Thomas Drozda (SPÖ) beim „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Drozda im „Ibiza“-Ausschuss

Berührungspunkte mit dem „Ibiza“-Video

Der Ibiza-U-Ausschuss hat sich am Mittwoch mit Postenbesetzungen beschäftigt, zwei Auskunftspersonen waren dazu geladen. Zum Abschluss wurde aber ein Parlamentarier befragt: Der ehemalige Minister und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda hat sich ja mit dem mutmaßlichen Drahtzieher des „Ibiza“-Videos getroffen. Entsprechend legte er seine Berührungspunkte mit dem Wiener Anwalt dar – insbesondere die ÖVP fragte redundant.

Und weil die ÖVP auch gleich die Rolle von Ex-Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern hinterfragen will, soll auch ebendieser geladen werden. Immerhin habe sich Drozda auf Kerns Auftrag hin mit dem Wiener Anwalt getroffen und dann sei immerhin der Parteianwalt damit befasst worden, argumentierte die ÖVP auch letztlich Drozdas Ladung. In den Akten würden viele Personen vorkommen, die der SPÖ nahestünden, sagte Fraktionsführer Wolfgang Gerstl, der schon im Vorfeld der Befragung erklärte, Drozda gleich noch einmal laden zu wollen.

Doch bevor es so weit ist, stand Drozda fürs Erste an diesem Befragungstag Rede und Antwort. Er startete mit einem Gegenangriff auf die ÖVP: Die Behauptung, dass er, Drozda, schon 2017 vom „Ibiza-Video“ gewusst habe, sei „schlicht falsch“. Dazu passe auch, dass das Protokoll seiner Einvernahme beim Bundeskriminalamt am 12. Oktober an die Öffentlichkeit gelangt sei.

Thomas Drozda (SPÖ) beim „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Drozda bei der Ankunft vor der Befragung

Drozda schilderte in der Folge seine Wahrnehmungen zum Video-Offert: Auf Vermittlung von einem der SPÖ nahestehenden Werber via Ex-Kanzler Kern sei es am 12. April 2018 zu einem Gespräch mit dem Wiener Anwalt M. gekommen. Kern habe ihm den Auftrag erteilt zu sondieren, was sich hinter dem angeblich für die FPÖ belastenden Material verberge. Bei dem etwa halbstündigen Termin mit dem Anwalt habe er eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben müssen, aber keine genaue Auskunft zum Inhalt des Videos bekommen.

„Sache für einen Anwalt, nicht für einen Politiker“

M. habe angegeben, er könne zehn Stunden Videomaterial beschaffen über Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und andere, und habe ihm nur unscharfe Fotos gezeigt. Auf einem sei eine Tasche mit Geld in einem Auto gewesen.

„Vermutlich sollten diese Bilder ein überzeugendes Bild für verbotene Parteienfinanzierung der FPÖ bieten“, so Drozda. Er sei aber skeptisch gewesen: „Für mich war klar, das ist eine Sache für einen Anwalt, nicht für einen Politiker“, so Drozda.

Nach dem Gespräch mit Anwalt M. habe er, Drozda, Kern davon berichtet, die SPÖ habe den Parteianwalt Michael Pilz mandatiert. Der hätte das Material beurteilen sollen, natürlich habe man ein gewisses politisches Interesse gehabt. In der Folge sei es zum Treffen zwischen dem mutmaßlichen Drahtzieher und Parteianwalt Pilz gekommen – diesem sei ein kurzer Ausschnitt gezeigt worden. Und auch sei dem Parteianwalt ein Preis für das Video genannt worden, der später auch in Zusammenhang mit Drozda medial kolportiert wurde: sechs Millionen Euro.

Christian Stocker (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Christian Stocker fragte für die ÖVP

Klare Absage übermittelt

Danach sei festgestanden, dass ein Erwerb nicht infrage komme, so Drozda. Man habe damals überlegt, ob die SPÖ Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten soll – der Parteianwalt habe aber dringend davon abgeraten. Danach sei Pilz beauftragt worden, eine klare Absage an M. zu senden, zudem habe man ihm klar empfohlen, er solle das bei der Justiz anzeigen. Am 9. Mai 2018 sei das Schreiben abgeschickt worden. Tenor: Die SPÖ habe kein Interesse, das Material anzuschauen oder anzukaufen. Damit sei die Sache für die Partei erledigt gewesen, so Drozda.

