Werner Kogler auf dem ORF.at-„Wahlstimmen“-Studio
ORF.at/Carina Kainz
„Wahlstimmen“

Kogler will niemandem „wehtun“

Der Kampf gegen die Klimakrise ist das zentrale Wahlkampfthema der Grünen. Dabei versucht die Partei unter ihrem Chef Werner Kogler möglichst auf den erhobenen Zeigefinger zu verzichten. Auf der ORF.at-„Wahlstimmen“-Couch erzählt der Spitzenkandidat aber auch, dass sein Herz nicht nur am Thema Ökologie hängt.

Es hat ohne Zweifel schon einmal schlechter für die Grünen ausgesehen. Mit der Klimakrise ist eines ihrer Themen zentral im Wahlkampf. Der Partei sagen alle Umfragen einen Wiedereinzug in den Nationalrat voraus – zwei Jahre nachdem sie aus ebendiesem geflogen sind. Eine „inhaltliche Standortbestimmung“ und Rückbesinnung habe das nach sich gezogen, sagt Kogler heute. Und offenbar auch eine neue Art der Kommunikation.

„Fürchtet euch nicht“, sagt der grüne Spitzenkandidat, als er auf die Maßnahmen gegen die Klimakrise zu sprechen kommt. Er spricht von einem „Einstieg ins Solarzeitalter“, von einer „Zeitenwende“, die „ganz viele Chancen“ habe – „und die sollte man nutzen“. So will der Grünen-Chef auch nicht von einer CO2-Steuer, sondern lieber von einer „ökologisch-sozialen Steuerreform“ sprechen – und das nicht nur, weil es den Ausdruck „schon viel länger“ gebe.

„Grundprinzip“ Klimaschutz

Das „Gute“ soll entlastet und das „Schlechte“ teurer werden: Für Kogler das „Grundprinzip“ der grünen Klimapolitik.

Vom „Guten“ und „Schlechten“

„Wichtig ist, dass das Grundprinzip verstanden wird, nämlich das Gute wird preislich über die Steuer entlastet. Und das Schlechte wird teurer.“ Das „Schlechte“, das sind für Kogler „klimaschädliche Produktionen“ und „klimaschädliche Konsumvorgänge“. Und das Gute? All das, „wo viel menschliche Arbeitskraft drinnen ist“. „Das heißt regionale Produkte, wo man mehr mit den Händen machen muss, auch im Lebensmittelbereich. Oder wo viel Forschung drinnen steckt, weil das sind auch Menschen, die denken“, so der Grünen-Chef.

„Wahlstimmen“ im Studio

Zwei Wochen lang sammelte ORF.at „Wahlstimmen“ in ganz Österreich. Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten bekommen eine Auswahl davon zu sehen – und die Möglichkeit, darauf zu antworten.

Zugleich spricht sich Kogler wenig überraschend für einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs aus. Für ganz Österreich wünscht er sich ein Ticket um drei Euro pro Tag – wenn das auch nicht immer Bahnfahren bedeuten muss. „Selbstverständlich brauchen wir ein Schnellbusnetz.“ Allerdings: „In vielen Gegenden, die ganz dünn besiedelt sind, wird weiter das Auto eine Rolle spielen“, sagt Kogler. Nachsatz: „Aber in unserer Welt ab 2028, 2030 sind die sowieso elektrogetrieben.“ Laut Kogler sind das alles Angebote, „wo niemandem wehgetan wird“. Nachsatz: „Jedenfalls ist das ja nicht die Absicht.“

Fotostrecke mit 4 Bildern

Werner Kogler betritt das ORF.at-„Wahlstimmen“-Studio
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Als Spitzenkandidat der Grünen war auch Werner Kogler auf die ORF.at-„Wahlstimmen“-Couch geladen
Werner Kogler auf dem ORF.at-„Wahlstimmen“-Studio
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Die farbliche Abstimmung von Spitzenkandidat und Polster war Zufall
Werner Kogler auf dem ORF.at-„Wahlstimmen“-Studio
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Welche Antworten haben die Grünen auf die aktuellen gesellschaftlichen Fragen?
Werner Kogler auf dem ORF.at-„Wahlstimmen“-Studio
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Auch Kogler bekam ausgewählte Stimmunsgbilder aus dem ganzen Land zu sehen

Der Ruf nach dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist freilich kein grünes Alleinstellungsmerkmal mehr. Die Forderung, keine neuen Autobahnen zu bauen, schon eher. Fünf, sechs, sieben Milliarden Euro würde etwa die geplante Waldviertel-Autobahn in Niederösterreich kosten, sagt Kogler – Geld, das er im Ausbau des öffentlichen Verkehrs verwendet sehen möchte. Wobei der Grünen-Chef da womöglich etwas hoch greift. Niedrige Schätzungen gehen von Kosten um die 1,5 Milliarden Euro für das – noch nicht einmal im Planungsstadium befindliche – Autobahnprojekt aus.

