KPÖ-Spitzenkandidat Ivo Hajnal im ORF.at-Wahlstimmen-Studio
ORF.at/Roland Winkler
Wahlstimmen

KPÖ steht „quer in der Landschaft“

„Ich bin kein Politiker“, sagt Ivo Hajnal auf der ORF.at-„Wahlstimmen“-Couch. Als Spitzenkandidat eines Wahlbündnisses unter der Flagge der KPÖ kommt er im Wahlkampf aber nicht um politische Statements herum. Manche Aussage würde man von seinen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern aber so wohl nicht hören.

Er wisse schon, dass sein Bündnis (Alternative Listen, KPÖ PLUS, Linke und Unabhängige) „ein bisschen quer in der Landschaft“ stehe, sagt Hajnal. Das hat nicht nur damit zu tun, dass sich die Wahlplattform gleich aus mehreren linken Listen und Parteien zusammensetzt – und Hajnal zwar unter dem Label KPÖ antritt, selbst aber gar nicht Parteimitglied ist. Er hat seine politische Heimat in der Alternativen Liste Innsbruck. Auch inhaltlich sieht sich der Innsbrucker Uniprofessor zum Teil außerhalb der bekannten Schemata.

Konkret spricht Hajnal im Gespräch mit Gerald Heidegger den Umstand an, dass im KPÖ-Wahlprogramm CO2-Steuern abgelehnt werden. Das habe nichts damit zu tun, dass er den Klimawandel nicht ernst nehme. „Ich bin wirklich zutiefst überzeugt, dass wir ein echtes Problem haben“, sagt Hajnal.

„Unbequemer Weg“

Indem sie CO2-Steuern ablehne, sei die KPÖ den „unbequemen Weg“ gegangen, sagt Hajnal.

Eine CO2-Steuer sei aber die falsche Antwort. Die sei eine „Konsumsteuer“ und treffe die Menschen am stärksten, deren Lebenswandel „am wenigsten CO2 erzeugt. Weil sich die Menschen einfach nicht das Fliegen oder das teure Auto, den SUV oder weiß Gott was leisten können.“ Und diejenigen, die es sich leisten können, würden nicht abgehalten, weiter zu konsumieren. „Das ist ein moderner Ablasshandel“, sagt Hajnal.

OMV-Verstaatlichung gegen Klimakrise

Geht es nach der KPÖ, sollen stattdessen die Energiekonzerne, allen voran die OMV, wieder voll verstaatlicht werden und zu „Umweltfreundlichkeit“ verpflichtet werden. Außerdem plädiert Hajnal für die „Abschaffung der umweltschädlichen Förderungen“ und die Einführung einer „extrem moderaten“ Vermögenssteuer von 0,5 Prozent. „Das ergibt in Summe 13 Milliarden Euro, die man schon verwenden kann, um den Umbau zu schaffen“, sagt Hajnal.

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KPÖ-Spitzenkandidat Ivo Hajnal im ORF.at-Wahlstimmen-Studio
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ORF.at hat die Spitzenkandidaten aller bundesweit kandidierenden Parteien auf die „Wahlstimmen“-Couch geladen
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Hajnal ist selbst nicht Mitglied der KPÖ – er kommt aus der Alternativen Liste Innsbruck
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„Ich bin kein Politiker“, sagt Hajnal von sich selbst
KPÖ-Spitzenkandidat Ivo Hajnal im ORF.at-Wahlstimmen-Studio
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„Entschuldigung, wir wollen das anders“: Hajnals Antreten ging auch Wut über die politische Situation voraus

Die Summe mag dabei etwas hoch gegriffen sein. In ihrem Fünf-Punkte-Programm spricht die KPÖ selbst davon, „klimaschädliche Förderungen“ in der Höhe von 4,9 Milliarden Euro zu streichen. Aus der Vermögenssteuer sollen laut dem Papier rund sechs Milliarden kommen. Bei einem geplanten Steuersatz von 0,5 Prozent ist das auch schon optimistisch gerechnet. Und 13 Milliarden ergibt es in Summe trotzdem nicht.

„Wahlstimmen“ im Studio

Zwei Wochen lang sammelte ORF.at „Wahlstimmen“ in ganz Österreich. Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten bekommen eine Auswahl davon zu sehen – und die Möglichkeit, darauf zu antworten.

