Thomas Schmid
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Schmid-Tag im ÖVP-U-Ausschuss

Nach der Sondersitzung des Nationalrats am Mittwoch beschäftigt sich das Parlament auch am Donnerstag mit der Causa Thomas Schmid. Der Ex-Generalsekretär des Finanzressorts steht dem ÖVP-U-Ausschuss Rede und Antwort. Bis vor wenigen Tagen war eine solche Befragung noch undenkbar, hat sich Schmid bisher doch allen Ladungen entzogen. Seine Aussagen vor der Staatsanwaltschaft stellten die Innenpolitik aber auf den Kopf.

Was die Fraktionen am Donnerstag fragen werden, hängt zu einem Gutteil von den Aussagen ab, die Schmid in den vergangenen Monaten gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) tätigte. Denn am Mittwoch wandte sich Justizministerin Alma Zadic (Grüne) an den Verfassungsgerichtshof, um zu verhindern, dass die Befragung die Ermittlungen der WKStA gefährden könnte. Nach Ansicht des Ressorts können die Abgeordneten bis zum Erkenntnis des VfGH Schmid nur zu Themen befragen, die in einer Vereinbarung mit dem Parlament aufgelistet sind.

Darunter befinden sich zum Beispiel das „Österreich“-Beinschab-Tool, die Steuercausen rund um die Investoren Rene Benko und Siegfried Wolf sowie die mutmaßliche Falschaussage von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Notwendig wurde dieser Schritt, weil die ÖVP einer Konsultationsvereinbarung der WKStA mit dem Untersuchungsausschuss bezüglich der Befragungsthemen nicht zugestimmt hat.

Schmid ist freilich nicht zum ersten Mal als Auskunftsperson in einem U-Ausschuss. Im Juni 2020 verweigerte der ÖVP-Intimus im „Ibiza“-U-Ausschuss mehrmals die Aussage. So entschlug er sich auch der Frage, ob er vom damaligen ÖVP-Obmann Kurz „gerne Aufträge übernommen“ habe. Gut zwei Jahre später sieht die Sache anders aus: Schmid hatte mit seinen Aussagen bei der WKStA mehrere prominente ÖVP-Politiker belastet. Diese wiesen die Vorwürfe zurück, es gilt die Unschuldsvermutung.

Benko, Wolf und Kurz

Zu den Vorwürfen wird Schmid mit Sicherheit befragt werden – abgesehen von den wenigen Seiten, die die WKStA geschwärzt hat. Neben dem „Österreich“-Beinschab-Tool wird auch die Rolle von Kurz bei Postenbesetzungen wie jener von Schmid als ÖBAG-Chef Thema sein. Mit Brisanz werden Aussagen über die Steuercausen rund um Wolf und Benko erwartet. Schmid war als Generalsekretär auf einen Posten, mit dem er auch Weisungen nach unten geben konnte.

Im U-Ausschuss wurden die Themen schon ausführlich behandelt. So erwähnte Steuersektionschef Gunter Mayr ein Treffen mit Benko, das Schmid eingefädelt haben dürfte. „Herr Schmid hat mich auf Herrn Benko angesprochen. Wir haben uns einmal dann getroffen. Wir waren zu dritt essen“, so Mayr. Er habe gleich "prophylaktisch klargestellt, dass sich alles im Rahmen der Gesetze abspielen muss, und die Botschaft ist insofern angekommen, als Herr Benko nie etwas von mir wollte und die Steuersektion – ich glaube, meine ganze Sektion, nach meinem Wissensstand – da nie kontaktiert worden ist.“

Sobotka Thema, Bures führt Vorsitz

Schmid belastete mit seinen Aussagen bei der WKStA auch den eigentlichen Vorsitzenden des U-Ausschusses, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Dieser habe, so Schmid, Steuerprüfungen bei der Alois-Mock-Stiftung oder beim Alois-Mock-Institut sowie bei der Erwin-Pröll-Stiftung erfolgreich verhindert. Sobotka bezeichnete Schmid als „Lügenbaron“, die ÖVP verwies auf ein Schreiben des Leiters des Finanzamts Österreich, Siegfried Manhal. Darin hielt dieser fest, dass es keine Überprüfung beim Mock-Institut gegeben habe.

