Sebastian Kurz und Werner Kogler.
ORF.at/Christian Öser
Kabinett

Das ist das Regierungsteam

Viele Namen sind bereits in den vergangenen Tagen bestätigt worden, am Donnerstag sind dann die letzten Entscheidungen gefallen: Das Team der neuen ÖVP-Grünen-Regierung ist fix. Neben bereits bekannten Gesichtern gibt es auch ein paar Überraschungen. Mit Kanzler Sebastian Kurz stellt die ÖVP elf Mitglieder, die Grünen mit Vizekanzler Werner Kogler vier. Dazu kommen ein ÖVP-Staatssekretär und eine grüne Staatssekretärin.

Ganz fix ist das Regierungsteam freilich noch nicht. Am Freitag und Samstag werden noch die Parteigremien konsultiert, wobei das bei den Grünen wesentlich heikler ist: Der Bundeskongress muss sowohl inhaltlich zustimmen als auch das Personalpaket absegnen.

Ganz eindeutig als Signal soll wohl auch der Frauenanteil gesehen werden. Zählt man die Staatssekretäre dazu, so besteht das ÖVP-Team zur Hälfte aus Frauen, bei den Grünen liegt die Frauenquote dann sogar bei 60 Prozent.

Kanzler: Sebastian Kurz (ÖVP)

Nach einem turbulenten Jahr 2019 kehrt ÖVP-Chef Sebastian Kurz ins Bundeskanzleramt zurück – mit einem neuen Regierungspartner und unter gänzlich anderen Vorzeichen als 2017. Nach der Koalition mit der SPÖ unter Kanzler Christian Kern und dem letztlich gescheiterten Experiment mit der FPÖ hat Kurz mit den Grünen binnen weniger Jahre nun schon den dritten Koalitionspartner.

Mit der Rückkehr ins Bundeskanzleramt wird Kurz auch wieder jüngster Regierungschef in der Europäischen Union sein. Er ist mit 33 Jahren mehr als ein Jahr jünger als die im Dezember vereidigte neue Regierungschefin von Finnland, Sanna Marin. Als Kanzler hat Kurz eigentlich kein inhaltliches Portfolio, allerdings soll er für die Medienagenden persönlich zuständig sein.

Vizekanzler: Werner Kogler (Grüne)

Dass die Grünen, die vor einigen Monaten nicht einmal im Parlament saßen, nun sogar auf der Regierungsbank sitzen, haben sie vor allem einem zu verdanken: dem grünen Urgestein Werner Kogler. Als sich 2017 nach dem Abflug der Grünen aus dem Nationalrat alle wegduckten, blieb er über, verzichtete temporär auf sein Gehalt und bemühte sich um den Wiederaufbau der Partei.

Inhaltlich wird Kogler als Minister für Sport, öffentlichen Dienst und Kunst und Kultur zuständig sein. Für letzteren Bereich erhält er seine Parteifreundin Ulrike Lunacek als Staatssekretärin beigestellt. Damit verantwortet Kogler somit ziemlich genau jenen Ressortbereich, den unter der ÖVP-FPÖ-Regierung der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache übernommen hatte.

Finanzminister: Gernot Blümel (ÖVP)

Als Kanzleramtsminister unter der ÖVP-FPÖ-Regierung war er stets eng an der Seite von ÖVP-Chef Kurz, mit dem er gemeinsam seine Karriere auf Wiener Landesebene gestartet hatte. Jetzt steigt Gernot Blümel zu einer noch wichtigeren Rolle auf: Er wird Finanzminister.

Zudem ist er auch noch Chef der Wiener Volkspartei. Spannend wird, ob Blümel trotzdem als Spitzenkandidat in die regulär im Herbst anstehende Landtagswahl geht, wo die ÖVP gerne die SPÖ-Grünen-Koalition zu einem Ende bringen möchte. Viel Zeit wird er allerdings im Schlüsselressort Finanzen nicht haben – noch dazu, weil im Regierungsprogramm gleich eine ganze Reihe von Neuregelungen im Steuersystem vorgesehen ist.

