Ausland

Vor einer neuen Verhandlungsrunde im Gaza-Krieg hat die Terrororganisation Hamas ein Einlenken signalisiert. Es gebe zwar noch Punkte zu besprechen und Klarstellungen zu treffen, insgesamt reise man aber mit einer „positiven Einstellung“ zu den indirekten Verhandlungen nach Kairo, um eine Einigung zu erzielen, hieß es am Freitagabend aus Hamas-Kreisen.

Einem Bericht des „Wall Street Journal“ zufolge hatte Israel der Hamas ein Ultimatum gestellt. Der Terrororganisation werde eine Woche Zeit gegeben, um einem Abkommen über eine Waffenruhe zuzustimmen. Andernfalls werde man zur angekündigten Militäroffensive auf die Stadt Rafah übergehen, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf ägyptische Beamte, die mit der Angelegenheit vertraut seien.

Ägypten hatte den mit Israel ausgearbeiteten Vorschlag der Hamas am vergangenen Wochenende übergeben. Von der im Exil lebenden politischen Führung der Hamas sei erwartet worden, dass sie sich mit ihrem militärischen Flügel im Gazastreifen unter Führung von Jahja al-Sinwar berät und darauf reagiert.

Die Hamas bestätigte, dass ihre Delegation heute in Kairo eintreffen werde. Gegenstand der Verhandlungen ist ein Vorschlag, der die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas sowie die Einstellung der Kampfhandlungen seitens Israels in mehreren Phasen vorsieht.

Ein ranghoher israelischer Beamter dämpfte jedoch gegenüber der Times of Israel Erwartungen, dass eine Einigung unmittelbar bevorstehe. „Auch wenn sich die Vermittler optimistisch äußern, hat Israel bisher nicht gehört, dass die Hamas bereit ist, von ihren Maximal-Positionen abzurücken“, wurde der Beamte am Samstag in der Früh zitiert.

Die Vereinten Nationen (UNO) haben israelischen Zivilisten vorgeworfen, für den Gazastreifen bestimmte Hilfsgüter aus Jordanien mutwillig beschädigt zu haben. Der Konvoi habe Lebensmittelpakete, darunter Zucker, Reis, Zusatznahrung und Milchpulver befördert, sagte der stellvertretende UNO-Sprecher Farhan Hak gestern.

Eine begrenzte Menge davon sei am Donnerstag auf der Fahrt durch das Westjordanland von israelischen Zivilisten entladen und beschädigt worden. Auf weitere Hilfslieferungen aus Jordanien werde dieser Vorfall zunächst keine Auswirkungen haben. Die Lastwagen seien inzwischen im Gazastreifen angekommen, und die Fracht werde wie geplant verteilt, hieß es weiter.

Warnung vor Rafah-Offensive

Hak warnte erneut vor einer israelischen Militäroffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens, wo laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als 1,2 Millionen palästinensische Zivilisten Schutz vor den Kämpfen in anderen Teilen des abgeriegelten Küstengebiets suchen.

Der stellvertretende UNO-Sprecher machte unter Berufung auf das UNO-Kinderhilfswerk besonders auf das Schicksal der rund 600.000 Kinder in der an Ägypten grenzenden Stadt aufmerksam. Fast alle von ihnen seien „entweder verletzt, krank, unterernährt, traumatisiert oder behindert“. Eine Offensive würde für sie eine weitere Katastrophe bedeuten, sagte er.

Laut der WHO sind nur ein Drittel der 36 Krankenhäuser im gesamten Gazastreifen noch teilweise funktionsfähig. Drei davon befänden sich in Rafah.

Die britische Regierung plant nach Angaben des High Court in London den Start der ersten Abschiebeflüge nach Ruanda zwischen dem 1. und dem 15. Juli. Das habe die Regierung dem Gericht mitgeteilt, erklärte Richter Martin Chamberlain gestern.