Eng mit dem Klima verbunden ist auch die Verkehrsfrage – ein Thema, das auch auf der ORF.at-„Wahlstimmen“-Tour oft zur Sprache kam. Es sei „völlig klar, dass wir nicht fordern können, dass die Menschen in der ländlichen Region auf ihr Auto verzichten“, sagt der KPÖ-Spitzenkandidat. „Was wir wollen in einem ersten Schritt, sind Gratis-‚Öffis‘, aber entlang der großen Einfahrtsachsen.“ In Tirol hieße das zum Beispiel entlang des Inntals. Laut Hajnal ist das „nicht einmal so teuer, wie man meint“. Der Preis berechne sich nach der Länge des Liniennetzes. „Das heißt, je weniger sich gratis anbieten, desto effizienter können sie handeln.“

„Schlange mit vielen Köpfen“

Dass er Pendlerinnen und Pendler jedenfalls nicht stärker finanziell belasten möchte, argumentiert Hajnal auch damit, dass viele „genau deswegen pendeln, weil sie sich das Wohnen in den Innenstädten – in den gentrifizierten – einfach nicht mehr leisten können“. Überhaupt ist „das Wohnthema“ für den KPÖ-Kandidaten „eine Schlange mit vielen Köpfen. Und wir müssen im Grunde jeden Kopf abhauen. Ich glaube, die wichtigste Kernaussage ist: Wir müssen das Wohnen wieder der Logik von Angebot und Nachfrage entziehen“, sagt Hajnal. Seine Lösungsvorschläge: „Erstens mal die alte Mietrechtsgesetzgebung wieder einzuführen, zweitens Richtwerte einzuführen, drittens zu rekommunalisieren.“

Selbst etwas ratlos gibt sich Hajnal jedoch, wenn es darum geht, wo gebaut werden soll. „Wir müssen den Menschen Wohnraum anbieten, aber wir müssen natürlich auch diese Zersiedelung und vor allem die Versiegelung der Böden stoppen“, sagt der KPÖ-Kandidat. Zugleich verstehe er, wenn Menschen sich wehren, wenn bestehende Strukturen weiter verdichtet werden. „Du kannst es nicht vollstopfen“, sagt Hajnal und sieht „wirklich ein verdammtes Dilemma“.

Einstehen für „Umlagesystem“

Kein derartiges Dilemma sieht Hajnal bei einem anderen großen gesellschaftlichen Thema: den Pensionen. Das „klassische Umlagesystem“ funktioniere weiterhin – vorausgesetzt die Menschen bekommen „anständige Löhne“, sagt Hajnal. „Sichere Jobs, gut bezahlte Jobs bedeutet auch genug Geld für Pensionen.“ Allerdings: Bis zu 14 Prozent der Jobs würden durch die Digitalisierung verschwinden, sagt Hajnal und spricht noch von einer „vorsichtigen Schätzung“.

Lohngrenze für Politiker

2.300 Euro brutto – mehr sollte ein Politiker zurzeit nicht verdienen, sagt Hajnal.

Laut dem KPÖ-Kandidaten bringt das für die Unternehmen im Gegenzug aber einen Produktivitätsgewinn – den sie an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weitergeben müssten. Woraus für Hajnal und sein Wahlbündnis die Forderung nach einer 32-Stunden-Woche folgt – „bei 1.750 Euro Mindestlohn“.

„Was soll ich denn tun?“

Man stehe vor einem „Riesenhaufen von Herausforderungen, um Österreich wieder dahin zu bringen, wo es einmal war. Das tönt unglaublich retro, aber was soll ich denn tun?“, so Hajnal. Es sei durchaus auch die Wut über die politische Situation gewesen, die ihn schließlich zu einem Antritt bewegt habe, sagt der Spitzenkandidat. „Man kann auch mal dazu stehen, dass man angefressen ist. Aber was für uns wichtig war im Wahlkampf, dass wir nicht mehr gegen die anderen losledern, sondern einfach unser Ding machen.“

Das gesamte Gespräch zum Nachschauen

Was sagt Hajnal zu den im ganzen Land gesammelten „Wahlstimmen“? Die Antwort darauf bietet das gesamte Gespräch zum Nachschauen.

Im Falle der KPÖ heißt das übrigens auch: Sollte Hajnal – entgegen allen Umfragen – tatsächlich in den Nationalrat einziehen, würde er deutlich weniger Geld aufs Konto bekommen als andere Abgeordnete. „Wir finden hohe Politikergehälter unanständig“, sagt Hajnal. „Und darum haben wir uns persönlich jetzt auf 2.300 Euro beschränkt – brutto. Und alles andere geben wir in einen Sozialtopf.“ Das Argument, dass sich dann keine qualifizierten Menschen mehr für die Politik finden ließen, ist für Hajnal vor allem eins: „komplett idiotisch“.