Thomas Schmid auf dem Weg zum ÖVP-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Prozess geht weiter

Schlüsselfigur Schmid trifft auf Kurz

Der Prozess gegen den früheren Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geht in die nächste Runde. Am Montag wird im Gericht Ex-Finanzgeneralsekretär Thomas Schmid als Zeuge befragt. Schmid steht im Zentrum der Causa: Einerseits geht es nämlich um seine Bestellung zum Vorstand der Staatsholding ÖBAG, zum anderen bot sich Schmid der Anklage als Kronzeuge an und wartete mit Vorwürfen gegen Kurz auf.

Das Verfahren gegen den früheren Regierungschef behandelt dessen Aussagen im „Ibiza“-U-Ausschuss. Im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht für Strafsachen findet am Montag bereits der fünfte Verhandlungstag statt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Kurz vor, er hätte als Auskunftsperson vor dem U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung und der Personalpolitik der ÖBAG falsch ausgesagt.

Konkret geht es um die Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Alleinvorstand und die Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrats. Kurz gab im U-Ausschuss an, dass er über sämtliche Vorgänge informiert, aber nicht involviert gewesen sei. Schmid, der vor der WKStA ausführlich aussagte, betonte, dass Kurz bei den Personalentscheidungen „viel stärker involviert“ gewesen sei. Man habe sich regelmäßig ausgetauscht, so der frühere Kurz-Intimus. Der Plan, dass Schmid an der Spitze der ÖBAG steht, sei „sehr wohl von Sebastian Kurz ausgegangen“.

Kurz-Prozess wird fortgesetzt

Der Prozess gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird am Montag fortgesetzt. Als Zeuge soll Thomas Schmid aussagen, der ehemalige Vorstand der staatlichen Beteiligungsagentur ÖBAG.

Vom „Familienmitglied“ zum Kronzeugen?

Schmid steht im Zentrum mehrerer Causen, in denen insbesondere die ÖVP und Ex-Kanzler Kurz involviert sind. Die WKStA beschlagnahmte Schmids Handy und stellte Tausende Chatnachrichten wieder her, über die breit medial berichtet wurde. Die Hausdurchsuchung beim ÖBAG-Chef war eigentlich im Zusammenhang mit den Ermittlungen um die Vorstandsbestellung des Ex-FPÖ-Politikers Peter Sidlo bei der Casinos Austria durchgeführt worden. Sie löste aber gleichzeitig eine Reihe von weiteren Verfahren aus.

Sebastian Kurz am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler
Sebastian Kurz wehrte sich vor Gericht gegen die Vowürfe und bekannte sich nicht schuldig

Vor gut einem Jahr bot sich Schmid der WKStA als Kronzeuge an und belastete Ex-Kanzler Kurz in diversen Causen schwer. Ob sein Wunsch, den Kronzeugenstatus zu erlangen, erfüllt wird, ist unklar. Gegenüber ORF.at teilte die WKStA mit, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. Ein entsprechender Vorhabensbericht sei noch nicht fertiggestellt worden. Die WKStA muss der Oberstaatsanwaltschaft ihren Beschluss vorlegen. Es ist gut möglich, dass am Ende aber das Justizministerium über den Kronzeugenstatus von Schmid entscheidet.

Dass es überhaupt so weit gekommen ist, ist überraschend. Schmid gehörte nämlich über Jahre der ÖVP-„Familie“ an. Der Tiroler Jurist war Büroleiter von Ex-Bundeskanzler und -ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel. Für die ÖVP-Minister Michael Spindelegger und Elisabeth Gehrer sowie für den ÖVP-EU-Abgeordneten Paul Rübig war er als Sprecher tätig. Später übernahm Schmid die Rolle des Kabinettschefs der ÖVP-Finanzminister Spindelegger, Hans Jörg Schelling und Hartwig Löger. Unter Schelling wurde Schmid Generalsekretär im Finanzressort.

