Eine Frau geht an einem russischen Wahlplakat vorbei
IMAGO/TASS/Alexander Reka
Weißes Haus

Russland-Wahl „weder frei noch fair“

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich mit der am Sonntagabend zu Ende gegangenen Präsidentschaftswahl eine weitere sechsjährige Amtszeit gesichert. Nachdem erste Prognosen einen bereits lange vor dem Urnengang vorgezeichneten Weg bestätigten, wurde die Wahl noch während der laufenden Auszählung von den USA scharf kritisiert. Die EU verhängte neue Sanktionen.

„Die Wahlen sind offensichtlich weder frei noch fair, wenn man bedenkt, wie Herr Putin politische Gegner inhaftiert und andere daran hindert, gegen ihn zu kandidieren“, teilte das Weiße Haus am Sonntag mit. Die EU-Staaten übten mit einer gemeinsamen Erklärung scharfe Kritik am Ablauf der Wahl. Zugleich kündigten sie wegen der Einbeziehung von besetzten ukrainischen Gebieten auch Konsequenzen an.

Die „Wahlen“ auf der Krim sowie in Teilen der Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson stellten demnach einen weiteren offensichtlichen Verstoß Russlands gegen das Völkerrecht dar. Außerdem werden die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bedroht, hieß es in dem am Montag vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell veröffentlichten Text. Die Wahlergebnisse würden niemals anerkannt und seien null und nichtig.

EU-Staaten verhängen Sanktionen

Die EU verhängte als Reaktion auf den Tod des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny in einem russischen Straflager Sanktionen. Die Außenminister der Mitgliedsstaaten verständigten sich am Montag bei einem Treffen in Brüssel auf Strafmaßnahmen gegen Vertreter des russischen Justizsystems, wie mehrere Diplomaten der dpa bestätigten.

Zu den Wahlen in Russland hieß es in dem Text, diese hätten in einem immer kleiner gewordenen politischen Raum stattgefunden. Die russischen Behörden hätten die systematische Unterdrückung weiter verschärft, indem sie mit repressiven Gesetzen und politisch motivierten Gefängnisstrafen gegen Oppositionspolitiker, Organisationen der Zivilgesellschaft, unabhängige Medien und andere kritische Stimmen vorgegangen seien.

Polen: Wahl nicht „legal“

Deutliche Worte kamen nach Bekanntwerden erster Teilergebnisse aus Polen. Wie das polnische Außenministerium am Sonntagabend mitteilte, sei Russlands Präsidentschaftswahl „nicht legal, frei und fair“. Die Wahl sei „unter scharfen Repressionen“ und in besetzten Teilen der Ukraine unter Missachtung internationalen Rechts abgehalten worden, wie das Außenministerium in Warschau weiter kritisierte.

„Wird kein Schreiben an Putin geben“

Deutschlands Außenministerium bezeichnete den Urnengang via X (Twitter) als Pseudowahl: „Putin herrscht autoritär, er setzt auf Zensur, Repression und Gewalt.“ Einem Medienbericht zufolge will Deutschlands Präsident Frank-Walter Steinmeier dem russischen Präsidenten Putin nicht wie in solchen Fällen üblich zu seiner weiteren Amtszeit gratulieren. „Es wird kein Schreiben an Putin geben“, erklärte Steinmeiers Sprecherin Cerstin Gammelin am Sonntagabend nach Angaben des Berliner „Tagesspiegel“.

Zuvor hatte Steinmeier ein Statement verbreiten lassen, in dem er erklärte, er denke am Wahltag „an die Menschen in Russland, die dort für Freiheit und Demokratie kämpfen und in ständiger Gefahr vor Putins Regime leben“. „Diese Mutigen“ würden nicht vergessen. Steinmeiers Sprecherin schrieb im Onlinedienst X zudem von „sogenannten Präsidentschaftswahlen in Russland“.

