Regierungsklausur in Wien
APA/Roland Schlager
Klausur beendet

Projekt für Langzeitarbeitslose geplant

Nach der Ankündigung am Montag, die Investitionsprämie von drei auf fünf Milliarden Euro zu erhöhen, hat die ÖVP-Grünen-Regierung am Dienstag weitere Schritte zur Bewältigung der ökonomischen Folgen der Coronavirus-Krise vorgestellt. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher kündigte das Projekt „Sprungbrett“ für Langzeitarbeitslose an. Details sollen in den kommenden Wochen folgen.

Seit Montag befand sich die Regierung in Klausur, am Dienstag wurden die Ergebnisse vom „Comebackteam“ bestehend aus Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Vekehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) und eben Arbeitsminister Kocher präsentiert. Vieles war bereits aus der ersten Pressekonferenz vom Vortag bekannt: Die Prämie für Investitionen wird von drei auf fünf Milliarden erhöht. Damit wolle man nicht nur den Standort stärken, sondern auch weitere Stellen schaffen. Dafür stelle man die Rahmenbedingungen, so das Team.

Die zweite Klausur seit Beginn der Pandemie widmete sich dem ausgerufenen „Comebackplan“ zur wirtschaftlichen Bewältigung der Coronavirus-Krise. Als Ziel wurde formuliert, binnen eines Jahres eine halbe Million Menschen wieder in reguläre Beschäftigung zu bringen. Mit Stand Mitte April waren 436.350 Personen arbeitslos oder befanden sich in Schulung. Hinzu kommen mehr als 480.000 Menschen, die in Kurzarbeit tätig sind. Zum Vergleich: Mitte April 2020, im ersten harten Coronavirus-Lockdown, waren 588.200 Menschen ohne Arbeit (Arbeitslose und Schulungen).

Pressekonferenz nach Regierungsklausur in Wien
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Das „Comebackteam“ ist für die Planung der Maßnahmen zuständig

„Sprungbrett“ für Langzeitarbeitslose

Das Geld für das „Comeback“, das freilich auch die Öffnungen nach den Lockdowns betrifft, soll zum Teil aus staatlichen Geldern und zum Teil aus dem EU-Wiederaufbaufonds (Recovery and Resilience Facility, RRF) kommen. Die Bundesregierung rechnet mit 3,5 Milliarden Euro aus Brüssel. Es komme auf die wirtschaftliche Lage des Landes an, so Blümel. Jedenfalls seien 277 Millionen Euro für Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt beantragt worden, sagte Kocher, der auch gleich das Projekt „Sprungbrett“ für Langzeitarbeitslose ankündigte.

Bis Ende kommenden Jahres sollen 50.000 Personen über diese Aktion wieder in Beschäftigung kommen, kündigte der Arbeitsminister an. Wie er ausführte, müssten erst die notwendigen Strukturen geschaffen werden. Es brauche einen Ansatz auf unterschiedlichen Ebenen. Vor allem größere Betriebe müssten eingebunden werden, ebenso Beratungs- und Betreuungseinrichtungen, die einen optimalen „Match“ zwischen Arbeitgebern und Arbeitssuchenden finden sollen.

Man wolle zunächst noch mit allen Partnern sprechen und in den kommenden Wochen Details bekanntgeben. Klar sei, dass auch staatlicherseits über Eingliederungshilfen und Lohnunterstützung eingegriffen werden müsse, so Kocher. Gemeinnützige und öffentliche Stellen sollten Arbeitsangebote zur Verfügung stellen. Aktuell sind knapp 147.000 Personen langzeitarbeitslos.

„Vorsorglich“ mehr in Brüssel eingereicht

Blümel sagte, dass man zwar von 3,5 Milliarden Euro aus dem RFF ausgehe, aber man „vorsorglich“ Projekte im Rahmen von 4,5 Milliarden Euro bei der EU eingereicht habe. Es habe durchaus positive Rückmeldungen gegeben, so der Finanzminister, der von „letzten Metern der Krise“ sprach. Denn seit ein Paar Monaten zeige sich im wöchentlichen Konjunkturbarometer eine konstante Verbesserung der Wirtschaftslage. In der Woche von 5. bis 11. April sei die Wirtschaftsleistung um 19 Prozent über dem Vorjahreswert gelegen, freilich zurückzuführen auf den harten Lockdown.

Projekt gegen Langzeitarbeitslosigkeit

Die zweitägige Regierungsklausur, in der es um die Wiederbelebung der Wirtschaft gegangen ist, ist Dienstagmittag zu Ende gegangen. Dabei wurde ein Projekt gegen Langzeitarbeitslosigkeit beschlossen.