„Herzblut“ für die Kinderbetreuung

Neben Klima und Verkehr beschäftigen die Österreicherinnen und Österreicher freilich noch andere Dinge – wie auch die ORF.at-„Wahlstimmen“-Tour gezeigt hat. Zum Beispiel das Thema Kinderbetreuung. Daran „hängt“ das „Herzblut“ der Grünen „oder meines im Besonderen“, sagt Kogler und fordert eine flächendeckende Kinderbetreuung. Das sei auch „gegenüber den Kindern wichtig“, so der grüne Spitzenkandidat. Die „Benachteiligten würden davon profitieren, wenn wir zwei Kindergartenjahre hätten, die dann entsprechend günstiger oder kostenlos angeboten werden“.

„Hauptsache, wir haben eine Demokratie“

Er klinge „schon fast wie der Bundespräsident“, sagt Kogler.

Stichwort Benachteiligung: Dass es in Österreich immer noch Kinderarmut gebe, „ist eines der Dinge, die mich am meisten stören“, sagt Kogler. Dass diese in einem Land wie Österreich sogar steige, sei „einfach unfassbar“. Über steuerliche Maßnahmen und über die Sozialhilfe sollte sichergestellt werden, dass „für jedes Kind sozusagen eine gleiche Kinderförderung an die Familien ausbezahlt wird“. Auf der anderen Seite des Altersspektrums, bei den Pensionen, sehe das Pensionsmodell der Grünen einen „Mindestsockel“ vor, der zumindest „knapp über der Armutsschwelle“ liege, so Kogler. Das würde vor allem „ganz vielen Frauen nützen“.

„Drehen“ an der Raumordnung

Als soziales Thema werden in Österreich mittlerweile auch die steigenden Preise fürs Wohnen thematisiert. Neben der Einführung einer Mietpreisbremse „müssen wir natürlich auch Angebot schaffen an Wohnraum“, sagt Kogler. Vor allem die Wohnbauförderungen müssten wieder stärker zweckgebunden werden. Und gebaut werden sollte überall dort, „wo schon Bauland gewidmet ist“. Das müsse man „von der Raumordnung über die Steuerpolitik so hindrehen“. Zwar könne die Bauordnung bei den Ländern bleiben, „aber der Bund kann natürlich darüber, wie er die Mittel den Ländern zur Verfügung stellt, Einfluss nehmen“, sagt der Grünen-Chef.

„Nicht alles schlechtreden“

Apropos Mittel: Er wäre durchaus dafür, dass die Wahlkampfkosten „noch viel stärker beschränkt werden“, sagt Kogler. Angesprochen auf eine mögliche Politikverdrossenheit im Land, nimmt der Grünen-Chef aber auch die Wählerinnen und Wähler in die Pflicht. In „ganz großen Teilen der Welt“ wären die Menschen über ein demokratisches System wie in Österreich froh. „Man muss nicht immer alles schlechtreden“, so der Spitzenkandidat.

Das gesamte Gespräch zum Nachschauen

Was sagt Kogler zu den im ganzen Land gesammelten „Wahlstimmen“? Die Antwort darauf bietet das gesamte Gespräch zum Nachschauen.

„Der Punkt ist nur: Wie kriegen wir das auf die Reihe, dass da halt verschiedene Angebote sind?“ Natürlich sei er mit seinen politischen Mitbewerbern nicht immer einer Meinung. Aber „alle die, die nachher im Parlament sitzen oder überhaupt regieren sollen“, müssten sich „wieder finden“, sagt Kogler. „Wir werden das Land nicht unregiert lassen“, sagt Kogler – auch wenn er „jetzt schon wie der Bundespräsident“ rede. Man dürfe den „Kompromiss nicht denunzieren“. Am Ende seien „schon auch die Bürger und Bürgerinnen aufgerufen, ein bisschen aktiver hinzuschauen – und wenn ihnen einer gar nicht gefällt, ja, dann wählen sie halt nicht“.