Wahlstimmen

Schärding und der kleine Grenzverkehr

„Es war ein großer Fortschritt, dass wir zur EU gekommen sind“, sagt Eva Wohlfarth aus Freinberg im Bezirk Schärding. Für ihre Arbeit in Deutschland habe sie keine Arbeitsgenehmigung gebraucht, erzählt sie aus der Vergangenheit. Doch auch in der Gegenwart hängen Schärding und das Umland mit dem benachbarten Bayern eng zusammen.

„Ohne den deutschen Markt wäre Schärding oder auch das Innviertel nicht so produktiv, wie wir es sind“, so Dieter Marfiewiecz – der Deutsche führt schon seit Jahren einen Friseursalon in Schärding. Er gibt einen Einblick in die wirtschaftliche Entwicklung im Innviertel.

Insbesondere entlang der Innkreisautobahn hätten sich viele Unternehmen angesiedelt – neue Arbeitsplätze seien entstanden. Die Situation sei mittlerweile sogar so, dass Arbeitskräfte aus dem deutschen Raum in Schärding Arbeit suchten – früher sei es umgekehrt gewesen.

„Unverständnis für Neuwahl“

Es gebe wenig Verständnis für die Neuwahl, sagt Dieter Marfiewiecz in Schärding, es gebe auch keine Not, dass zweimal so kurz hintereinander gewählt werde.

Mehr Frust durch Grenzkontrollen

In den Gesprächen am ORF.at-„Wahlstimmen“-Set wird mehrfach die Flüchtlingskrise thematisiert: „Migration war auch immer großes Thema, vor allem an der Grenze zu Deutschland. Das ist 2015 stark zu spüren gewesen in Schärding“, sagt Eva-Maria Schwendinger, sie studiert Internationale Betriebswirtschaft. Sie lebt in Wien und kommt ursprünglich aus dem Bezirk Schärding.

Auch die mühsamen Umstände kommen zur Sprache: „Man merkt, dass die Leute mehr Frust haben, wenn sie ständig an der Grenze kontrolliert werden. Das ist ein Thema, das man mit der Ausländerproblematik und der Zuwanderung gut verkaufen kann“, sagt Josef Parzer aus Schärding. Gerade Berufspendler würden oft stundenlang unnütz im Stau stehen, es gebe dadurch auch viele Unfälle.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Spiegelung der Häuserfassade in Schärding in einer Regenpfütze auf einer orangener Sitzbank
ORF.at/Carina Kainz
Interview vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Schärding
ORF.at/Carina Kainz
Interview vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Schärding, im Hintergrund eine bunte Fassade
ORF.at/Carina Kainz
Mann mit buntem Regenschirm in Schärding
ORF.at/Carina Kainz
Blick durch den Pranger am Hauptplatz von Schärding zeigt den blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus
ORF.at/Carina Kainz
Interviewpartnerin, KAmeras und Crewmitglieder vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Schärding
ORF.at/Carina Kainz
Frau spannt Regensachirm vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Schärding auf
ORF.at/Carina Kainz
Interviewpartnerin vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Schärding
ORF.at/Carina Kainz
Nasse Sitzplätze vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Schärding
ORF.at/Carina Kainz
Interview vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Schärding
ORF.at/Carina Kainz

Eva Wohlfarth erzählt, in ihrer Jugend habe sie täglich 1,5 Stunden mit dem Bus zur Schule fahren müssen. Ein kürzerer Weg nach Passau sei nicht möglich gewesen – damals war Österreich noch nicht bei der EU. Dabei liegen zwischen Schärding und Passau gerade einmal knapp 17 Kilometer – heute locker in einer knappen halben Stunde machbar.

„Wahlkampf eigentlich unerträglich“

Doch auch die gegenwärtige politische Situation kommt vielfach zur Sprache: „Dieser ganze Wahlkampf ist eigentlich unerträglich, die Schuldzuweisungen, diese Slogans – ganz viele in meinem Bekanntenkreis wollen das nicht mehr sehen“, sagt Anna Zallinger aus Schärding.

Eine etwas andere Meinung vertritt Elfriede Haider – auch sie kommt aus Schärding. Erst vor einer Woche hat sie sich bei der „türkisen ÖVP“ eingeschrieben, wie sie ORF.at stolz erzählt. „Das hat mich in der Regierungszeit von Türkis und Blau sehr gestört, egal was sie gemacht haben – was sie eingebracht haben, war sofort schlecht.“

Wo sind die Blauen?

Andere sorgen sich um die Wahlbeteiligung: „Für mich ist es auch schwer, jetzt zu entscheiden, was ich wähle. Aber ich hoffe nicht, dass die vergangenen Ereignisse dazu führen, dass die Leute noch weniger wählen gehen“, meint Schwendinger.

Bemerkenswert ist, dass sich am „Wahlstimmen“-Set gegenüber ORF.at niemand zur FPÖ bekennen will, obwohl Schärding für einen hohen Anteil an Blauen bekannt ist. Viele Stunden später erzählt uns ein FPÖ-Gemeinderat, dass unter unseren Gesprächspartnern sehr wohl einige deklarierte Blaue bzw. ehemalige Blaue gewesen seien.

„Für Wohlstand etwas leisten“

Dass man für Wohlstand etwas leisten muss, ist für Elfriede Haider in Schärding wichtig. Wer Hilfe brauche, soll sie aber auch bekommen.

Grenze zu Bayern

Die Stadt mit den beeindruckenden farbenfrohen Barockgebäuden liegt unmittelbar an der deutschen Grenze am Inn – die Grenze verläuft entlang der Flussmitte. Trotz Regens sind zahlreiche der gut 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner auf dem Oberen Stadtplatz unterwegs, als das „Wahlstimmen“-Team mit dem Bus einrollt. Der Montag verläuft regnerisch – Improvisation ist nötig: Der Besitzer eines an dem Tag geschlossenen Eisgeschäfts stellt uns seinen mit Schirmen geschützten Gastgarten zur Verfügung.

Auf der Anreise durch das Innviertel ist eines nicht zu übersehen: Auf der Innviertler Straße auf dem Weg nach Schärding gibt es vor allem eine wahlwerbende Partei – die FPÖ. Großflächig sind Norbert Hofer und Herbert Kickl affichiert. Nur sehr vereinzelt finden sich Plakate und Aufsteller anderer Parteien – noch am ehesten jene der SPÖ.

Die kommenden Orte und Daten zur „Wahlstimmen“-Tour:

  • 3.9.: Zwettl, Niederösterreich
  • 4.9.: Mattersburg, Burgenland
  • 5.9.: Wien

Gutes Terrain für FPÖ

Die starke Präsenz an Plakaten kommt nicht von ungefähr. Im Innviertel bzw. in Schärding fährt traditionell die FPÖ starke Resultate ein: Knapp 32 Prozent konnten sich bei der letzten Nationalratswahl 2017 für die Blauen begeistern. Rot und Schwarz wählten 28 Prozent.

Schärding und der kleine Grenzverkehr

Schärding und das benachbarte Bayern hängen eng zusammen. Das war vor dem Beitritt der EU noch anders.

Bei den heurigen EU-Wahlen schnitt die ÖVP mit etwa 32 Prozent stark ab – SPÖ und FPÖ folgten mit 27 bzw. 22,5. Ebenfalls stark waren die Grünen – sie bekamen rund zwölf Prozent. Den Bürgermeister stellt seit 2003 die ÖVP – Franz Xaver Angerer hat das Amt seit Beginn der Nullerjahre lange inne.