„Kriegst eh alles, was du willst“

So richtig in den Vordergrund rückte Schmid aber, als er zum ÖBAG-Chef bestellt wurde. Zum einen sind in der Staatsholding Österreichs Anteile versammelt, weshalb die ÖBAG auch als „Schatzkammer der Republik“ bezeichnet wird. Zum anderen war Schmid als mächtiger Generalsekretär für die Reform der ÖBAG zuständig und bastelte mit seinem Team auch an der Ausschreibung des Alleinvorstands mit, der er später selbst werden sollte.

Kurz sagte während seiner Befragung im U-Ausschuss, dass allgemein bekannt gewesen sei, dass Schmid Interesse an dem Job hatte. Der Ex-Generalsekretär sagte vor der WKStA aus, dass er sich mit Kurz „regelmäßig über diese Themen ausgetauscht“ und „dabei den Akt der Vorstandsbestellung häufig sogar in Gesprächen zugrunde gelegt“ habe. Schmid verwies auf seinen Chat, wonach ihn Kurz nicht zu einem „Vorstand ohne Mandate“ machen soll. „Kriegst eh alles, was du willst“, schrieb Kurz mit Bussi-Smileys zurück.

Vor Gericht betonte Kurz, dass seine Antwort als „Krieg den Hals einmal voll“ gemeint gewesen sei. Schmid sei sich damals nämlich sicher gewesen, dass er ÖBAG-Alleinvorstand wird. „Es gibt Personen, die Positionen anstreben. Das habe ich oft erlebt. Aber, anstatt dass sich diese Personen denken: Ich habe es geschafft – das ist bei Männern der Fall, bei Frauen habe ich das nie erlebt –, denken sie: Wie kann ich noch mächtiger und größer werden?“, so Kurz. „Wenn der Thomas Schmid damals mit mir über die Bestellung gesprochen hat, dann kann ich Ihnen versichern, es war für ihn wichtiger als für mich.“

„Dauergerücht“: Schmid wollte ÖBAG-Chef werden

Nach Schmid werden in den folgenden Verhandlungstagen Löger und Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) als Zeugen befragt. Als erster Zeuge trat vor wenigen Wochen der ehemalige ÖBB-Vorstand Arnold Schiefer auf. Schiefer verhandelte mit Schmid diverse Personalien unter der ÖVP-FPÖ-Regierung. Der finale Sideletter entsprach laut Schiefer aber nicht den eigentlichen Abmachungen eines Gentlemen’s Agreement. Der publik gewordene Sideletter von ÖVP und FPÖ sei von jemandem verschriftlicht worden, „der sich nicht auskannte“.

EX-ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer
ORF/Roland Winkler
Schiefer beklagte vor Gericht einen SMS-Dschungel

Er selbst sei immer gegen einen ÖBAG-Alleinvorstand gewesen, sagte Schiefer. Zu Schmid selbst habe er ein rein berufliches Verhältnis gehabt. Gefragt vom Richter nach seiner Kommunikation mit Schmid, in der Schmid schreibt: „Dann machen wir richtig Party“, sagte er, dazu sei es nicht gekommen. Sein persönliches Ziel sei auch nicht gewesen, von der ÖVP geliebt zu werden, so Schiefer sinngemäß. Schmid sei seine Schnittstelle zur ÖVP gewesen, damit sei auch das Verhältnis zwischen ihnen definiert.

Dass sich Schmid für den ÖBAG-Vorstand interessiert hat, sei ein „Dauergerücht“ gewesen, es seien aber in der ÖVP nicht alle hinter Schmid gestanden: „Die ‚Türkisen‘ und die ÖVP waren nicht eine Fraktion.“ Kurz fügte am Ende des Verhandlungstages hinzu, dass Schmid die Nähe zu ihm gesucht habe und sich selbst auch ungefragt lobe und für alles Mögliche bedanke, auch für absurde Dinge. Zuvor hatte Schiefer gesagt, dass Kurz niemals wegen einer bestimmten Person bei ihm interveniert hätte.