Frankreich würdigte am Montag die friedlichen Demonstrierenden. „Die Voraussetzungen für eine freie, pluralistische und demokratische Wahl sind erneut nicht erfüllt“, hieß es aus dem Außenministerium, man nehme das „erwartbare Ergebnis der Präsidentschaftswahl zur Kenntnis“.

Schallenberg: Österreich lange „naiv“

Der Urnengang habe inmitten von Repression, Einschüchterung und Verfolgung begonnen, teilte Österreichs Außenministerium am Freitag zum Auftakt der dreitägigen Präsidentschaftswahl mit. „Das russische Volk verdient eine echte Wahl und die Sicherheit und Freiheit, sie auszuüben“, hieß es auf X. Verurteilt wurden außerdem „die Scheinwahlen“ in den besetzten Regionen. „Diese ‚Wahlen‘ sind illegal, ihre Ergebnisse entbehren jeglicher Legitimität!“

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) räumte am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ aber auch ein, dass sich Österreich gegenüber Russland lange Zeit „naiv und etwas blauäugig“ verhalten habe – mit dem Angriff auf die Ukraine habe sich das aber endgültig geändert. Bei Putin sei „der letzte Zweifel beseitigt worden“, man wisse, wofür er stehe.

Kreml weist Kritik zurück

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies die Kritik an der Wahl zurück. Russland höre nicht auf solche Meinungen. Das Ergebnis sei die „aussagekräftigste Bestätigung für die Unterstützung des Präsidenten durch die Bevölkerung“ Russlands.

„Weitere Wahl simuliert“

„Der russische Diktator“ habe „eine weitere Wahl simuliert“, hieß es indes vonseiten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. „Diese Wahlfälschung hat keine Legitimität und kann keine haben“, sagte Selenskyj am Sonntag in seiner allabendlichen Videoansprache.

„Diese Figur (Putin, Anm.) muss auf der Anklagebank in Den Haag landen – dafür müssen wir sorgen, jeder auf der Welt, der das Leben und den Anstand schätzt.“ Wie Selenskyj dazu ausführte, sei jedem in der Welt klar, dass Putin „einfach nur machtbesessen ist und alles tut, um lebenslang zu regieren“: Es gebe „kein Übel, das er nicht begehen würde, um seine persönliche Macht zu verlängern“.

China gratuliert Putin

China dagegen gratulierte Putin und pries die „langanhaltende Freundschaft“ beider Länder. „China und Russland sind ihre jeweils größten Nachbarländer und strategische Kooperationspartner in einer neuen Ära“, sagte Außenamtssprecher Lin Jian am Montag. „Wir glauben fest daran, dass unter der strategischen Führung von Präsident Xi Jinping und Präsident Putin die Beziehungen zwischen China und Russland weiter voranschreiten.“

Putin wiedergewählt

Wladimir Putin hat nach Auszählung fast aller Stimmen laut Wahlkommission bei der Präsidentschaftswahl in Russland rund 88 Prozent erreicht. Ein Rekordergebnis, das der 71-Jährige nur mit Betrug und Zwang erreicht hat. Damit sichert sich Putin mindestens sechs weitere Jahre an der Macht.

Glückwünsche aus autoritären Staaten

Auch einige autoritär regierende Staatschefs beglückwünschten Putin. Gratulationen hätten die Staatschefs von Nicaragua, Tadschikistan und Venezuela übermittelt, teilte die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS mit.

Nicolas Maduro, der Venezuela seit 2013 autoritär regiert und sich im Sommer wiederwählen lassen will, bezeichnete den Sieg des „älteren Bruders“ als gutes Vorzeichen für die ganze Welt. Nicaraguas Präsident Daniel Ortega sprach von einem Triumph, der zur Stabilität und einer besseren Zukunft der Menschheit beitragen werde. Die Wahl selbst sei vorbildlich und ruhig verlaufen, sagte Ortega.

Tadschikistans Präsident Emomali Rachmon, der sein Land seit Beginn der 1990er führt, sprach von einem überzeugenden Sieg Putins. Er hoffe auf die weitere Entwicklung der bilateralen Beziehungen.