Filmstill aus „1 Verabredung im Herbst“
StudioBrauneis
Rückblick

Keine Diagonale wie damals

Festivalgefühl statt Laptopkino: Eine Woche lang hat der österreichische Film den Ton in Graz angegeben. Vieles war bei der heurigen Diagonale etwas anders – vom doppelten Eröffnungsfilm bis zur aufgezeichneten Preisverleihung zum Abschluss. „Außergewöhnlich“ sollte das Festival werden – und auch wenn es keine Diagonale „wie damals“ war, hat sich der heimische Film mit einem kräftigen Lebenszeichen zurückgemeldet.

Auch ohne große Feiern war die Diagonale ein Fest, wie man es seit Monaten nicht mehr gesehen hat: Es wirkte so, als wäre die Grazer Innenstadt über die vergangenen Tage Treffpunkt der gesamten heimischen Filmlandschaft gewesen. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus Schauspiel, Regie und nicht zuletzt den Medien waren es vor allem die Filmfans, die aus der Diagonale ein Filmfest machten, das dem Namen trotz Einschränkungen mehr als gerecht wurde.

Schlusspunkt der diesjährigen Diagonale war am Sonntag die Preisverleihung: Auf eine große Gala wurde verzichtet, stattdessen durfte Regisseur Sebastian Brauneis die Revue inszenieren – ein ungewohnter, aber gelungener Abschluss für das Festival. Sieger des Abends war Evi Romens „Hochwald“ – mehr dazu in Diagonale-Preis für „Hochwald“.

Filmstill aus „Hochwald“
AMOUR FOU/Take Five/Flo Rainer
„Hochwald“ wurde dieses Jahr als bester Spielfim ausgezeichnet

Schon jetzt darf man gespannt sein, was das Festival des österreichischen Films im kommenden Jahr bringt – und vor allem, wie es abläuft. Doch auch ein Rückblick auf das von den Intendanten als „außergewöhnlich“ bezeichnete Festival lohnt: ORF.at lässt noch einmal die Perlen der Diagonale Revue passieren.

„Fuchs im Bau“

Schon der Eröffnungsfilm sorgte für ein Comeback des österreichischen Films – mit voller Wucht. In Arman T. Riahis bemerkenswertem neuen Spielfilm „Fuchs im Bau“ lernt ein ehrgeiziger Lehrer in einer Wiener Jugendstrafanstalt mehr von seinen Schülerinnen und Schülern als diese von ihm – mehr dazu in Ein Lehrer lernt fürs Leben .

„Sargnagel“

Für Aufsehen sorgte auch die Mockumentary „Sargnagel“. Sabine Hiebler und Gerhard Ertl schildern darin gemeinsam mit Autorin Stefanie Sargnagel, wie Leben und Karriere der Autorin Sargnagel ganz wirklich und echt wahr ablaufen: ein authentischer Fantasyfilm im Kulturprekariat – mehr dazu in Echte Sargnagel in falscher Doku .

Stefanie Sargnagel, Michael Ostrowski und Hilde Dalik
Golden Girls Filmproduktion/Filmladen
Stefanie Sargnagel (l.) übernahm in „Sargnagel“ selbst die Hauptrolle und spielte an der Seite von Hilde Dalik (r.)

„Flammenmädchen“

Stefanie Reinsperger und Manuel Rubey klären in „Flammenmädchen“ ihren dritten Fall in der Region Salzburg. Eine Serie von Brandanschlägen erschüttert das idyllische Leben im Pongau und offenbart dörfliche Geheimnisse und menschliche Abgründe. Im Rahmen der Diagonale feierte der Landkrimi seine Österreich-Premiere, noch dieses Jahr soll er auch im Fernsehen gezeigt werden – mehr dazu in ORF-Landkrimi fängt Feuer.

„Ein Clown, ein Leben“

45 Jahre ist es her, dass Bernhard Paul den Zirkus revolutionierte. In „Ein Clown, ein Leben“ porträtiert Filmemacher Harald Aue nun vielschichtig den schillernden Roncalli-Chef und stimmt zugleich auf die Magie einer vergangenen Ära ein, zum Sound von Ernst Molden und Der Nino aus Wien. Dass Paul heute eine zentrale Figur in der Zirkuswelt ist, war alles andere als vorbestimmt – als Quereinsteiger gab es zunächst einige Ressentiments – mehr dazu in Auf den Spuren eines Zirkus-Revolutionärs.

„I Am The Tigress“

Unter den Dokumentationen gab es heuer gleich einige Porträts von starken Persönlichkeiten. Wortwörtlich „stark“ ist jenes über Tischa Thomas: „Gestählt“ ist als Beschreibung des Körpers der 47-Jährigen noch fast untertrieben, regelmäßig tritt sie auf Bodybuilding-Wettbewerben auf. Die Doku „I Am The Tigress“ begleitet die Amerikanerin auf ihrem Weg von einem Auftritt zum nächsten und malt ein facettenreiches Bild einer in jeder Hinsicht starken Frau. Trotz Hochglanzkörpers ist ihr Leben dabei wenig glamourös – mehr dazu in Eine „Tigerin“ zwischen Oma und Domina.

Filmstill aus „I Am The Tigress“
Dino Osmanovic
Die Bodybuilderin Tischa Thomas wird in „I Am The Tigress“ porträtiert

„The Bubble“

Eine Stadt so groß wie Salzburg, nur ganz ohne Junge: „The Villages“ heißt die gigantische Pensionistenenklave in Zentralflorida, in der sich zahlungskräftige Ältere versammeln, um sich nach Jahren harter Arbeit das Leben zu versüßen. Mit starken Bildern und empathischen Interviews lässt Valerie Blankenbyl in die ungewöhnliche Community blicken. Es wäre alles so schön, wäre da nicht eine Kleinigkeit: eine ökologische Katastrophe hinter den Schranken des expandierenden Projekts – mehr dazu in Schöne, heile Pensionistenwelt.

Pandemie trifft Diagonale

Auch die Pandemie war bereits in manchen Filmen der Diagonale Thema, in Kurz- und Dokumentarfilmen wird bereits auf das vergangene Jahr zurückgeblickt. Egal ob düsteres Südburgenland, Süchte in Kärnten oder Aliens im Allgäu: Regisseurinnen und Regisseure begegneten dem Lockdown mit viel Kreativität und oft auch Schmäh – mehr dazu in Aliens und Co. gegen kreativen Lockdown

Fokus auf zwei große Frauen des heimischen Films

Der Große Diagonale-Schauspielpreis ging in diesem Jahr an die Film- und Theaterschauspielerin Christine Ostermayer, einer „Sonne der Schauspielzunft“, wie es in der Jurybegründung heißt – mehr dazu in Hauchzart und in Flammen. Unterdessen widmete die Diagonale einer der international anerkanntesten Filmschaffenden Österreichs eine Personale: Jessica Hausner – mehr dazu in Das Unheimliche in ironischer Distanz.