Öl-Tiefpumpe im Sonnenuntergang
Reuters/Pascal Rossignol
COP28

Debatte zu fossiler Energie zeigt Bruchlinien

Aussagen des Präsidenten der diesjährigen Weltklimakonferenz (COP28), Ahmed al-Dschaber, zu fossiler Energie haben einmal mehr die zentralen Bruchlinien der COP28 vor Augen geführt. Die Emirate und mehrere andere Länder wollen weiter auf Kohle, Gas und Erdöl setzen und Technologien wie CO2-Speicherung und -Abscheidung nutzen. Diese werden von Fachleuten aber als wissenschaftlich umstritten, teuer und nicht zeitnah im größeren Maßstab einsetzbar bewertet.

Eine einzelne Aussage sei aus dem Kontext gerissen worden, verteidigte sich Dschaber am Montag. Er respektiere die Wissenschaft und wisse, „was auf dem Spiel steht“. Er arbeite eng mit seinem „Freund Jim“, dem Vorsitzenden des UNO-Weltklimarats (IPCC), Jim Skea, zusammen, und seine Arbeit sei strikt faktenbasiert. Es handle sich um einen „weiteren Versuch, die Agenda der Präsidentschaft zu untergraben, die klar und transparent ist“ und „greifbare Erfolge“ verbuche, sagte auch ein Sprecher der COP28.

Dschaber, der auch den staatlichen Ölkonzern Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) leitet, war zuvor wegen einer Recherche des britischen „Guardian“ sowie des Centre for Climate Reporting am Sonntag unter Druck geraten. Diese berichteten, Dschaber habe im November in einer Videoschaltung unter anderem mit UNO-Vertretern gesagt, es gebe „keine Wissenschaft“, die belege, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig sei, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

In der Videokonferenz soll Dschaber dem Bericht zufolge auch behauptet haben, Entwicklung ohne die Nutzung fossiler Energien sei nicht möglich, „wenn man die Welt nicht in die Steinzeit katapultieren will“. Die bereits im November getätigten Aussagen sorgten am Wochenende und am Montag für Empörung unter Klimaschutzorganisationen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Behauptung widerspreche dem Tenor der Klimaforschung, so die Kritik.

Klimaforscher befürchten „schlimmes Vermächtnis“

Die Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London sagte dem „Guardian“ zu dem Thema: „Wenn der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen auf der COP28 nicht gelingt, werden mehrere weitere Millionen Menschen in die Schusslinie des Klimawandels geraten.“ Das wäre „ein schlimmes Vermächtnis“ für die Konferenz in Dubai.

Weltklimakonferenz

Bei der Conference of the Parties (COP) kommen die EU und die 197 beteiligten Staaten zusammen, die 1992 in Rio de Janeiro die UNO-Rahmenkonvention zum Klimawandel unterzeichnet haben. Die COP findet jährlich in einer anderen Stadt statt, die zweiwöchigen Verhandlungen dienen der Formulierung eines Beschlusstextes.

Die britische Klimaexpertin Natalie Jones sagte, Dschaber solle einen Blick in die Berichte der Internationalen Energieagentur (IEA) und des Weltklimarats werfen – die klar die Abkehr von den fossilen Energieträgern als Voraussetzung für das Erreichen der Klimaziele sehen. Mehr als 95 Prozent der weltweiten Öl- und Gaskonzerne seien auf Expansionskurs, heißt es von Greenpeace gegenüber ORF.at. Würden alle Expansionspläne in die Tat umgesetzt, „sprengen sie damit nicht nur das 1,5-Grad-, sondern auch das Zweigradlimit“.

Auch der frühere US-Vizepräsident und Klimaschutzvorkämpfer Al Gore warnte am Sonntag, dass sich die Länder zu einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichten müssten, wenn die diesjährige Weltklimakonferenz als „historischer“ Erfolg gewertet werden solle. Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen sei „die Lösung für die Klimakrise“, sagte Gore unter donnerndem Applaus des Publikums.

Ölförderländer verweisen auf Alternativen

Trotz später vorgenommener Relativierung zeigen Dschabers Aussagen einmal mehr die zentralen Bruchlinien der heurigen Klimakonferenz auf. Während etwa die EU und andere Länder einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Erdgas, Erdöl und Kohle als unabdingbar für die 2015 in Paris vereinbarten Klimaziele sehen, pochen andere Länder – deren Wohlstand vor allem auf „Fossilen“ basiert – auf alternative Wege.

So stellten der Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien stattdessen eine gemeinsame Initiative mit der Ölindustrie, die „Global Decarbonization-Alliance“, für niedrigere CO2-Emissionen in der fossilen Energiewirtschaft vor. Eine wichtige Rolle soll dabei die Speicherung oder Nutzung von Kohlendioxid spielen.

Bei der Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CSS) wird Kohlendioxid direkt bei der Entstehung in Kraftwerks- und Industrieanlagen gebunden, zu einer Speicherstätte transportiert und dort zur dauerhaften Speicherung in eine geeignete geologische Struktur injiziert. CCS sei zwar zum Erreichen der Pariser Klimaziele notwendig, aber nur ein Teil der Lösung, sagte Tobias Pröll, Professor für Verfahrens- und Energietechnik an der Universität für Bodenkultur (BOKU), kürzlich gegenüber ORF.at. Sofern möglich, sei kosteneffiziente Dekarbonisierung vorzuziehen.

COP28: Öllobby trifft auf Klimaschützer

Aussagen des Präsidenten der diesjährigen Weltklimakonferenz (COP28), Ahmed al-Dschaber, zu fossiler Energie haben einmal mehr die zentralen Bruchlinien der COP28 vor Augen geführt. Die Emirate und mehrere andere Länder wollen weiter auf Kohle, Gas und Erdöl setzen und Technologien wie CO2-Speicherung und -Abscheidung nutzen. Diese werden von Fachleuten aber als wissenschaftlich umstritten, teuer und nicht zeitnah im größeren Maßstab einsetzbar bewertet.

Mehr Konsens bei Ausbau erneuerbarer Energien

Unterdessen wächst auf der Konferenz auch der Druck für den Ausbau erneuerbarer Energien. Hier bekannte sich die COP-Präsidentschaft zu dem Ziel, den Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung bis 2030 zu verdreifachen und den Fortschritt bei der Energieeffizienz zu verdoppeln. Bis Samstag schlossen sich etwa 120 der rund 200 Teilnehmerstaaten dem Aufruf an.

Teilnehmer bei der UN-Klimakonferenz in Dubai 2023
APA/AFP/Giuseppe Cacace
Rund 200 Staaten nehmen an der diesjährigen Weltklimakonferenz in Dubai teil

Neben dem Erneuerbaren-Ziel setzen sich die fast 120 Länder – darunter die EU-Staaten – auch dafür ein, bis zum Jahr 2030 die Rate der Energieeffizienz von rund zwei Prozent auf mehr als vier Prozent zu steigern. Das bedeutet, dass zur Produktion von Gütern oder Leistungen weniger Energie notwendig werden soll.

Für viele Teilnehmende der Konferenz könne die COP28 jedenfalls nur dann als Erfolg gewertet werden, wenn sie auch tatsächlich zu einem Abkommen über den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen führt, berichtete der US-Sender CNBC. Der Wortlaut des endgültigen Abkommens, das bis zum 12. Dezember erwartet wird, werde wohl „genau beobachtet“ werden. Ein „Phase-out“ würde eine Abkehr von fossilen Brennstoffen bis zu deren völliger Abschaffung bedeuten, während ein „Phase-down“ lediglich auf eine Verringerung ihrer Nutzung hinweisen könnte.