Zugleich setzte er eine Anhörung für die Anfechtung des Gesetzes durch die Gewerkschaft FDA für die erste Juni-Woche an. Eine Entscheidung zu dem Antrag sei von „starkem öffentlichen Interesse“, erläuterte Chamberlain.

Das britische Parlament hatte den umstrittenen Plan zur Abschiebung von Geflüchteten nach Ruanda Ende April gebilligt. Er erlaubt die Abschiebung irregulär eingereister Menschen nach Ruanda, ohne dass deren Herkunft oder ihr Asylantrag vorher geprüft wird.

Ruanda wurde dafür als sicheres Drittland eingestuft. Es ist bereits der zweite Anlauf zur Umsetzung dieses Plans, nachdem ein erster Versuch vom Höchstgericht gestoppt worden war.

Ukraine-Krieg

Nach nächtlichen russischen Angriffen mit Raketen und Drohnen sind in der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw mehrere Brände ausgebrochen. Das größte Feuer auf einer Gesamtfläche von 3.000 Quadratmetern sei in Lagerräumen ausgebrochen, teilte der ukrainische Katastrophenschutz heute mit.

Bei der Attacke wurden vorläufigen Angaben nach vier Menschen verletzt, darunter auch ein Kind. Laut den ukrainischen Luftstreitkräften setzte Russland 13 Kampfdrohnen vom Typ Shahed ein, daneben vier umfunktionierte Flugabwehrraketen vom Typ S-300. Während die Luftstreitkräfte erklärten, alle Drohnen abgefangen zu haben, räumte der Bürgermeister von Charkiw, Ihor Terechow, zwei Drohneneinschläge ein.

Auch im Gebiet Dnipropetrowsk gab es zwei Verletzte durch russische Drohnenangriffe. Beschädigt worden seien ein Objekt der kritischen Infrastruktur und mehrere Wohnhäuser, schrieb Militärgouverneur Serhij Lyssak auf Telegram.

Worum es sich bei dieser Anlage genau handelt, ließ Lyssak offen. Seit Ende März hat Russland seine Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung verstärkt. Die Ukraine hat laut Regierungsvertretern etwa 80 Prozent ihrer Wärmeerzeugung verloren.

Die Ukraine hat russischen Angaben zufolge erneut die seit 2014 von Moskau annektierte Halbinsel Krim mit von den USA gelieferten Raketen beschossen. Die Flugabwehr habe vier Raketen vom Typ ATACMS abgewehrt, teilte das russische Verteidigungsministerium heute auf Telegram mit.

Unabhängig überprüfbar waren diese Angaben nicht. Die genauen Auswirkungen der Attacke waren nicht bekannt. Von ukrainischer Seite gab es keine offizielle Äußerung.

Bereits am Dienstag hatte die Ukraine russisches Militär auf der Krim mit den kürzlich von den USA gelieferten Raketen attackiert. Unabhängige Medien berichteten von Einschlägen auf drei Militärbasen auf der Krim. Dabei habe es mehrere Verletzte gegeben. Die Attacken hätten der Bekämpfung russischer Flugabwehrsysteme gegolten.

Selenskyj: „Vor neuer Phase des Krieges“

Selenskyj warnte indes vor einer bevorstehenden Ausweitung der russischen Angriffe auf sein Land. „Wir stehen gerade vor einer neuen Phase des Krieges“, sagte Selenskyj am Freitag während einer Ehrung von Soldaten in der Region Chmelnyzkyj, wie ein Video zeigt. Dann fügte er hinzu: „Die Besatzer bereiten sich auf Versuche vor, die Offensivaktionen auszuweiten. Gemeinsam müssen wir (…) alles dafür tun, um diesen russischen Angriffsplan zu vereiteln.“

Aus Sicht der Ukraine, die sich bereits seit mehr als zwei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt, ist die Lage an der Front derzeit sehr schwierig. Erst kürzlich bestätigte das ukrainische Militär einen Durchbruch der Russen unweit des Ortes Otscheretyne im östlichen Gebiet Donezk.

