Pilanecek betonte mehrfach, dass es in seiner Befragung rein um seine Wahrnehmung und nicht um seine Interpretationen gehe, er wolle auch andere Behörden nicht bewerten. Von deutlichen Animositäten war dann der Austausch mit Krisper gezeichnet, der er schon in seiner einleitenden Stellungnahme eine gezielte Kampagne gegen seine Person vorwarf. Er sehe eine schwere Verletzung seiner persönlichen Ehre, so Pilnacek, etwa durch die Veröffentlichung einer Anzeige gegen ihn.
Krisper wollte unter anderem wissen, woher Pilnacek den nunmehrigen ÖBAG-Chef Thomas Schmid kenne. Pilnacek gab ab, dass er Schmid aus seiner Zeit als Generalsekretär im Justizministerium kenne, da sei Schmid sein Gegenüber im Finanzministerium gewesen. Krisper legte Nachrichten zwischen Pilnacek und Schmid vor, in denen Schmid etwa Pilnacek zu einem „irre guten“ Auftritt in der ZIB2 gratuliert hatte. Pilnacek hatte sich bedankt mit den Worten, dass ihm das viel bedeute.
„Handle stets nach Gesetz“
Daraufhin wurde Pilnacek das erste Mal emotional: „Ja, ist mir bekannt. Ist ja durch die Medien rauf und runter gespielt worden. So geht man ja um mit persönlichen E-Mails.“ Im Laufe der Befragung wurden sowohl Krisper als auch Pilnacek vom Vorsitzenden Andreas Hanger sowie vom Verfahrensanwalt und vom Verfahrensrichter um Mäßigung – Pilnacek etwa warf Krisper vor, ins Mikrofon zu nuscheln – sowie um Fragen ohne Unterstellung ersucht.
Mit Fragen rund um E-Mails, die an Pilnacek in blinder Kopie mitgesendet wurden – etwa vom Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, reizte Krisper Pilnacek dann einmal mehr. Ob er das von Fuchs gefordert hatte, wollte Pilnacek beantworten, sah aber die Unterstellung des Amtsmissbrauchs, was sie auch monatlich in parlamentarischen Anfragen tue. Er handle „stets nach Gesetz“, sagte Pilnacek.
In seiner Stellungnahme zu Beginn der Befragung erklärte Pilnacek, dass er „ausschließlich Diener des Staates“ sei. Er sei kein Parteimitglied und nicht Mitglied eines Vereins oder Burschenschaft und habe seine Karriere allein seiner Leistung, Mitarbeitern und Vorgesetzten zu verdanken. Auch sei seine Macht eingeschränkt, weil er etwa keine Hausdurchsuchungen anordnen könne.
Von „Ibiza-Video“ zufällig erfahren
Pilnacek wurde auch zum Fund und der weiteren Behandlung des „Ibiza-Videos“ durch die „Soko Ibiza“ und die Staatsanwaltschaft Wien befragt. Er selber habe am 25. Mai vom Fund erfahren, eher beiläufig, im Zuge einer Debatte mit der Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luisa Nittel, über ein ungewolltes Mediengespräch.
Er sei selbst verwundert, dass die SoKo den Fund des Videos nicht auch der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gemeldet hatte, er hätte sich das gewünscht und habe auch entsprechend nachgefragt. Er verstehe auch, dass die WKStA unzufrieden war, sprach Pilnacek Unstimmigkeiten zwischen den beiden Behörden an, für deren Beilegung 2019 ein eigener Ausschuss eingerichtet wurde. Das Video habe er selbst nicht gesehen.
Pilnacek weist Vorwürfe zurück
Am Mittwoch wurde Christian Pilnacek, Chef der Strafrechtssektion im Justizministerium, im „Ibiza“-U-Ausschuss befragt. Er beteuerte dabei, stets vorschriftsgemäß gehandelt zu haben.
Die vollständige Beschaffung des Videos habe er mit dem damaligen ÖVP-Justizminister Josef Moser nach dem ersten Bekanntwerden des „Ibiza“-Videos besprochen. Moser habe sich mündlich per Telefon mit ihm besprochen, wie weiter vorgegangen werden solle, so Pilnacek. Die Entscheidung über die Einrichtung der „SoKo Ibiza“ sei im Innenministerium gefallen, er sei auch zufrieden, dass die SoKo derart gut ausgestattet sei. Dass sowohl die Staatsanwaltschaft Wien als auch die WKStA parallel tätig seien, sei durch die Strafprozessordnung begründet und „gar nicht schlecht“.
Tiefer Riss zwischen Behörden
Die Behörden misstrauen einander seit Beginn der Ermittlungen. Die WKStA vermutete etwa im Zuge der „Schredderaffäre“, dass Beamte der SoKo befangen seien und parteipolitisch agieren. Die SoKo, die im Bundeskriminalamt eingesetzt wurde, fühlte sich angegriffen. Laut Pilnacek wollte die WKStA nicht, dass Polizisten mit Nähe zu jeglicher Partei tätig werden. Der damalige Justizminister und Vizekanzler Clemens Jabloner habe diesbezüglich zu einer Besprechung gebeten.
Jabloner war der Meinung, dass die reine Parteizugehörigkeit keinen Anschein der Befangenheit begründe, und eine entsprechende Weisung ausgesprochen und an die WKStA übermittelt. Angesprochen auf die Meinung der WKStA sagte Pilnacek: "Die WKStA wollte, dass die betroffenen SoKo-Mitglieder ausgetauscht werden.“ Er habe eine andere Meinung.
Leaks nicht zu verhindern
Thema waren auch Leaks aus dem Ministerium, also das Rausspielen von Dokumenten und Akten. Dazu sagte Pilnacek, es werde immer wieder darüber diskutiert, und es gebe auch immer wieder Verfahren und auch mögliche Lösungsansätze – etwa die vollständige Digitalisierung samt Rückverfolgbarkeit, wer auf Dokumente zugreift –, derartige Leaks könne man aber nicht komplett verhindern.
Rothensteiner wollte sein Handy zurück
Gefragt nach dem Gespräch mit CASAG-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner, wo dieser ihn über den Ablauf eines Verfahrens gegen ihn befragte, auch dazu, wann er seine Geräte, darunter sein Handy, zurückbekomme, erklärte Pilnacek, das sei im Rahmen seiner Aufgabe erfolgt, auch Beschwerden und Klagen über die Staatsanwaltschaft zu behandeln. Rothensteiner habe sich beschwert, dass sein Handy zweimal abgenommen worden sei, einmal als Zeuge, und beim zweiten Mal dann lange nicht zurückerstattet worden sei.
Er kenne Rothensteiner aus dem rechtspolitischen Ausschuss in der Industriellenvereinigung, wo er, Pilnacek, dreimal vorgetragen habe. Dass Rothensteiners Handy so lange untersucht wurde, erklärte Pilnacek damit, dass eine große Zahl an Datenträgern auszuwerten sei und man nicht unbeschränkt Zugriff auf IT-Experten habe.