Schiefer selbst schilderte seine Rolle in seinem Eingangsstatement mehr von beratender Natur: „Es gab keinerlei verschwörungstheoretischen Hintergrund.“ SPÖ und NEOS sahen seine Rolle im Vorfeld differenzierter, nämlich als Koordinator auf technischer Ebene. Schiefer soll den früheren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Hofer darüber informiert haben, dass die Bestellung des damaligen FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo in den CASAG-Vorstand wackelt.
Von der Bewerbung Sidlos bei der CASAG habe er zufällig erfahren, so Schiefer, dabei habe er sich gewundert, dass der Posten nicht ausgeschrieben war. Die Information über die Bewerbung habe er weitergegeben, eine „Zusatzleistung“, die niemanden interessiert habe. Er habe Sidlo dann beraten, etwa dass ein Personalberater bei der Bestellung involviert ist.
Er habe nie jemanden von der Novomatic getroffen, so Schiefer, er kenne weder Novomatic-Chef Harald Neumann noch Gründer Johann Graf. Dass Sidlo nicht „durchgehe“, wie von ihm verbreitet, habe er gehört. Eine mögliche „Zusage“ Sidlos an die FPÖ, wie von Strache kommuniziert, könne er nicht bewerten. Er kenne auch CASAG-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner nicht, dass dieser gegen Sidlo sei, sei kein Geheimnis. Er sei selbst skeptisch gewesen, dass Sidlo den Job bekomme.
Langes Wirken bei ÖBB und für FPÖ
Schiefer war bereits in der ersten Koalition von ÖVP und FPÖ bei den ÖBB tätig und unter anderem Projektleiter für den Hauptbahnhof in Wien und Aufsichtsrat in der ASFINAG sowie Aufsichtsratschef der ÖBB, wie er in seiner Stellungnahme zu Beginn der Sitzung ausführte. Er war auch in der Hypo-Abbaubank Heta und im Infrastrukturministerium tätig und mit der Reform der ÖBB befasst. Er wurde laut seinen Aussagen um Rat vorwiegend in den Bereichen Infrastruktur und Verkehr sowie beim Budget gefragt. „Manchmal wurde auf mich gehört, manchmal nicht“, so Schiefer.
2:1-Quote als „Gentlemen’s Agreement“
Schiefer führte auch die von Hofer dargelegte Personalquote 2:1 in den Aufsichtsräten unter der ÖVP-FPÖ-Koalition weiter aus. Die Intention sei gewesen, damit den Proporz 50:50 von früheren SPÖ-ÖVP-Regierungen zu stoppen, der „historisch“ gesehen zu Diskussionen und Blockaden geführt habe.
Es sollte durch das „Gentlemen’s Agreement“ einen Informationsfluss zwischen den Regierungsparteien geben und auch Kontrolle, aber eben keinen Proporz. Bei Bestellungen sei immer auch „die andere Hemisphäre“ gefragt worden. Früher seien Jobs nach Belieben verteilt worden, mittlerweile gebe es das Stellenbesetzungsgesetz – „Gott sei Dank“.
Er finde die „Umfärberei-Diskussion“ auch in Ministerien grundsätzlich „scheinheilig“, gute Spitzenbeamte etwa seien „sehr schwer“ zu kriegen und aufgrund des Gehaltsniveaus auch schwer zu halten. Es könne sich auch kein Unternehmen leisten, unqualifizierte Menschen für den Vorstand zu engagieren. Den Abgang von Brigitte Ederer als Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB erklärte Schiefer damit, dass Ederer bei der Präsidentschaftswahl im Personenkomitee gegen Hofer war.
Ärger über „zögerliche“ ÖVP
Die Quote 2:1 sei aber nicht überall umgesetzt worden, es habe mehrere Fälle gegeben, wo nie ein Freiheitlicher gefragt wurde. Die ÖVP war ein wenig „zögerlicher“, so Schiefer. Darüber habe sich der ehemalige FPÖ-Chef Strache entsprechend auch in SMS aufgeregt. Es sei auch nicht leicht gewesen, Personen für ein FPÖ-Ticket zu finden, da es in diesen Fällen immer „mediale Begleitmusik“ gegeben habe, beschwerte sich Schiefer mehrfach.
In Personalentscheidungen will er grundsätzlich nicht stark eingebunden gewesen sein. Personen namhaft zu machen sei nicht kriminell, sondern entspreche dem Gesetz. „Headhunter“ will Schiefer aber keiner sein. „Man muss Leute finden, die Bewegung reinbringen, wenn man’s braucht“, so Schiefer.