Innenminister: Karl Nehammer (ÖVP):

Seit 2018 kümmerte er sich als Generalsekretär vor allem um die Partei und deren Außendarstellung, jetzt rückt er in die Regierungsriege auf. Karl Nehammer wird Innenminister der neuen Koalition. Der gebürtige Wiener hat enge Verbindungen auch zur niederösterreichischen ÖVP.

Die Aufgabe wird nach dem BVT-Skandal und Skepsis der Opposition gegenüber ÖVP-Einfluss im Innenressort alles andere als einfach. Vor allem die FPÖ und Nehammers Vorgänger, Herbert Kickl, werden das Ressort und den neuen Minister wohl ohne Schonfrist ins Visier nehmen. Fährt er den von der ÖVP angekündigten harten Kurs, könnte aber auch Kritik des Koalitionspartners auf ihn einprasseln.

Außenminister: Alexander Schallenberg (parteilos)

Er ist der Einzige der Übergangsregierung, der im Amt bleibt – obwohl er stets meinte, das sei „nicht Teil meiner Lebensplanung“: Außenminister Alexander Schallenberg bleibt auch in der ÖVP-Grünen-Regierung Chefdiplomat. Zwar gilt er offiziell als parteifrei, er weist aber eine lange Karriere in ÖVP-Kabinetten auf und gilt als Vertrauter von ÖVP-Chef Kurz.

Als Kurz seinerzeit die Agenden des Außenministers übernahm, beförderte er den Kommunikationsprofi mit Mühlviertler Wurzeln zum Leiter für „strategische außenpolitische Planung“. Auch in den Regierungsverhandlungen nach der Nationalratswahl 2017 zählte Kurz auf seinen „Intimus“, wie Schallenberg in Medien genannt wurde.

Wirtschaftsministerin: Margarete Schramböck (ÖVP)

Margarete Schramböck war eine Überraschung im ersten Regierungsteam von Kanzler Kurz und galt damals als „Tiroler Ministerbeitrag“. In der Koalition von ÖVP und Grünen wird Schramböck nun erneut Wirtschaftsministerin.

Schramböck hatte nur zwei Tage nach der Nationalratswahl 2017 nach etwas mehr als einem Jahr als Chefin das Telekomunternehmen A1 verlassen. Sie war auch Teil des Sondierungsteams und schließlich des sechsköpfigen Verhandlungsteams der ÖVP bei den Themenbereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung.

Landwirtschaftsministerin: Elisabeth Köstinger (ÖVP)

Ebenfalls in ihr Amt kehrt Elisabeth Köstinger als Landwirtschaftsministerin zurück. Die steile Politkarriere der Kärntnerin, die sie vom EU-Parlament über die ÖVP-Zentrale und das Nationalratspräsidium 2017 in ein Ministeramt führte, setzt sich nun auch unter der ÖVP-Grünen-Koalition fort.

Allerdings kommt der engen Vertrauten von Kurz ein Teil ihres früheren Betätigungsfeldes abhanden: Die Umweltagenden ihres einstigen Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus wandern mit der neuen Regierungskonstellation ins von den Grünen geführte und stark aufgewertete Infrastrukturministerium.

Europaministerin: Karoline Edtstadler (ÖVP)

Nach einem kurzen Gastspiel im EU-Parlament kehrt auch Karoline Edtstadler wieder nach Wien zurück. Die ehemalige Staatssekretärin im von Kickl (FPÖ) geführten Innenministerium wird Europaministerin.

Bei der EU-Wahl im Mai wurde sie Othmar Karas als Listenzweite an die Seite gestellt, nach der für die ÖVP höchst erfolgreich verlaufenen Wahl übernahm sie die Leitung der ÖVP-Delegation im EU-Parlament. Nach der Nationalratswahl holte sie Kurz auch schon in sein Koalitionsverhandlungsteam, und nun erfolgt sogar der Aufstieg in das im Kanzleramt angesiedelte Europaministerium.

