ein mit Äpfeln beladener Traktor fährt über ein Feld
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Hunger, Klimakrise

COP nimmt Zukunft der Ernährung ins Visier

Im Kampf gegen den Hunger und die Erderwärmung hat die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ein umfassendes Aktionsprogramm vorgelegt. Zu den Zielen gehört, bis 2025 die Zahl hungernder Menschen um 150 Millionen zu senken sowie bis 2030 die weltweite Waldzerstörung und sämtliche illegale und unregulierte Fischerei zu stoppen. Zudem soll das Wegwerfen brauchbarer Nahrungsmittel um 50 Prozent reduziert werden.

Das hieß es in der am Sonntag auf der Klimakonferenz in Dubai vorgestellten „Roadmap“. Vor dem Hintergrund von 600 Millionen Menschen, die bis 2030 mit chronischem Hunger konfrontiert sein werden, und einer sich verschärfenden globalen Klimakrise wird in dem Fahrplan eine Umstellung der Nahrungsmittelsysteme gefordert.

Hunger und alle Formen von Unterernährung sollten beseitigt werden, ohne die im Pariser Klimaabkommen festgelegte Schwelle von 1,5 Grad zu überschreiten. So wird etwa angestrebt, klimaschädliche Methanemissionen im Agrarsektor, die vor allem Rinder und Schafe ausstoßen, bis 2030 im Vergleich zu 2020 um 25 Prozent zu senken.

Der Chef des deutschen Umweltbundesamts, Dirk Messner, hatte in Dubai berichtet, dass inzwischen 16 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen mit Methan zusammenhängen. Das Gas sei fast 30-mal aggressiver als Kohlendioxid, dem man über die Jahrzehnte die meiste Aufmerksamkeit gewidmet habe.

Nutztierhaltung im Fokus

Lebensmittelsysteme könnten am meisten dazu beitragen, die Belastung für die Natur und das Klima zu verringern. Zentral sei hierbei verbesserte Effizienz, die gesamte Ressourcennutzung müsse optimiert werden. Diese Optimierung gehe über die bloße Verbesserung der Pflanzenproduktion hinaus und umfasse einen ganzheitlichen Ansatz, der auch die Aufzucht und Haltung von Nutztieren berücksichtigt, so die FAO.

So sei die Viehzucht zwar einerseits eine Quelle für hochwertige Proteine und Mikronährstoffe, die für eine normale Entwicklung und eine gute Gesundheit unerlässlich seien. Gleichzeitig sei der Sektor aber für 26 Prozent der Emissionen des Agrarnahrungsmittelsystems verantwortlich, weshalb etwa eine Veränderung der Futtermittelindustrie und Förderung neuer Eiweißquellen für Futtermittel, eine Änderung der öffentlichen Viehzuchtpolitik sowie Wiederherstellung von geschädigtem Weideland notwendig seien.

FAO: Umstellung gesund für Mensch und Klima

Bis 2050 solle zudem sichergestellt werden, dass alle Menschen sich gesund ernähren können. Die Frage sei nicht, „ob“ sich die Ernährungsgewohnheiten ändern sollten, sondern „wie“ man diese Ergebnisse erreichen kann, schreibt die FAO auf ihrer Website – und führt etwa einen verbesserten Zugang zu lokalen Märkten, Änderungen bei Angeboten etwa an Schulen sowie eine Änderung der Steuern und Subventionen für gewisse Lebensmittelproduzenten an.

Den UNO-Zahlen zufolge waren im Jahr 2022 etwa 735 Millionen Menschen unterernährt. Etwa 3,1 Milliarden Menschen hatten demnach keinen Zugang zu gesunder Ernährung. Umgekehrt ernährten sich Schätzungen zufolge etwa 4,2 Millionen Menschen zu ungesund, was Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht und Fettleibigkeit fördere, wie es hieß.

Durch eine Ernährungsumstellung wäre somit nicht nur der Umwelt geholfen, schreibt die UNO-Organisation weiter. Länder mit höherem Einkommen könnten von einem geringeren Verbrauch von Lebensmitteln tierischen Ursprungs profitieren, während Länder mit niedrigerem Einkommen von einem verbesserten Zugang profitieren könnten.

Dreistufenplan bis zur COP30

Man stelle das vorherrschende Bild infrage, wonach eine Steigerung der Produktion gleichbedeutend sei mit höheren Emissionen und einer Verschlechterung der Umwelt, schreibt die FAO in ihrem Bericht. Stattdessen verweist die UNO-Organisation auf die Möglichkeit, die Produktionseffizienz in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu steigern und gleichzeitig die Ziele des Klimaschutzes, der Anpassung und der Widerstandsfähigkeit zu erreichen.

Man wolle die Lebensmittelsysteme innerhalb von drei Jahren bis hin zur COP30 umgestalten, heißt es weiter. Auf der COP29 im kommenden Jahr wolle man sich mit den komplizierten Details auf regionaler Ebene befassen. Schließlich wolle man auf der COP30 „Länderaktionspläne“ vorstellen, die auch Bereiche der Überwachung und Rechenschaftspflicht umfassen.

Rekordzahl an Fleisch- und Milchlobbyisten bei COP28

Nachdem bekanntgeworden war, dass bei der heurigen Weltklimakonferenz so viele Vertreter der „Fossilen“-Lobby wie noch nie anwesend sind, waren zuletzt auch Zahlen der Fleisch- und Milchlobbyisten veröffentlicht worden.

Prinzipiell sei die Fleisch- und Milchwirtschaft mit 120 Delegierten besonders stark vertreten, schreibt der britische „Guardian“. Eine Analyse der Delegiertenliste der Website DeSmog zeige zudem, dass die Zahl jener, die die Interessen der breiteren Agrarindustrie vertreten, 340 beträgt und sich somit seit 2022 mehr als verdoppelt hat. Vertreten sind die weltweit größten Agrarunternehmen, wie etwa der Fleischlieferant JBS, der Düngemittelgigant Nutrien, der Lebensmittelkonzern Nestle und der Pestizidhersteller Bayer.

„Nutzen Veranstaltung, um Lobbying zu betreiben“

Zuvor hatte der „Guardian“ berichtet, dass große Fleischkonzerne und Lobbygruppen eine große Präsenz sowie eine Kommunikationsstrategie auf der COP28 planten, die unter anderem beinhalte, dass Fleisch förderlich für die Umwelt und das Klima sei. Ein Verband habe erklärt, er werde die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO dazu drängen, auf der COP28 „positive Inhalte zur Viehwirtschaft“ zu präsentieren.

„Wenn sie hier sind, haben sie einen Vorteil. Hier geht es um Lösungen zur Bewältigung der Klimakrise, aber die Unternehmen nutzen die Veranstaltung, um Lobbyarbeit zu betreiben. Sie gehen in die entgegengesetzte Richtung“, zitiert der „Guardian“ eine Vertreterin von Kleinbauern aus Brasilien.

Mehr als ein Drittel der klimaschädlichen Treibhausgase weltweit geht laut WWF auf die Ernährung zurück – tierische Lebensmittel gelten als besonders schädlich. Mit der fleischlastigen Ernährung verursacht ein Österreicher bzw. eine Österreicherin BOKU-Forschern zufolge durchschnittlich eineinhalb Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr.