Blick ins Lokal 7 beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Benko, Pierer

Spannung vor Befragung in U-Ausschuss

Der „Ibiza“-Untersuchungsausschuss steht am Mittwoch ganz im Zeichen von Großspendern und prominenten Namen. Neben Immobilieninvestor Rene Benko (Signa Holding) ist auch KTM-Chef Stefan Pierer geladen, der die ÖVP im Wahlkampf 2017 mit über 430.000 Euro unterstützt hat. Am Dienstag ging es um Familienbande, Privatspitäler und einmal mehr um Spenden und Parteien.

Der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, nunmehr Team Strache (TS), nannte Benko im „Ibiza-Video“ als Spender an FPÖ-nahe Vereine. Über den Signa-Gründer meinte Strache in dem Video unter anderem, Benko zahle „die ÖVP und uns“. Mehrfach soll sich Strache mit Benko ab Anfang 2018 getroffen haben, er soll ihn laut Ermittlungen der „SoKo Ibiza“ auch kurz nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ angerufen haben. Treffen mit Benko bestätigte Strache bei seiner Aussage im U-Ausschuss im Juni, zum Inhalt der Gespräche wollte er aber nichts sagen.

Benko dementierte Zuwendungen an die FPÖ, auch Strache widerrief seine eigenen Behauptungen. Signa bestätigte Ende November gegenüber „profil“ den telefonischen Kontakt Straches zu Benko nach der Videoveröffentlichung, er habe darin „Befürchtungen zur Existenz eines ominösen Videos geäußert“ mit „eventuell missverständlichen Äußerungen und haltlosen Behauptungen“. Der Ex-Vizekanzler habe sich von den Aussagen aber distanziert, man erachte die Angelegenheit damit als erledigt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte in seiner Befragung im U-Ausschuss ausgesagt, dass er mit Benko nicht über Spenden an die ÖVP gesprochen habe. Unter anderem zu seinen monetären Zuwendungen an die ÖVP wird dann wohl auch Pierer befragt werden, der beispielsweise im Wahljahr 2017 mit 436.563 Euro eine Großspende an die Volkspartei geleistet hatte. Er war damit zweitgrößter Einzelspender, wie die ÖVP Mitte 2019 selbst bekanntgab. Als größte Spenderin gilt die Milliardärin Heidi Horten, die bereits zweimal geladen wurde, aber aus gesundheitlichen Gründen bisher nie befragt wurde. Den Abschluss macht am Mittwoch Uniqa-Chef Andreas Brandstetter.

Verhärtete Fronten am Dienstag

Der Dienstag im U-Ausschuss war von neuen Reibereien zwischen den Fraktionen geprägt. Die Opposition stellte eine erneute Ladung von Kurz in den Raum, die ÖVP-Fraktion berichtete von einer anonymen Anzeige gegen Abgeordnete von SPÖ, NEOS und Grünen wegen versuchter Einflussnahme. Auch die erste Einvernahme wurde durchwegs emotional geführt.

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl legte vor der Sitzung eine anonyme Anzeige vor, die den drei Fraktionsführern im U-Ausschuss – Nina Tomaselli (Grüne), Kai Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (NEOS) – vorwirft, dass sie versucht hätten, die Aussage von Ex-Novomatic-Geschäftspartner Peter Barthold im Vorfeld des „Ibiza“-U-Ausschusses zu beeinflussen. Ziel sei es gewesen, „legal in Österreich agierende Glücksspielanbieter“, namentlich die Novomatic, zu schädigen. Die Genannten wiesen die Vorwürfe von sich, Krisper sah darin ein „billiges Ablenkungsmanöver“, Tomaselli bezeichnete sie als „Schwachsinn“.

Spannungen bei Befragung von Graf-Verwandter

Die Einvernahme der ersten Auskunftsperson Tina L., Nichte zweiten Grades von Novomatic-Gründer Johann Graf, wurde von gegenseitigen Vorwürfen und einem immer wieder angriffigen Unterton auf beiden Seiten begleitet. L. sah mehrfach durch die Fragen der Abgeordneten einen Eingriff in ihre Privatsphäre, was sie auch der Medienberichterstattung im Vorfeld vorwarf. Später erinnerte sie wegen eines Zwischenrufs von Grünen-Mandatar David Stögmüller an die „gute Kinderstube“, auf die man nicht vergessen solle.