Bildungsminister: Heinz Faßmann (parteilos)

Als Parteiloser auf einem ÖVP-Ticket gibt es auch für Bildungsminister Heinz Faßmann ein Comeback – und das, obwohl der Wissenschaftler eigentlich nur für eine Periode als Minister zur Verfügung stehen wollte. Nach dem vorzeitigen Ende verlängert er aber. Faßmann setzte zumindest das letzte Regierungsprogramm treu um.

Die Bildung ist hierzulande seit jeher ein besonders stark ideologisch besetztes Terrain. Und die ÖVP-FPÖ-Regierung hatte gerade in diesem Bereich besonders klar ihren Mitte-rechts-Kurs demonstriert. Abzuwarten bleibt, wie stark sich dieser Kurs unter ÖVP-Grün ändern wird. Wie in vielen anderen Bereichen liegen die beiden Neo-Partner auch hier inhaltlich weit auseinander.

Integrationsministerin: Susanne Raab (ÖVP)

Neu im Team mit einem auch neu geschaffenen Integrationsministerium ist Susanne Raab. Öffentlich war sie bisher kaum bekannt. Doch die 35-Jährige beschäftigte sich mit Integrationsfragen schon seit den Tagen, als Kurz im Innenressort als Staatssekretär diente.

Später machte Raab im Außenministerium Karriere und war bei ihrem Antritt 2017 Österreichs jüngste Sektionschefin. Über ihren Tisch gingen Vorhaben wie das Islamgesetz und das „Burkaverbot“. Raab wird – das wurde als eine der letzten Entscheidungen aus den Koalitionsverhandlungen bekannt – auch für die Frauenagenden zuständig sein.

Arbeits- und Familienministerin: Christine Aschbacher (ÖVP)

Auch die zweite Überraschung im ÖVP-Team ist eine junge Ministerin, die kaum jemand auf dem Radar hatte: die 36-jährige steirische Unternehmerin Christine Aschbacher (ÖVP).

Die zuletzt selbstständige Unternehmensberaterin verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Fach- und Schlüsselarbeitskräfte, Standortpolitik und Innovationsmanagement. Zudem kennt sie den Wiener Regierungsbetrieb sehr genau: Von 2012 bis 2015 war sie im Finanzressort unter Maria Fekter (ÖVP) und im Kabinett des damaligen Wirtschaftsministers Reinhold Mitterlehner (ÖVP) tätig.

Verteidigungsministerin: Klaudia Tanner (ÖVP)

Schon 2017 galt die Niederösterreicherin Klaudia Tanner als Anwärterin auf den Job als Verteidigungsministerin, der dann der FPÖ zufiel. Jetzt übernimmt sie das Ressort tatsächlich. Tanner ist seit 2011 Direktorin des niederösterreichischen Bauernbundes.

Tanner diente seinerzeit schon im Kabinett von Innenminister Ernst Strasser (ÖVP). Sie gilt zudem als Vertraute von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Die Aufgabe der ersten österreichischen Verteidigungsministerin wird es sein, das Heer personell und finanziell auf gesunde Beine zu stellen.

Staatssekretär: Magnus Brunner (ÖVP)

Ergänzt wird das ÖVP-Regierungsteam von Magnus Brunner: Der 47-jährige Vorarlberger wird Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Energie und Infrastruktur. Seit 1. Mai 2009 ist er Mitglied des Bundesrats, sei 5. Dezember 2019 Vizepräsident des Bundesrats.