Manhal ist allerdings selbst kein unbeschriebenes Blatt. Er war 2017 Vorsitzender jener Begutachtungskommission, die letztlich einen ÖVP-Bürgermeister zum neuen Vorstand des Finanzamts Braunau-Ried-Schärding nominierte, nachdem laut Schmid der nunmehrige ÖVP-Klubobmann August Wöginger für den Bürgermeister interveniert habe. Laut Schmid spielte bei dieser Postenbesetzung die Qualifikation eine untergeordnete Rolle.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und die 2. Nationalratspräsidentin Doris Bures
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Mit Bures übernimmt am Donnerstag die Zweite Nationalratspräsidentin den Vorsitz – Sobotka ist verhindert

Sobotka wird der Befragung Schmids jedoch fernbleiben. Er ließ sich für 3. November wegen einer „seit langem geplanten Auslandsreise“ entschuldigen. Übernehmen wird die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ).

Schmid mit Revision abgeblitzt

Abgeblitzt ist Schmid unterdessen mit einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) gegen die vom Bundesverwaltungsgericht verhängte 6.000-Euro-Beugestrafe. Die Argumentation, dass er der Ladung nicht Folge leisten müsse, weil er in Österreich keinen Wohnsitz habe, ließ der VwGH nicht gelten. Zwar beziehe sich die verbindliche Wirkung österreichischer Gesetze nur auf das Bundesgebiet (Territorialitätsprinzip), der Gesetzgeber könne aber gemäß dem Personalitätsprinzip auch Gebote an seine eigenen Staatsbürger richten, die sich außerhalb von Österreich befinden.

Und im Sinne des Schutzprinzips könne er das auch gegenüber anderen Personen tun, um Verhaltensweisen zu verhindern, die sich gegen ein inländisches Rechtsgut oder den Staat selbst richten. Personalitäts- und Schutzprinzip ermöglichten deshalb, dass die Verfahrensordnung auch Personen adressiere, die nicht in Österreich lebten.

Unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Gesetzessystematik und des Willens des Gesetzgebers bestehe daher die Pflicht, auch ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich einer Ladung vor den U-Ausschuss nachzukommen. Schmid muss die Beugestrafe daher zahlen. Sein Kommen dürfte er aber unabhängig von der Entscheidung getroffen haben, wurde diese doch erst zugestellt, nachdem er sein Erscheinen im U-Ausschuss angekündigt hatte.

ÖVP-Affäre: Wogen im Nationalrat gehen hoch

Die auf Wunsch von SPÖ und FPÖ abgehaltene Sondersitzung im Nationalrat ist äußerst hitzig verlaufen. Thematisch wurden jüngste Entwicklungen in der ÖVP-Korruptionsaffäre debattiert – auch im Lichte der anstehenden Befragung von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Von der Opposition hart attackiert wies Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Vorwürfe gegen ÖVP und seine Person von sich.

Hitzige Debatte im Nationalrat

Schon am Mittwoch war Schmid im Nationalrat Thema. Die auf Wunsch von SPÖ und FPÖ abgehaltene Sondersitzung verlief äußerst hitzig. Debattiert wurden jüngste Entwicklungen in der ÖVP-Korruptionsaffäre. Von der Opposition hart attackiert wies Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Vorwürfe gegen ÖVP und seine Person von sich. Für Klärung könnten nur unabhängige Gerichte sorgen, er sei „kein Richter“, so Nehammer. Misstrauens- und Neuwahlanträge der Opposition wurden abgelehnt.

Es sei unmöglich, dass der Eindruck entstehe, dass es sich Multimillionäre richten können, sagte Nehammer als Reaktion auf einleitende Vorwürfe der SPÖ. „Ich will auch nicht, dass das Land so ein Bild nach außen gibt“, so Nehammer: „So bin ich nicht, und so sind wir nicht.“ Es gäbe „bei uns keine Sonderbehandlung für Eliten, Korruption habe in Österreich keinen Platz“. Wenn es solche Vorgänge gegeben habe, „dann verurteile ich sie aufs Schärfste“, so Nehammer.

Wenn überhaupt, so die Sicht des Kanzlers, wäre so etwas unter seinen Vorgängern passiert. Doch schuldig wolle er niemanden sprechen, so Nehammer, er sei „kein Richter“. Es gibt nur eine Instanz, die über Schuld oder Unschuld entscheide, das seien die unabhängigen Gerichte. Alles andere wäre aus Nehammers Sicht eine Vorverurteilung und damit eine Aushebelung des Rechtsstaates.