Für Aufregung zwischen Schiefer und vor allem dem Abgeordneten David Stögmüller (Grüne) sorgten Fragen nach möglichen FPÖ-Postenbesetzungen in der ÖBB. Schiefer fand, dass die Fragen Schlagseite haben, es sei alles sachgemäß abgelaufen und die Personen seien geeignet gewesen – er forderte, dass Stögmüller auch nach anderen Besetzungen fragt. Als Stögmüller nach einer Burschenschaft fragte, wurde Schiefer, selbst Burschenschafter, emotional: Es würden Menschen aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit „herausgezogen“. Es folgte eine Pause zum Abkühlen und Durchatmen.
Deeskalation mit Schmid
Sein Treffen mit ÖBAG-Chef Thomas Schmid erklärte er mit dem Versuch einer Deeskalation, da Strache verärgert gewesen sei, weil die ÖVP mit ihren Besetzungen nicht nachgezogen habe. Schmid sei seine Ansprechperson im Finanzministerium gewesen, beide allerdings nicht aufgrund einer politischen Position.
Er sei mit der Bestellung Schmids zum ÖBAG-Vorstand nicht befasst gewesen, so Schiefer weiter, durchaus aber mit der Entscheidung über einen Alleinvorstand für die ÖBAG. Es sei im Zuge der Gesetzwerdung debattiert worden, zwei Vorstände einzusetzen, man habe aber die mediale „Begleitmusik“ gefürchtet, die der ÖBAG hätte schaden können. Dass es einen Gegendeal zur Besetzung Schmids gegeben habe, sei erwartbar, er kenne ihn aber nicht. Dass er mit der Vorbereitung des Gesetzes befasst war, erklärte Schiefer damit, dass die Politik „oft sehr wenig Zeit“ habe.
„Unverständnis“ und „Ahnungslosigkeit“ bei Strache
Zu STRABAG-Chef Hans Peter Haselsteiner habe er persönlich immer ein gutes Verhältnis gehabt. Schiefer ortete ein „gewisses Unverständnis“ und „Ahnungslosigkeit“ bei Strache – „ohne ihm nähertreten zu wollen“ –, wie Aufträge in staatsnahen Unternehmen vergeben werden. Eine Einflussnahme sei „nicht einmal theoretisch möglich“, so Schiefer unter Bezug auf entsprechende Äußerungen Straches im „Ibiza-Video“.
Dass er in so vielen SMS von Strache vorkomme, erklärte Schiefer damit, dass dieser Hunderte SMS am Tag geschrieben habe, zu verschiedenen Tageszeiten – es sei schwierig gewesen, von Strache keine SMS zu bekommen. „Wir haben auch nicht immer alles ernst genommen“, nicht alles sei immer ein klarer Auftrag gewesen. Er kenne Strache seit Jahrzehnten, auch den jetzigen FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kenne er schon lange, versuchte Schiefer seinen Einfluss zu erklären. Er selber lösche seine SMS regelmäßig.
Schiefer kam ohne Vertrauensperson vor den Ausschuss. Er ist in keinem Verfahren als Verdächtiger oder Beschuldigter geführt. Er sagte, er wolle nach bestem Wissen Auskunft erteilen, um zur „Erhellung“ beizutragen. Nach der Aufregung über den Vorsitzwechsel vergangene Woche startete Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Sitzung, über Mittag übernahm die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), schließlich führte Andreas Hanger (ÖVP) den Ausschuss bis zum Ende.
Sigma-Chef Braun kommt an einem anderen Tag
Ebenfalls geladen war Sigma-Chef Markus Braun, der mit der Schwester von Sidlo verheiratet ist. Braun ist in FPÖ-nahen Vereinen aktiv, die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zuge der „Ibiza-Affäre“ untersucht werden, etwa als Vorstand bei Austria in Motion. Auch Sidlo war an FPÖ-nahen Vereinen mit Braun beteiligt.
Der ehemalige FPÖ-Klubchef Johann Gudenus soll für den Verein Austria in Motion um Gelder geworben haben. Braun ist auch Kassier beim Institut für Sicherheitspolitik (ISP). Novomatic zahlte 240.000 Euro an den Verein. Die WKStA geht der Frage nach, ob das Geld als Gegenleistung für den Wunsch nach Glücksspiellizenzen gezahlt wurde. Einmal mehr wurde die Zeit zu knapp, Braun kam nicht mehr.