Bundeskanzler Karl Nehammer
Reuters/Leonhard Foeger
„Systemischer Ansatz“

Kanzler verweist auf Wirtschaftspaket

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal auf die Hilfen für die Wirtschaft in dem von der Regierung am Dienstag vorgestellten sechs Milliarden Euro schweren Antiteuerungspaket verwiesen. Es brauche einen „systemischen Ansatz“, so Nehammer. Er verwies auf das Ankurbeln des Konsums durch die Maßnahmen für die Bevölkerung. Damit solle das Paket refinanziert werden.

Es brauche ein Miteinander, deshalb gebe es auch das Paket für die Wirtschaft, sagte der Kanzler. Genauso gebe es ein 110 Millionen Euro schweres Maßnahmenpaket für die Landwirtschaft, so Nehammer weiter.

Auch in der Landwirtschaft sei es wichtig, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten; genauso, dass Industrieunternehmen, kleinere und mittlere Unternehmen nach wie vor wirtschaften könnten, auch wenn sie energieintensiv seien; dass Arbeitsplätze weiter gesichert würden bzw. sogar mehr Arbeitsplätze entstehen könnten, sagte der Kanzler über das Wirtschaftspaket.

Wie sich die Wirtschaftmilliarde zusammensetzen soll

Für die Wirtschaft werden Maßnahmen in einem Umfang von rund einer Milliarde Euro ergriffen. So soll es eine Strompreiskompensation im Ausmaß von 200 Mio. Euro. geben. Ein Direktzuschuss für energieintensive Unternehmen im Ausmaß von 400 bis 500 Mio. Euro soll kommen.

Die Details zum Direktzuschuss und zur Strompreiskompensation würden derzeit im Wirtschaftsministerium erarbeitet, hieß es am Dienstag. Zusätzlich soll eine Prämie von 3.000 Euro für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steuer- und abgabenfrei sowie sozialverischerungsbeitragsfrei sein. Hier werden die Kosten mit etwa 300 Mio. Euro angenommen.

Paket im Ministerrat beschlossen

Die Regierung beschloss das Anti-Teuerungs-Paket am Mittwoch im Ministerrat. Im Pressefoyer betonte Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) neuerlich die „historische Dimension“ des Paketes, Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bezeichnete die Abschaffung der kalten Progression als „Akt der Fairness“. Bevölkerung und Unternehmen sollen heuer mit über sechs Mrd. Euro entlastet werden, bis 2026 beträgt das Gesamtvolumen 28 Mrd. Euro.

Nehammer: Menschen durch Krise „begleiten“

Die Koalitionsspitze lobte und verteidigte zuvor am Dienstagabend in der ZIB2 das Paket. Nehammer sagte, es brauche differenzierte Lösungen. Aufgabe der Politik sei es, die Menschen durch die Krise „zu begleiten“. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte, man lebe in einer „Zeitenwende“, und reklamierte vor allem die Valorisierung der Sozialleistungen als „historisch“.

Laut Nehammer ist etwas gelungen, das andere über Jahrzehnte nicht geschafft hätten. Ziel sei es einerseits, mit der Abschaffung der kalten Progression eine Strukturreform zu schaffen, und andererseits, unmittelbar zu helfen. Dass Besserverdiener mehr profitieren würden, wollten weder Nehammer noch Kogler gelten lassen.

Der Kanzler verwies darauf, dass man sich verpflichten werde, 100 Prozent der kalten Progression zurückzuzahlen. Aber gerade mit der Regelung, dass nur zwei Drittel automatisiert zurücklaufen, erhalte man sich mit einem Drittel des Geldes den Spielraum, um solidarisch zu verteilen und bei den untersten Einkommen nachzubessern.

Regierungsspitze zum Entlastungspaket

Die Regierung hat ein 28-Milliarden-Euro-Maßnahmenpaket gegen die Teuerung präsentiert. Zum Paket und zu Kritik daran sind in der ZIB2 Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Kogler verweist auf Valorisierung von Sozialleistungen

Kogler verwies darauf, dass nicht nur das Aus für die kalte Progression „historisch“ sei, sondern mindestens ebenso sehr auch die Valorisierung und Indexierung von Sozialleistungen. Der Ökobonus habe allein deshalb eine umverteilende Wirkung, weil Reichere in der Regel einen höheren Stromverbrauch hätten und der Bonus damit einen geringeren Anteil ihrer Energiekosten abdecke.

Die nun zusätzlichen 250 Euro, die mit Oktober ausgezahlt werden, seien ab 8.000 Euro einer Besteuerung unterworfen, sah Kogler auch hier eine sozial gestaffelte Komponente.

Nehammer: „Differenzierte Lösungen“

Nehammer betonte, man werde auch nächstes Jahr schauen müssen, wo es Nachschärfungen brauche. Es sei „kein abgeschlossener Prozess“. Vielmehr seien „differenzierte Lösungen“ nötig. Und die Politik müsse danach streben, die Menschen durch diese Krise „zu begleiten“.

Dass man nun weitere Schulden mache und das Ziel, 2026 ein Nulldefizit zu erreichen, aufgebe, verteidigte Kogler. Man lebe „in einer Zeitenwende, wo wir eine Teuerung haben, die wir uns vor Kurzem gar nicht vorstellen konnten“. Da sei es Aufgabe der Politik, entsprechend zu agieren. Die Finanzierungsfrage sieht Kogler als „nicht dramatisch“. Die „harte Währung“ sei der Schuldenstand und der werde sinken, so Kogler.

Schließen Vermögenssteuer aus

Gefragt nach einer Vermögenssteuer als Mittel, die nunmehrigen Milliardenausgaben mitzufinanzieren, räumten Nehammer wie Kogler freimütig ein, dass es dazu in der Koalition nicht überbrückbare Differenzen gebe. Das sei etwas für den nächsten Wahlkampf, so Nehammer. Kogler bekannte sich erneut zu einer „Millionärssteuer“, räumte aber ein, dass das in der Koalition mit der ÖVP nicht möglich sei. Nehammer betonte, mit einer Vermögenssteuer sei noch nie ein Budget saniert worden.

Kopf schließt weitere CO2-Steuer-Verschiebung nicht aus

Bei der anschließenden Diskussion von Vertreterinnen und Vertretern aller Parlamentsparteien bei einem „Runden Tisch“ wiederholten sich im Wesentlichen die bereits zuvor im Parlament sichtbar gewordenen Positionen. Auffallend war, dass Wirtschaftskammergeneralsekretär Karlheinz Kopf (ÖVP) sich auf Nachfrage nicht darauf festlegen wollte, ob die von Sommer bereits auf Oktober verschobene CO2-Besteuerung fix im Herbst kommt. Kopf schloss eine weitere Verschiebung angesichts der Inflation nicht aus, auch wenn er betonte, dass er dieser derzeit nicht das Wort reden wolle.