Brunner war oft im Gespräch, wenn es in Vorarlberg um die Besetzung von politischen Spitzenämtern ging. Zugegriffen hat er jedoch nie. Jetzt tritt er in die erste Reihe. Seit 2007 fungiert er als Vorstand der OeMAG Abwicklungsstelle für Ökostrom AG. Gerade bei seinen bisher letzten beiden beruflichen Stationen hat sich Brunner das Rüstzeug geholt, das ihn nun für die Position des Staatssekretärs im Ministerium für Umwelt, Energie und Infrastruktur befähigen soll.

Infrastrukturministerium: Leonore Gewessler (Grüne)

Genau dieses Ministerium für Umwelt, Energie und Infrastruktur ist wohl das Herzstück des grünen Regierungsportfolios. Und das übernimmt eine politische Quereinsteigerin: Die 42-jährige Leonore Gewessler war politische Geschäftsführerin der Umweltorganisation Global 2000, bis sie Kogler bei der Wahl auf den zweiten Platz der Bundesliste hievte.

Von 2008 bis 2014 arbeitete die gelernte Politikwissenschaftlerin bei der Green European Foundation in Brüssel, einer vom Europaparlament finanzierten politischen Stiftung mit enger Verbindung zu den europäischen Grünen. Nicht nur mit den ambitionierten Klimaplänen der Regierung steht Gewessler vor großen Herausforderungen. Schon allein wegen der Breite der Materien war bereits mehrfach von einem „Superministerium“ zu lesen.

Justizministerin: Alma Zadic (Grüne)

Ähnlich kometenhaft scheint der Aufstieg von Alma Zadic. Vor ein paar Wochen noch war die in Bosnien geborene Juristin für JETZT im BVT-U-Ausschuss – nun wird sie das Justizministerium führen.

Zadic kam im Alter von zehn Jahren mit ihren Eltern nach Österreich – zu Zeiten des Bosnien-Kriegs. Nach der Schule studierte sie Jus in Wien und New York, 2017 promovierte sie an der Universität Wien. Später war sie bei der International Organisation of Migration und als Praktikantin beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag aktiv. Blumen und damit Vorschusslorbeeren für ihren vereinnahmenden Stil wurden ihr bereits während der Koalitionsverhandlungen von der ÖVP gestreut.

Sozialminister: Rudolf Anschober (Grüne)

Rudi Anschober hat im künftigen Regierungsteam die längste Erfahrung mit einer Koalition von ÖVP und Grünen – zwölf Jahre lang währte die weitgehend friktionsfreie Partnerschaft in Oberösterreich. Seit den 1980ern ist der gelernte Volksschullehrer politisch aktiv, in die Politik kam er über sein Anti-Atom-Engagement. Nun wird er Sozialminister.

Zwar gehört der Bereich Arbeit nicht mehr zum Sozialressort, etwa mit den zersplitterten Kompetenzen beim Thema Gesundheit warten aber einige Herausforderungen. Seine größte Aufgabe wird sein, ein zukunftsträchtiges Pflegekonzept – inklusive Finanzierung – auf den Weg zu bringen. Schlagzeilen hatte er in den vergangenen Monaten mit einem anderen Projekt gemacht: mit seiner Initiative für Asylwerber in Lehre.

Staatssekretärin: Ulrike Lunacek (Grüne)

Ulrike Lunacek ist die Überraschung unter den Kabinettsmitgliedern ihrer Partei – und es war auch jene Personalentscheidung, die als letzte bekanntwurde. Die 62-Jährige feiert als Staatssekretärin für Kunst und Kultur ein Comeback.

Politisch hat Lunacek schon einiges hinter sich: zunächst im Nationalrat, dann nach hartem internem Fight mit Johannes Voggenhuber im EU-Parlament, wo sie es bis zur Vizepräsidentin brachte, und schließlich Spitzenkandidatin bei der Nationalratswahl 2017 – die für sie und die Partei mit einer Niederlage endete. Naheliegend wäre eigentlich der Job der Europaministerin gewesen, für Kunst und Kultur war lange Eva Blimlinger als Kandidatin im Gespräch.