Inland

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat gestern das Abgabenänderungsgesetz in Begutachtung geschickt, das ein paar Erleichterungen für Steuerzahlerinnen und -zahler bringen soll. Im Paket enthalten ist die Steuerbefreiung für Lebensmittelspenden. Ab 2025 soll für die Entnahme von Lebensmitteln keine Umsatzsteuer mehr zu bezahlen sein, wenn die Lebensmittel an eine begünstigte Einrichtung gespendet werden.

Weitere Erleichterungen soll es bei der antragslosen Arbeitnehmerveranlagung geben, die unter bestimmten Voraussetzungen die Auszahlung einer Steuergutschrift ermöglicht, ohne eine Steuererklärung abgeben zu müssen. Geltend ab dem Veranlagungsjahr 2024 ist das Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes grundsätzlich kein Hindernis mehr.

Eine Ergänzung wird auch für das mit Jahresanfang eingeführte Modell der Start-up-Mitarbeiterbeteiligung vorgenommen. Virtuelle Geschäftsanteile, „phantom shares“, sollen künftig in das neue Regime der Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen überführt werden können.

Für digitale Beilagen, die einer Behörde zuvor schon in Papierform übermittelt wurden, entfallen künftig die Gebühren, sieht der Begutachtungsentwurf zum Abgabenänderungsgesetz außerdem vor. Auch Neuerungen für Kleinunternehmen sind ab 2025 vorgesehen: Unter anderem erhalten diese die Möglichkeit einer vereinfachten Rechnungsausstellung, unabhängig vom ausgewiesenen Rechnungsbetrag.

Chronik

Bei einem Schusswechsel in einer Pariser Vorstadt hat es in der Nacht auf heute einen Toten und mehrere Schwerverletzte gegeben. Die Schüsse seien am Freitagabend kurz vor Mitternacht in einem Brennpunktviertel der Vorstadt Sevran gefallen, teilte die Staatsanwaltschaft von Bobigny mit.

Als die Polizei am Tatort eintraf, lagen nach Angaben aus Ermittlerkreisen vier Verletzte am Boden. Rettungskräfte leisteten Erste Hilfe, konnten das Leben eines Schwerverletzten aber nicht mehr retten.

Die drei anderen wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen in verschiedene Krankenhäuser im Großraum Paris gebracht. In der Nacht wurden im Krankenhaus von Aulnay-sous-Bois, einer Nachbarstadt von Sevran, noch drei weitere Menschen mit Schussverletzungen behandelt.

Die Pariser Kriminalpolizei nahm Ermittlungen auf. Ermittelt wird den Angaben zufolge wegen vorsätzlicher Tötung und versuchter vorsätzlicher Tötung durch eine organisierte Bande.

Der Schütze war ersten Erkenntnissen zufolge auf einem Parkplatz aus einem Auto gestiegen, hatte mehrere Schüsse abgegeben und war dann zusammen mit dem Fahrer des Wagens geflohen. Festnahmen gab es zunächst nicht. Sevrans Bürgermeister Stephane Blanchet geht nach eigenen Angaben von einer Abrechnung im Drogenmilieu aus.

Bei Erdrutschen und Überschwemmungen in Indonesien sind mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Die Schlamm- und Wassermassen zerstörten im Bezirk Luwu in der Provinz Süd-Sulawesi am Freitag Dutzende Häuser, wie der Sprecher der Katastrophenschutzbehörde, Abdul Muhari, heute mitteilte.

Allein in Luwu gab es demnach 14 Tote. Bei Überschwemmungen in einem anderen Bezirk kam mindestens ein weiterer Mensch ums Leben. Nach Angaben der Behörde wurden 42 Wohnhäuser weggerissen und mehr als hundert weitere Häuser schwer beschädigt. Auch vier Straßen und eine Brücke wurden beschädigt.

Mehr als hundert Menschen kamen den Angaben zufolge zunächst in Moscheen oder bei Verwandten unter. Insgesamt waren demnach mehr als 1.300 Familien von den Unwettern betroffen. Die Katastrophenschutzbehörde leitete eine Evakuierungsaktion ein.

