der aber nie durchgeführt worden sei, sagte er.

Sidlo ist nicht der erste Beschuldigte, der eine andere Erklärung als die Staatsanwaltschaft hat, worum es bei dem „Deal“ gegangen sein soll. Im „Kurier“ (Freitag-Ausgabe) tauchte rund um den „Hintergrunddeal mit den Blauen“, den Ex-Finanzminister Löger Anfang 2019 gegenüber Casinos-Aufsichtsratschef Rothensteiner angesprochen haben soll, die Erklärung auf, dass es sich um das Thema Sportwetten gehandelt habe. Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte demnach als Sportminister zusätzlich zur Sportförderung Geld aus den Onlinesportwetten gefordert und auch bei Novomatic angeklopft.

Gudenus „erschüttert“ über Medienberichte

Auch Gudenus meldete sich zu Wort und kündigte an, gegen die Berichterstattung in der Causa Casinos gerichtlich vorzugehen. In einer Stellungnahme gegenüber der APA zeigte er sich „erschüttert“ über seiner Meinung nach „verzerrende“ Berichte über WhatsApp-Chatverläufe. Er lässt demnach nun seine medienrechtlichen Möglichkeiten prüfen und will gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.

RH schaltet sich ein

Die Personalaffäre um die Casinos Austria ruft unterdessen nun auch den Rechnungshof auf den Plan. Präsidentin Margit Kraker bedauerte am Freitag, dass eine direkte Prüfung der Casinos nicht möglich sei. Der RH darf nur Unternehmen mit 50 Prozent und mehr im Staatsbesitz prüfen. „Was der Rechnungshof jedoch tun kann, tut er. Darum werden wir in einem ersten Schritt eine Prüfung einleiten, die sich grundsätzlich mit der Entsendung von Aufsichtsräten durch den Bund beschäftigt.“

Jurist: Frage der Eignung zweitrangig

Für den Korruptionsexperten Georg Krakow ist in der Causa klar: „Ein Geschäft in der Form ‚Versprechen von Lizenzvorteilen gegen Zuwendungen und Vorstandsposten anderseits‘ geht natürlich nicht. Da wäre dann nach Korruptionsstrafrecht vorzugehen“, sagte der Ex-Staatsanwalt und nunmehrige Anwalt und Vorstand von Transparency Österreich im Ö1-Morgenjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Betroffen wären all jene Personen, die zwei Kriterien erfüllen: Erstens müssten sie von diesem Austauschverhältnis „Zuwendungen gegen Lizenzvorteile und Posten gegen Lizenzvorteile“ gewusst haben. Zweitens müssten sie in irgendeiner Form dazu beigetragen haben, dass dieser Deal umgesetzt wird. „Sind beide Voraussetzungen erfüllt, dann ist es nicht notwendig, dass eine Person auch selbst Vorteile, also Geld, bekommen hat.“

Hofer bestreitet Mitwisserschaft

Unterdessen bestritt auch FPÖ-Chef Norbert Hofer, dass er als ehemaliger Regierungskoordinator seiner Partei von der Postenbesetzung bei den Casinos Austria etwas gewusst hat. „Das ist nicht über meinen Tisch gegangen im Rahmen der Koordinierung“, sagte er: „Ich habe es erst aus den Medien erfahren, welche Position wie besetzt ist.“