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ORF/Dominique Hammer
Technologie

USA und G-7 setzen auf strengere Regeln für KI

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als eine der größten technologischen Umwälzungen, die sich in vielen Bereichen auswirken kann. Um den aktuellen Wildwuchs etwas einzudämmen bzw. in sichere Bahnen zu lenken, erlassen mehr und mehr Staaten Regeln für den Umgang mit und zum Schutz vor möglichen Risiken durch die KI. Nach einem Vorstoß des EU-Parlaments folgen nun die USA und die G-7.

Per Dekret will US-Präsident Joe Biden KI-Anbieter künftig unter anderem zu bestimmten Tests verpflichten, wenn die Programme Risiken für die nationale Sicherheit sowie die öffentliche Gesundheit und Sicherheit darstellten. Das teilte das US-Präsidialamt am Montag mit. „Es ist der nächste Schritt in einer aggressiven Strategie, alles zu tun, um die Vorteile der KI zu nutzen und die Risiken zu mindern“, sagte dazu Vizestabschef Bruce Reed.

Bevor eine neue KI-Software auf den Markt kommt, müssen den Vorgaben zufolge die Ergebnisse dieser von den Behörden konzipierten Tests der Regierung vorgelegt werden. Darüber hinaus soll das US-Handelsministerium Richtlinien für die Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten erarbeiten. Bisher haben sich Konzerne wie der ChatGPT-Anbieter OpenAI, die Alphabet-Tochter Google und die Facebook-Mutter Meta freiwillig dazu verpflichtet, KI-Inhalte zu kennzeichnen. Diese Selbstverpflichtung reicht der US-Regierung nicht.

Das Dekret soll auch Themen wie Datenschutz, Bürgerrechte, Konsumentenschutz, Arbeitsrecht und die wissenschaftliche Forschung umfassen. Es soll am Montag unterzeichnet werden, hieß es von der US-Regierung. Biden habe KI zu einem seiner Topthemen erklärt, bei dem man möglichst schnell handeln müsse. In Bereichen wie sozialen Netzwerken habe die US-Regierung zu langsam gehandelt, was nun zu Problemen etwa bei der Jugend führe. Offenbar planen die USA, auch im US-Kongress entsprechende Gesetze einzubringen.

G-7 propagiert Freiwilligkeit

Die G-7 will am Montag ebenfalls einen „Code of Conduct“ für KI vorlegen. Laut „Politico“ soll es eine Selbstverpflichtung sein, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien und die USA wollen aber durch ihre Unterstützung Firmen dazu bringen, die Verhaltensregeln zu unterzeichnen, schreibt die Zeitung online.

Die Regeln kamen auch auf Initiative der ehemaligen EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zustande, die eine freiwillige Vereinbarung statt einer Gesetzesinitiative eher geeignet fand, um eine möglichst breite Zustimmung zu erreichen. EU-Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova sieht die G-7-Verhaltensregeln als Übergangslösung, bis eine Regulierung in Kraft ist, sagte sie bei einer Konferenz in Kyoto vor Kurzem.

Die Firmen, die sich den G-7-Verhaltensregeln anschließen, verpflichten sich laut „Politico“ dazu, Risiken der KI durch mögliche Schwachstellen zu minimieren. Ebenso sollen potenzielle Grenzen aufgezeigt und Sicherheitschecks implementiert werden. Auch die Erstellung eines Regelsystems unter anderem für den Datenschutz ist vorgesehen. Explizit ist dabei auch generative KI, also „lernende“ Systeme wie ChatGPT, die Texte und Bilder erzeugen, inkludiert.

EU-Parlament legte ersten Rahmen vor

Im Sommer verabschiedete das EU-Parlament den „AI Act“, das weltweit erste Gesetz zu KI-Regulierung. Es befindet sich derzeit in Abstimmung mit der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, dem Vernehmen nach soll eine Einigung alles andere als fix sein. Laut Plänen soll das Gesetz bis Jahresende aber unter Dach und Fach sein. Im Laufe dieser Woche treffen sich zudem Spitzenvertreter und Spitzenvertreterinnen aus Politik, Wirtschaft und Forschung in Großbritannien zu einem KI-Gipfel. Auch dort geht es vor allem um Regulierungsfragen.