Die Zahl der Toten durch schwere Überschwemmungen im Süden Brasiliens ist weiter gestiegen. Offiziellen Angaben zufolge kamen 39 Menschen ums Leben, mindestens 68 Menschen wurden demnach vermisst. Starkregen hatte im Bundesstaat Rio Grande do Sul zu Überschwemmungen und Erdrutschen geführt. Inmitten anhaltender Regenfälle suchten Einsatzkräfte mit Booten und Flugzeugen nach Vermissten.

Der steigende Wasserstand in Rio Grande do Sul belastete die Dämme, Gouverneur Eduardo Leite warnte vor einer beispiellosen Katastrophe in der 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt Porto Alegre. „Vergessen Sie alles, was Sie bisher gesehen haben, in der Metropolregion wird es noch viel schlimmer sein“, sagte er.

Offiziellen Angaben zufolge gab es seit Montag in mindestens 265 Gemeinden im Bundesstaat Schäden. 74 Menschen seien verletzt worden, mehr als 24.000 Menschen hätten ihre Häuser verlassen müssen.

Kultur

Der italienische Regisseur Matteo Garrone ist für seinen Streifen „Io Capitano“ als bester Filmemacher des Jahres mit dem David-di-Donatello-Filmpreis, dem „Italienischen Oscar“, ausgezeichnet worden.

Der Film über junge senegalesische Migranten, der bei den Filmfestspielen von Venedig den Silbernen Löwen für die beste Regie gewann, eroberte insgesamt sieben der am Freitagabend verliehenen Auszeichnungen. Er wurde unter anderem als bester Film gekürt.

Der Film mit den meisten Nominierungen „C’è ancora domani“ (Morgen ist auch noch ein Tag) der Regiedebütantin Paola Cortellesi – die Geschichte der Erlösung einer Frau, Ehefrau und Mutter im Rom der 1940er Jahre – gewann sechs Statuetten. Cortellesi, die im Film die Hauptrolle spielt, wurde als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet.

Der Film „Rapito“ von Marco Bellocchio eroberte fünf Auszeichnungen. Giorgio Moroder, Südtiroler Komponist und Pionier der Disco- und der elektronischen Musik, wurde mit dem David di Donatello für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Als Trophäe erhalten die Preisträger eine kleine Ausgabe der David-Statue, die der Bildhauer Donatello um 1440 geschaffen hat.

Leute

Er sehe „wunderbare Dinge“, sagte der britische Ägyptologe Howard Carter, als er als erster Mensch seit wohl mehr als 3.000 Jahren einen Blick in das Grab des Pharaos Tutanchamun werfen konnte. Der Fund des beinahe unberührten Königsgrabs nahe Luxor im Jahr 1922 gilt als Sternstunde der Archäologie.

Der britische Ägyptologe Howard Carter am Sarkophag Tutanchamuns
picturedesk.com/Amr Nabil

Die Entdeckung ist bis heute untrennbar mit dem Namen Carter verbunden, der vor 150 Jahren, am 9. Mai 1874, in London geboren wurde. Carter leitete nicht nur die Ausgrabung, sondern war auch maßgeblich für die Erfassung der Funde zuständig, die er akribisch betrieb und die ein Jahrzehnt dauern sollte.

Fotos der Streitwagen, Statuen, Möbel und Kisten voller Grabbeigaben und nicht zuletzt der reich verzierten Totenmaske gingen um die Welt und lösten eine erneute Welle der Ägypten-Begeisterung aus. Carter veröffentlichte mehrere Bücher über die Entdeckung des Grabes und hielt sich als Kunsthändler über Wasser.

Obwohl ihn die Entdeckung Tutanchamuns weltberühmt machte, wurde Carter in seiner Heimat nicht gewürdigt. Weder gab es einen Ritterschlag oder eine Medaille des Königshauses noch wurde ihm eine Ehrendoktorwürde zuteil. Er starb 1939 vereinsamt im Alter von 64 Jahren.