Lokal 7 beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Bei der ersten Befragung war die Stimmung im Ausschuss mitunter angespannt

Die Auskunftsperson war wegen einer Schenkung in Millionenhöhe von Graf an sie geladen. Sie war unter anderem Mitarbeiterin im Büro von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und nahm an der Betriebsführung teil, in deren Rahmen Sobotka Graf getroffen hatte. Sie habe aus privatem Interesse an der Führung teilgenommen, gab sie an, bei dem Gespräch zwischen Graf und Sobotka, bei dem auch ihr Mann, Novomatic-Aufsichtsratschef Bernd Oswald anwesend war, sei sie nicht dabei gewesen. Sie kenne auch den Inhalt der Gespräche nicht.

L. war auch kurzfristig geringfügig im Kabinett von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) tätig, mit dem sie laut eigenen Aussagen über die Kinder auch seit ein paar Jahren befreundet ist. Sie habe ihren Job im April 2020 wegen der Familie aufgegeben, damals sei ihr Name erstmals in den Medien gestanden. Einen Tag später hatte die „SoKo Ibiza“ die Schenkungliste von Graf im Innenministerium angefordert. Von der offenen Stelle in Nehammers Kabinett habe sie „gehört“ – vom wem, wollte sie nicht sagen. Das sei nicht Untersuchungsgegenstand, führte L. an. In vielen Fällen gab ihr Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl recht.

Beamter schilderte Begutachtungsentwurf

Nach L. wurde ein Beamter des Finanzministeriums befragt, der für das Glücksspiel zuständig ist. In seiner fast 40-jährigen Tätigkeit in der Aufsicht des Glücksspiels habe er noch nie einen Rückzieher bei einer Novelle in der Begutachtung erlebt, sagte er. Er sagte aus, dass er per E-Mail informiert worden sei, dass noch eine Spiegelung notwendig sei. „Wenn ich so ein Schreiben erhalte, dann bedeutet das für mich, dass es einer politischen Abstimmung bedarf“. Mit dem damals für das Glücksspiel zuständigen Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) habe man nicht kommunizieren dürfen, sagte die Auskunftsperson.

Die Novelle 2018 zum Glücksspielgesetz sah ein verschärftes Vorgehen gegen das illegale Glücksspiel vor. So sollte etwa die Möglichkeit von Netzsperren gegen die Anbieter illegaler Onlineglücksspiele (IP-Blocking, Anm.) möglich sein. Der Entwurf wurde Ende Februar 2018 in Begutachtung geschickt, aber kurze Zeit später wieder zurückgezogen. Zuerst hieß es, dass es sich um ein „technisches Versehen“ handelte und eine Überarbeitung „demnächst“ folgen werde. Daraus wurde allerdings nichts.

NEOS-Fraktionschefin Krisper legte eine E-Mail vor, aus der hervorgeht, dass eine Kabinettsmitarbeiterin vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) einem Beamten mitgeteilt hat, dass „nach Rücksprache mit GS Schmid“ (damaliger Generalsekretär im Ressort, Thomas Schmid, Anm.) der Entwurf der Glücksspiel-Novelle zurückzuziehen sei. Der Beamte reagierte, dass Löger die Begutachtung bereits bestätigt habe. Aber man könne den Auftrag erledigen, so der Beamte. Krisper ortete, dass Schmid die Fäden im Ressort zog.

Strache setzte sich für Privatspital ein

Zum Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) wurde am Abend dann die dritte Auskunftsperson, Julian Hadschieff, befragt. Der PRIKRAF liegt im Fokus des Ausschusses, weil Spender von ÖVP und FPÖ von Gesetzesänderungen unter Türkis-Blau profitiert haben sollen. Beim PRIKRAF handelt es sich um einen Fonds, aus dem Privatspitäler Geld bekommen, sofern sie medizinisch notwendige Leistungen für Pflichtversicherte erbringen.

Hadschieff, Vorstandsvorsitzender der PremiQuaMed des Versicherers Uniqa und Obmann des Fachverbands für Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), soll laut der Aussage von Privatklinikeigentümer Walter Grubmüller im U-Ausschuss jahrelang die Aufnahme von dessen Klinik in den PRIKRAF verhindert und torpediert haben.

Zwei Termine hat es laut Hadschieff mit ihm und dem damaligen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, nunmehr Team Strache (TS), gegeben. Strache soll die Aufnahme der Privatklinik Währing vorangetrieben haben. Es steht der Vorwurf im Raum, dass Grubmüller im Gegenzug für die Aufnahme an die FPÖ 10.000 Euro spendete. Die PremiQuaMed spendete ebenfalls Geld, 50.000 Euro, im Zuge der großen Sammelaktion der ÖVP im Sommer 2017, so Hadschieff.