Laut den Plänen der EU sollen KI-Systeme in verschiedene Risikogruppen eingeteilt werden. Je mehr Gefahr von der jeweiligen Anwendung ausgeht, desto strengere Regeln könnten für sie gelten. Auch komplette Verbote soll es geben, etwa von Gesichtserkennung in Echtzeit im öffentlichen Raum. KI-Systeme, die Menschen nach ihrem sozialen Verhalten oder ethnischen Merkmalen klassifizieren, wären nach dem Willen des EU-Parlaments ebenfalls nicht zulässig.

Zu den Anwendungen, die mit hohem Risiko verbunden sind, zählen nach den Vorstellungen der Abgeordneten auch solche, die Wähler im Wahlkampf beeinflussen sollen. Zudem soll das Recht von EU-Bürgerinnen und -Bürgern gestärkt werden, sich gegen KI-Anwendungen auf dem Rechtsweg zu wehren.

Europäer wollen sich zusammenschließen

Deutschland, Frankreich und Italien gaben indessen bekannt, bei KI enger zusammenarbeiten zu wollen, damit Europa mit der Konkurrenz aus den USA und China besser mithalten kann. Zugleich warnten die Wirtschaftsminister der drei größten EU-Volkswirtschaften am Montag in Rom vor übertriebener Regulierung von KI innerhalb der EU. Der deutsche Minister Robert Habeck sagte, angesichts des internationalen Wettbewerbs müsse man sich „strategisch absprechen“.

Die Minister betonten durchwegs, dass Europa beim Thema KI auf internationaler Ebene mithalten könne. Habeck sagte: „Wir müssen uns nicht verstecken. Wir haben Unternehmen, die in vielen Bereichen besser sind als die US-Tech-Giganten.“ Zugleich mahnte er schnellere Entscheidungen auf europäischer Ebene an. „Wenn das Warten dreieinhalb Jahre dauert, haben wir keine Chance mehr“, sagte der grüne Vizekanzler. „Sonst regulieren wir am Ende einen Markt, den es gar nicht mehr gibt.“

Chancen und Risiken durch KI

Grundsätzlich wird KI auch als Chance gesehen, etwa Arbeitsprozesse zu vereinfachen – mit dem Risiko, dass dadurch auch Arbeitsplätze und Wissen verloren gehen können. So würden etwa durch KI-Assistenten beim Programmieren in Zukunft Programmierfähigkeiten verloren gehen, es komme zum „Deskilling“, warnte eine Expertin Anfang Sommer bei einer Veranstaltung im Parlament. Oftmals wurde dabei moniert, dass es bei vielen KI-Anwendungen keine Qualitätskontrolle gebe.

Staatssekretär für Digitalisierung Florian Tursky (ÖVP) meinte vergangene Woche, dass der verstärkte Einsatz von KI Österreich bis 2035 rund sieben Milliarden Euro mehr Wertschöpfung bringen könnte. Tursky, auch Kandidat für die Bürgermeisterwahl in Innsbruck, verwies allerdings auch auf die Herausforderungen. Daher werde die Bundesregierung eine KI-Kennzeichnungspflicht einführen.

„Wie die Nährstoffangabe bei Lebensmitteln üblich ist, soll jede Österreicherin und jeder Österreicher in Zukunft wissen, wann sie mit künstlicher Intelligenz interagieren“, so Tursky. „Unser Ziel ist es, KI-Lösungen im Sinn einer digitalen Verantwortungsgesellschaft und europäischer Werte einzusetzen“, meinte er und rechnete in einer Aussendung vor: „Die Leistungsfähigkeit von KI-Systemen verdoppelt sich etwa alle dreieinhalb Monate.“