„Alles seltsam und halbseiden gefunden“

Christian Stocker fragte für die ÖVP detailliert die Berührungspunkte Drozdas mit dem Anwalt ab – er legte dem SPÖ-Mandatar eine Aussage von Johannes Vetter (er war 2017 SPÖ-Wahlkampfleiter) vor, wonach hochrangigen SPÖ-Vertretern vom Video nichts gesagt worden sei. Stocker erkundigte sich nach den Fotos, die der Anwalt Drozda gezeigt habe. Eben jene besagten Fotos von der Tasche mit Geld. Drozda sagte, er sei davon „nicht nachhaltig beeindruckt“ gewesen. Solche Bilder seien auf Google einfach zu finden.

Darüber hinaus wollte Stocker von Drozda eine Erklärung dafür, wieso er in diesem Fall einen Anwalt eingeschaltet habe. Weil er das nicht beurteilen habe können, so Drozda, „das ist eine Sache für einen Juristen, nicht für einen Ökonomen oder einen Politiker“. Vielleicht hätten die Fotos Parteienfinanzierung belegten sollen, wiederholte Drozda – er habe das „alles seltsam und halbseiden gefunden“. Was der Parteianwalt von dem Video gesehen habe, konnte Drozda auf Nachfrage nicht sagen.

David Stögmüller (Grüne) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Stögmüller fragte für die Grünen

„Nicht opportun, das an große Glocke zu hängen“

Als das „Ibiza-Video“ via „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ publik wurde, habe er Pilz angerufen, und der habe ihm bestätigt, dass es sich um den angetragenen Inhalt gehandelt habe. Grünen-Mandatar David Stögmüller wollte von Drozda wissen, ob er noch mit jemandem über das Video gesprochen habe. Nur mit den Genannten, so Drozda, denn: „es erschien nicht opportun, das an die große Glocke zu hängen.“

Man habe „alles in einem sehr kleinen Kreis belassen“, so Drozda auf Nachfrage von FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker. Nur der Rechtsanwalt, Kern und er hätten davon gewusst.

„Wussten Sie, dass Anwalt M. mit Vetter (dem SPÖ-Wahlkampfleiter 2017) befreundet war?“, fragte wiederum ÖVP-Mandatar Stocker. Drozda wusste „von einer allfälligen Freundschaft“ aber nichts, wie er sagte. Auch wollte die ÖVP den Grund für die Ablehnung des Videoangebots wissen. Die Werthaltigkeit sein kein Thema gewesen, so Drozda, das Material sei „nicht unter vertretbaren Umständen zustandegekommen“, gab er an.

Wieso dann doch Anzeige erstattet?

Auch tauchte die Frage auf, wieso 2018 eine Anzeige erstattet worden sei. Man sei der Empfehlung des Anwalts gefolgt, wonach es keine Rechtspflicht gebe und man ohne Kenntnis der Inhalte des Videos keine Anzeige erstatten solle, so Drozda. M. habe man das aber schon empfohlen. Stocker legte Drozda in der Folge eine Anzeige vor, von der SPÖ erstattet – unter Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher.

Drozda gab an, die Sachverhaltsdarstellung nicht gekannt zu haben – er konnte dazu nichts sagen. Die ÖVP hielt das für wenig plausibel – dass Drozda als damaliger Bundesgeschäftsführer davon nichts gewusst habe, sei schwer vorstellbar. Damals, nach Bekanntwerden der Videoauszüge, habe man mehr gewusst, so Drozda sinngemäß, „das war etwas anderes als 2018, als wir keine objektivierbaren Anhaltspunkte hatten“.

Auch ÖBIB-Nominierungskomitee Thema

Neben dem Video-Thema wurde auch Drozdas Funktion im Nominierungskomitee der ÖBIB besprochen, die später zur Staatsholding ÖBAG umgebaut wurde. Verfahrensrichter Ronald Rohrer fragte, ob es dort Interventionen gegeben habe. Drozda schilderte zwei Termine mit der damaligen Chefin der Staatsholding, Martha Oberndorfer. In seiner ÖBIB-Zeit (2016 bis 2017) habe es keine Veränderungen im Aufsichtsrat gegeben, es habe in seiner Zeit keine einzige Sitzung des Nominierungskomitees gegeben.

Auch NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper fragte zu diesem Thema. Die Nominierungen für 2018 seien in seiner Zeit im Nominierungskomitee kein Thema gewesen, gab Drozda an. Später sei das Nominierungskomitee dann abgeschafft worden. Dass in der Folge alle Fäden für Besetzungen beim späteren (und nunmehrigen) ÖBAG-Chef Thomas Schmid zusammengelaufen seien, wie Krisper sinngemäß ausführte, bestätigte Drozda.