Kinderbücher

Leselust im Lockdown

Gerade im Lockdown sind Bücher besonders gute Begleiter für Kinder. In Zeiten der Pandemie werden in Österreich noch mehr Kinderbücher gekauft als ohnehin schon. Besonders stark gestiegen sind E-Book-Verkäufe, aber auch das gedruckte Buch steht hoch im Kurs. Von einer Flucht ins Smartphone und vor den Fernseher, wie Kulturpessimisten sie behaupten, ist keine Rede. Eine große Rolle spielt das Vorlesen.

Die aktuellen Umsatzzahlen im Kinderbuchsegment des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels zeigen, dass die Lust am Lesen der Kleinen – oder zumindest die Lust der Eltern und Verwandten am Buchkaufen – groß ist. Kinderbücher garantieren bereits seit Jahren konstant positive Verkaufszahlen. Und das Kinderbuchsegment verzeichnete als einziges Buchgenre im Jahr 2020 ein Umsatzplus von knapp drei Prozent.

Die oberösterreichische Kinder-Medien-Studie der Linzer Education Group liefert seit zehn Jahren aufschlussreiche Zahlen, etwa zum Leseverhalten von Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren. Demzufolge ist die Lesefreude bei Mädchen und Buben zu Pandemiezeiten mit 65 Prozent der befragten Kinder besonders hoch.

Mutter sitzt mit Sohn auf dem Schoß und liest ein Buch vor
Getty Images/EyeEm/Anna Kraynova
Eine große Rolle spielt das Vorlesen für die Entwicklung des Kindes

Starkes Wachstum bei E-Books

Was die Genres anbelangt, so wird alles gelesen, was Spaß macht: Neben Tier- und Abenteuergeschichten kommen Sachbücher, Fantasy-Romane und Comics bei den jungen Lesern gut an. Interessant ist hier auch die Entwicklung des E-Book über die letzten Jahre. Das Lesen am Schirm hat sich zwar etabliert, wie die Zahlen zeigen: 2014 fünf Prozent, 2016 zehn Prozent, 2018 elf Prozent, 2020 22 Prozent. Das gedruckte Buch rangiert aber nach wie vor klar auf Platz eins der Beliebtheitsskala.

Zu wenige Männer lesen vor

Markant ist in Sachen Lesefreude der Unterschied zwischen Mädchen und Buben. Während 76 Prozent der Mädchen regelmäßig zum Buch greifen, lesen nur 57 Prozent der Buben gerne. Der Grund dafür ist auch hier laut Wissenschaft bereits im prägenden Vorlesealter zu suchen, wo ein deutlicher Mangel an männlichen (vor-)lesenden Vorbildern auszumachen ist.

Ein Umstand, dem inzwischen auch die Leseförderung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit einem Schwerpunkt auf wissenschaftliche Sachbücher, MINT-Bücher, beikommen möchte. Mit wissenschaftlichen und technischen Themen sollen Väter speziell angesprochen und zum Vorlesen animiert werden. Eine 2017 durchgeführte Studie der Steinhardt School of Culture, Education and Human Development der New York University belegt im Übrigen, dass vorlesende Väter ganz erheblich die Beziehung zu ihren Kindern stärken und auch deren Spracherwerb verbessern.

Fantasie, Kreativität, soziales Empfinden

Bereits seit 2007 führt das Deutsche Institut für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen eine ständig aktualisierte Studie zu verschiedenen Themen rund um das Vorlesen durch, die den Wert des Vorlesens schon im frühen Säuglings- und Kleinkindalter ganz klar unterstreicht. Demzufolge fördert das Vorlesen in großem Maße die Fantasie und Kreativität sowie das soziale Empfinden und Verhalten von Kindern.

Eine positive und nachhaltige Wirkung des Vorlesens auf die Sprache und die Lese- und Schreibfähigkeiten im späteren Schulalter bestätigt auch eine 2017 durchgeführte Studie der New York University School of Medicine. Unerheblich ist dabei im Übrigen, was vorgelesen wird – ob Buch, Zeitschrift oder Comic.

Starke Akzente österreichischer Verlage

An Inhalten mangelt es jedenfalls nicht. Die österreichische Kinderbuchszene hat alles zu bieten – und ist zurzeit besonders rührig. So lädt zum Beispiel der neu gegründete Verlag Edition 5Haus mit einer digitalen Erlebniswelt zum Entdecken seiner Asagan-Kinderbuchreihe ein, die klassische Sagen aus Österreich im ganz neuen Stil erzählt. Mit einer im Sommer 2021 veranstalteten Rätselrallye rund um die Geschichten von Asagan, sorgte der Verlag zusätzlich für ein interaktives Literaturerlebnis für Eltern und Kinder.

Kindern die österreichische Geschichte näher zu bringen, ist das Ziel des noch jungen Kinderbuchverlag JGIM. Seit 2015 publiziert der Verlag spannende Wissensbücher, die Jung und Alt gleichermaßen faszinieren. Die Idee zum Verlag kam Gründerin Norath Rath-Hodann nach einem Museumsbesuch mit ihrer Tochter Julie, bei dem sie feststellen musste, dass es in den Museumsshops zu wenig Produkte für Kinder und schon gar keine Kinderbücher gab. Mittlerweile umfasst das JGIM-Angebot mehrere Bücher unter anderen über Maria Theresia, Sisi und Gustav Klimt sowie ein Begleitbuch zur Ausstellung „Kriege gehören ins Museum“ im Heeresgeschichtlichem Museum.

Den Buchhandlungen treu bleiben

Dass der Lockdown Kinder noch mehr zum Lesen bringt, kann den Österreichischen Buchhandel im Gegensatz zu den Verlagen nur bedingt freuen. Denn gerade im Weihnachtsgeschäft macht man 36 Prozent des Jahresumsatzes in der Branche. Deshalb wandte sich der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels in einem dramatischen Appell an die Buchkäuferschaft, bei heimischen Buchgeschäften online nach Hause zu bestellen oder per „Click & Collect“ abzuholen, anstatt bei internationalen Onlineshops zu bestellen. Das funktioniert auch bei Kinderbüchern hervorragend.