Im Vergleich zur entsprechenden Woche im Jahr 2019 ist die Wirtschaftsentwicklung jetzt um sechs Prozent unter dem damaligen Niveau. Das Ende der Krise nähere sich, zeigten sich die Ministerin und die Minister zuversichtlich, dennoch müsse man noch vorsichtig sein. Laut aktueller Planung werden 46 Prozent des Geldes aus Brüssel in Klimaschutzmaßnahmen fließen, sagte Verkehrsministerin Gewessler. Damit übertreffe man auch die Zielvorgaben.

Regierungsklausur in Wien
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Die insgesamt dritte Klausur der ÖVP-Grünen-Regierung begann am Montag und endete am Dienstag

Zuletzt gab es Kritik, dass viele Projekt bereits im Regierungsplan von ÖVP und Grünen stehen und dementsprechend budgetiert waren. Der überwiegende Teil der Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds werde in neue, noch nicht budgetierte Maßnahmen fließen, ein Teil seien aber auch bereits geplante, hieß es jedoch von Regierungsseite. So sollen etwa 100 Millionen Euro in die Quantenforschung fließen und 100 Millionen Euro in den Ausbau der medizinischen Primärversorgung. Der EU-Wiederaufbauplan, so Blümel, sei ein Teil des „Comebackplans“.

„Klimafitte Ortskerne“

Bei diesem Aufbau- und Resilienzfonds hat die Regierung 277 Millionen Euro für Arbeitsmarktmaßnahmen und rund 890 Millionen für den Breitbandausbau beantragt. 107 Millionen Euro soll es für Investitionen in die Quantenforschung geben, 100 Millionen für den Ausbau der Forschungskompetenz im Bereich Wasserstoff. Im Wirtschaftskapitel (765 Millionen) ist Geld für die Investitionsprämie und die Digitalisierung von KMU vorgesehen.

Statement von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)

Im Klimakapitel sind 50 Millionen Euro für den Biodiversitätsfonds beantragt, 100 Millionen für Dekarbonisierung, 50 Millionen für die Bekämpfung von Energiearmut, 50 Millionen für „klimafitte Ortskerne“ (etwa thermische Sanierung), 300 Millionen für ein Kreislaufwirtschaftspaket und 160 Millionen für den Austausch von Öl- und Gasheizungen. Knapp 850 Millionen sollen in die Mobilität fließen, davon 256 Millionen in emissionsfreie Busse, 543 Millionen in den Bahnbereich.

Mit 172 Millionen Euro will man die Digitalisierung der Schulen vorantreiben, 100 Millionen Euro sollen in den Ausbau der medizinischen Primärversorgung fließen. Im Bereich der Kultur sollen etwa 35 Millionen Euro für die Sanierung des Volkskundemuseums Wien und der Prater Ateliers lukriert werden. Für die Umsetzung seien die jeweiligen Ressorts zuständig, hieß es am Dienstag.

Kritik von SPÖ und FPÖ

Schon im Vorfeld der Pressekonferenz äußerten SPÖ und FPÖ Kritik an den Plänen der Regierung. „Das, meine Damen und Herren, ist kein Comebackplan, es ist ein Abgesang“, sagte SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried. „Was haben sie bis jetzt gemacht?“ Wer habe die Regierung gehindert, ein umfassendes Konjunkturpaket vorzulegen und die Hunderttausenden Arbeitslosen zu unterstützen, wollte er wissen. Hinter dem Erhöhen der Investitionsprämie stecke bloß, dass die Unternehmer, die einen Rechtsanspruch auf diese erworben haben, jetzt auch ihr Geld bekommen.

„Eintrittstests für Gastronomie und Kulturbetriebe werden eine massive Pleitewelle zur Folge haben. Vor allem Cafes und kleine Lokale, die von Laufkundschaft leben, werden dadurch in den Ruin getrieben. Einziger Profiteur dieser Eintrittstests ist die gehobene Gastronomie, wo ein Besuch zumeist geplant wird und wo man auch den Corona-Test davor einplanen kann“, sagte FPÖ-Chef Norbert Hofer. Die FPÖ sei für ein „breites Testangebot, das auf Freiwilligkeit basiert, aber klar gegen Eintrittstests“. Kritik übte er auch am geplanten „Grünen Impfpass“.

Kritik kam auch von NEOS. Sozialsprecher Gerald Loacker plädierte bei einer Pressekonferenz für ein etappenweises Vorgehen. Als Erstes wären seiner Vorstellung nach die Schulen am 26. April an der Reihe. Warum er auf Etappen setzt, begründete Loacker damit, dass die einzelnen Schritte auch kommuniziert werden müssten. 17 neue Regeln auf einmal verstehe nämlich niemand. Von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verlangte der Sozialsprecher mehr als vage Ankündigungen bezüglich einer Öffnung Mitte Mai. Ein Wirt könne nicht am Montag aufsperren, wenn ihm das erst drei Tage vorher gesagt werde.